Corona sollte Anlass sein, endlich grundlegende Fragen zu beantworten, wie älteren Menschen das Leben und der Alltag erleichtert werden können.

„Wir bleiben zuhause!“ ist ein griffiger Slogan, wenn es darum geht, für wirksame Maßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus zu werben. Auch wenn das absolut vernünftig ist, bedeutet es für ältere Menschen nicht selten: „Ich bleibe allein“. Gut hat es, wer mit moderner Kommunikationstechnik den Kontakt zur Außenwelt aufrechterhalten kann, sich mit Freunden per Video-Chat austauscht oder statt im Büro jetzt im Homeoffice arbeitet.

Die Realität für Senioren ist oft eine andere: Rund die Hälfte der Menschen im Rentenalter wohnt alleine, nur jeder fünfte Senior über 85 Jahre hat überhaupt einen Internetanschluss. Wer dann noch aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen nicht mobil ist, hat es eh schon schwer – und in Corona-Zeiten noch viel schwerer.

Die Forderung nach einer Sozialbilanz ist richtig

Denn Besuche beim Friseur oder beim Bäcker um die Ecke fallen aus oder werden seltener, ins Pflegeheim durfte niemand kommen, die Nachbarin kommt beim Plausch nicht mehr nah, weil sie niemanden infizieren möchte. Da wird der Besuch des Pflegedienstes zum Tageshöhepunkt, die Nachbarschaftshilfe für die wichtigsten Erledigungen zum Rettungsseil.

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Es ist richtig, wenn der VdK eine Sozialbilanz fordert, um festzustellen, welche Defizite und Probleme die Corona-Krise zu Tage gefördert hat, welche pragmatischen Lösungsansätze wir aber auch gefunden haben oder noch suchen müssen, um soziale Schieflagen künftig strukturell gerade zu rücken. Kann man einen Besuchsdienst für Senioren öffentlich besser fördern? Sollten einsame Senioren ein Tablet mit Video-Chat auf Rezept erhalten? Richtig ist auch, dass diese Bilanzen auf kommunaler Ebene entstehen müssen, weil das Leben lokal ist und Lösungen für Probleme in einem Dorf am Niederrhein anders aussehen können als im Ruhrgebiet.

Den Senioren genau zuhören

Politik und Verwaltung sollten hier einmal genau zuhören, was leider längst nicht immer der Fall ist. Senioren und ihre Belange finden zu selten Gehör. Viele Probleme, die jetzt offenbar wurden, sind nicht neu, Fragen zur Herausforderung der immer älter werdenden Gesellschaft seit Jahren bekannt und ungelöst. Vielleicht ändert sich das ja bald mit der Erkenntnis, dass ein immer größerer Anteil an Älteren in der Gesellschaft auch ein immer größer werdender Anteil an Älteren in der Gruppe der Wahlberechtigten ist.

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