Witten. Ex-USA-Präsident Jimmy Carter ist im Alter von 100 Jahren gestorben. Ein Autor aus Witten widmete sich in seinem Buch dem Amerikaner.

  • Der ehemalige USA-Präsident Jimmy Carter ist im Alter von 100 Jahre gestorben.
  • Der Wittener Harald Kiczka hat sich in seinem Buch mit Carter beschäftigt und ein Porträt über ihn geschrieben.
  • In seinem Buch zeichnet er den Werdegang eines Mannes nach, der im Weißen Haus „ganz andere Akzente als seine Vorgänger setzte“.

Jimmy Carter, das ist doch dieser bekannte Bandmusiker: Bei solchen Antworten von jungen Leuten weiß Harald Kiczka, dass er mit seinem Buch genau richtig liegt. Der Wittener hat ein Porträt über den Ex-Präsidenten der USA geschrieben, „der bis heute für ein anderes, ein offenes Amerika steht.“

Diesen Artikel haben wir bereits im Mai 2023 erstmalig veröffentlicht. Aufgrund des Tods von Jimmy Carter publizieren wir ihn erneut.

Seit dessen Amtszeit sind über vier Jahrzehnte vergangen, Carter lebte zuletzt zurückgezogen und mit häuslicher Pflege in dem Flecken Plains, seinem Heimatort im Bundesstaat Georgia. „Ihm war nur eine Amtsperiode vergönnt“, sagt Harald Kiczka und weiß, wie es um den Ruf des einstigen mächtigen Mannes bestellt ist. Ein geflügeltes Wort in den Staaten geht so: Carter ist der beste Ex-Präsident, den Amerika je hatte, aber in Amt und Würden war er der lausigste Präsident in der Geschichte des Landes.

Ehefrau hat Autor zu dem Buch ermutigt

Gestiegenes Interesse an Carters Präsidentschaft

Das Interesse an Jimmy Carter sei vor allem seit den Jahren der Trump-Präsidentschaft stark gestiegen, sagt Autor Harald Kliczka. Auf das Buch habe er schon viele positive Rückmeldungen gerade auch von deutschen Politikern erhalten.Bemerkenswert findet der Autor, dass Carter viele Jahre nach seiner Amtszeit den Friedensnobelpreis verliehen bekommen habe, nämlich 2002.Das Buch „Jimmy Carter und das andere Amerika“ ist im Info3 Verlag erschienen, hat 224 Seiten, Preis: 18,90 Euro.

Der Autor aus Witten will mit seinem Engagement den Gegenbeweis antreten, zumal auch Historiker eine Neubewertung vornehmen, und hat nach mehreren Aufsätzen ein Buch über sein Idol verfasst. Seine Frau Ute war es, die ihn dazu ermutigt hat.

Es war der Sommer 1976, als sich der Wittener während des Lehramtsstudiums erstmals in das Land jenseits des großen Teichs aufmachte, es sollten noch über Dutzend Reisen folgen. Der Präsidentschaftswahlkampf lief damals auf vollen Touren, die Demokraten hatten Carter auf den Schild gehoben. Eines Morgens hörte Kiczka im Radio eine Rede von ihm, die zum Wendepunkt in seinem Leben werden sollte.

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Der gebürtige Bochumer, der Amerikanistik studiert hat, lauschte Worten aus einem Politikermund, die in seinen Ohren ungewöhnlich klangen. Schon allein das Versprechen an die Wähler „Ich werde Euch niemals belügen“ kam für ihn nicht abgedroschen rüber, „sondern man merkte, er meinte es wirklich ehrlich. Carter trat überzeugend auf, war freundlich und offen.“ Als der Betreiber einer Erdnussfarm, die er von seinen Eltern geerbt hatte, dann auch noch gewann, mochte es der Autor kaum glauben.

Präsident setzte andere Zeichen als seine Vorgänger

Auf einen seiner Briefe erhielt Harald Kiczka eine handsignierte Antwort von Jimmy Carter und seiner Frau Rosalynn.
Auf einen seiner Briefe erhielt Harald Kiczka eine handsignierte Antwort von Jimmy Carter und seiner Frau Rosalynn. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

In seinem Buch zeichnet er nun den Werdegang eines Mannes nach, der im Weißen Haus „ganz andere Akzente als seine Vorgänger setzte“. Menschenrechte, Abbau von Bürokratie, Rechte der Frauen, das Bemühen um Frieden in Krisenregionen, Gleichwertigkeit von Homosexuellen und schließlich sogar der Umweltschutz bestimmten seine Agenda. Zu einer solchen Art von Verteidigungsrede, wie sie Kiczka vorlegt, gehört es natürlich auch an die Erfolge und Taten von Carter zu erinnern.

Als Beispiele nennt der Autor das historische Camp-David-Abkommen zwischen Israel und Ägypten, das Bemühen, den Kalten Krieg zu entschärfen, mehr Geld für Bildungsprogramme bereitzustellen oder auch das Bestreben, gegen die Rassentrennung in den Köpfen der Menschen anzugehen.

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Um Carters Denken und Handeln nachvollziehen zu können, vergrub sich der Autor in dessen Bücher. Bis heute hat der Ex-Präsident 34 geschrieben. „Mir bleibt es ein Rätsel, wie jemand das alles schaffen kann.“ Aus dem riesigen Fundus nahm der inzwischen pensionierte Lehrer an der Rudolf-Steiner-Schule wiederholt Texte, um sie im Englischunterricht einzusetzen.

Per Brief Kontakt zu Jimmy Carter aufgenommen

Da aber nun für einen Biografen noch so viele und noch so gute Quellen nicht unbedingt ausreichen, hat er sich auch mit Fragen direkt an Carter gewandt, ganz klassisch per Brief. „Und es dauerte auch nicht lange, dann lag Post bei mir im Briefkasten.“

Es bot sich aber noch eine ganz andere Chance, sich ein Bild von Carter zu machen und das im wahrsten Wortsinn. Der gläubige Baptist war nach dem Ausscheiden aus dem Amt ein gerngesehener Gast in Talkshows, unter anderem auch wegen seines zum Teil trockenen Humors.

Einige von Jimmy Carters Büchern haben einen festen Platz in der Wohnung von Harald Kiczka.
Einige von Jimmy Carters Büchern haben einen festen Platz in der Wohnung von Harald Kiczka. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Der dürfte ihm auch über das Scheitern einer Wiederwahl hinweggeholfen haben. Dass es Carter damals nicht gelang, die Freilassung von amerikanischen Botschaftsangehörigen im Iran zu erreichen, die Studenten als Geiseln genommen hatten, gelte als der Hauptgrund für das Scheitern, sagt Kiczka. Doch auch ohne die Last wäre es für den Demokraten schwer geworden. Er hatte sich, sagt der Autor, mit seinen sozialen Programmen, seinen Gesetzen zum Umweltschutz, dem Nein zur Todesstrafe und einer grundsätzlich liberalen Haltung nicht nur die politische Rechte zum Feind gemacht - bis heute.

In Bochum ging für den Autor ein Traum in Erfüllung

Nach seiner Präsidentschaft setzte Carter sein vielfältiges Engagement fort, stellt Kiczka heraus: für Frieden in Konfliktregionen, im Kampf gegen den Hunger in armen Ländern oder für eine bessere Gesundheitsversorgung in Afrika. „Die Anliegen haben ihn schon früher umtrieben und bleiben aktuell“, sagt der Autor.

Für seinen Einsatz war Carter ständig auf Achse, besuchte Kongresse und stand im Austausch mit zahlreichen Organisationen. Als eine der Reisen ihn 2012 nach Bochum führte, ging für Kiczka ein Traum in Erfüllung. Nach einer Rede blieb Zeit für einen kurzen Gedankenaustausch, dem auch seine beiden Töchter beiwohnten. Zuvor hatten auch die Töchter des Autors Carter erlebt und seinen herzlichen Umgang mit Kindern bewundert.

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