Essen. Die Sprachforscher, die “Lügenpresse“ zum Unwort 2014 gewählt haben, haben mutig entschieden. Ob ihre Kritik bei den Richtigen ankommt, ist fraglich. Ein Kommentar.

"Lügenpresse", der Schlachtruf der islamfeindlichen Pegida-Bewegung, als Unwort des Jahres - das ist eine bemerkenswerte Entscheidung der Jury. Denn die Sprachwissenschaftler beziehen damit klar Stellung in einer Debatte, die aktuell die Schlagzeilen beherrscht. Die Jury knüpft mit dieser mutigen und richtigen Entscheidung an an ihre Wahl vom letzten Jahr, als sie "Sozialtourismus" als Schmähbegriff für Zuwanderung in den Fokus stellte.

"Lügenpresse" ist mehr als eine pauschale Verächtlichmachung der Medien; Pegida leistet - und das hat die Jury richtig erkannt - mit dieser Parole einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit."

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Verleumdungs-Vokabel aus der Nazizeit

Dazu kommt, dass "Lügenpresse" zwar kein Begriff ist, der von den Nationalsozialisten geschaffen wurde, der aber zum in der Nazi-Zeit gängigen Verleumdungs-Vokabular gehört. Auch Hitlers Propagandaminister und oberster Nazi-Demagoge Joseph Goebbels verwendete den Ausdruck als Beschimpfung linker Medien in einer Rede 1932. Aber auch zu DDR-Zeiten operierte die SED-Propaganda mit der Parole von der "kapitalistischen Lügenpresse".

Ob die Wahl der Jury für die Anhänger von Pegida einen Anstoß zur Einsicht bringen wird, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass sie in ihrem klar umrissenden Weltbild die Wahl nur als einen weiteren Beweis einer allumfassenden Verschwörung gegen sie selbst sehen.