Witten. Die AfD-Fraktion wollte den Karl-Marx-Platz in Witten umbenennen. Das hat der Rat nun nach langer Debatte abgelehnt – aber nicht einstimmig.
Die Umbenennung des Karl-Marx-Platzes in Witten ist vom Tisch. Wie zu erwarten, hat sich auch der Rat klar gegen den Vorschlag der AfD-Fraktion positioniert – aber nicht geschlossen. Obwohl die Parteien bereits im Haupt- und Finanzausschuss intensiv über den Antrag der Rechtspopulisten gestritten hatten, wurde das Thema noch einmal ausgiebig diskutiert.
„Versorgen Sie sich mit Getränken“, riet Bürgermeister Lars König den Zuschauern zu Beginn der Diskussion. Er hätte seinen Vorschlag auch um Popcorn ergänzen können. Denn die Debatte geriet zwischenzeitlich zu einem ideologisch eingefärbten Grabenkampf mit aktuellem Bezug.
Redner mussten im Wittener Rat Schlange stehen
Schon während der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Matthias Renkel, noch einmal darlegte, warum der Platz im Hohenzollernviertel nach Ansicht seiner Partei besser „Platz der Deutschen Einheit“ heißen solle, reihten sich Redner fast aller Fraktionen an der Wand des Sitzungsraums im Saalbau auf. Ein mehr als seltener Anblick. Zwischenzeitlich sah sich der Bürgermeister verpflichtet, den Wartenden anzubieten, zu ihren Sitzplätzen zurückzukehren, ohne ihre Position in der Rednerliste zu verlieren.
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Die AfD sieht in einem neuen Namen für den Karl-Marx-Platz die Chance, sich „von ideologischem Ballast zu befreien“. Ein „Skandal“ sei es, dass der Platz heute noch so heiße, sagte Renkel. Schließlich sei Marx der Begründer einer Ideologie, die zahlreichen Diktaturen als geistiges Vorbild gedient habe und somit letztendlich für Millionen Tote verantwortlich sei.
Marx als bedeutender Philosoph und Theoretiker des 19. Jahrhunderts
Genau dieser Sichtweise auf Karl Marx stellten sich die meisten anderen Redner klar entgegen. Etwa Ulla Weiß von den Linken, die Bedeutung von Marx als Philosoph und Theoretiker betonte. Sie verwies auch auf den historischen Beschluss des damaligen Rates 1947, dem damaligen „Königsplatz“ erst seinen heutigen Namen zu geben – und zwar „als klares Zeichen einer beginnenden demokratischen Gesellschaftsordnung, die nach dem Krieg neu aufgebaut werden musste“.
SPD-Vize Christoph Malz verwies ebenfalls auf die historische Entstehungsgeschichte des Platz-Namens und die Bedeutung von Karl Marx als großer Philosoph seiner Zeit. Dass die AfD einer solchen Sichtweise nicht folge, verwundere nicht, habe sie doch „einen recht exklusiven Blick auf historische Fragestellungen“. Malz verurteilte den AfD-Antrag als populistisch und „für die national-konservative Galerie“.
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„Wir sprechen ja nicht über einen Stalinplatz“
„Wir sprechen hier ja nicht über einen Lenin-, Mao-, Stalin- oder Bernd-Höcke-Platz“, sagte Eckhard Hülshoff vom Bürgerforum+ mit eindeutigem Seitenhieb Richtung AfD. Der bescheinigte Hülshoff, der für die Satire-Partei „Die PARTEI“ im Rat sitzt, zudem ein „bemerkenswert schlechtes Timing“. Schließlich sitze das AfD-Mitglied Birgit Malsack-Winkemann derzeit in Untersuchungshaft, weil ihr die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen werde. Sie war im Zuge der Reichsbürger-Razzia in der vergangenen Woche festgenommen worden und gilt als wichtige Figur in der Gruppe, die mit Gewalt einen Umsturz in Deutschland erzwingen wollte.
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Für Ralf Schulz (Grüne) ist es bezeichnend, dass die AfD sich nicht distanzieren wolle von jenen Mitgliedern, die den Staatsstreich mitgeplant haben, gleichzeitig aber versuche, das Andenken eines der größten deutschen Philosophen zu zerstören, weil dieser aus ihrer Sicht im falschen Lager stehe.
Stadtklima unterstützt den Antrag der AfD
Einzig Michael Hasenkamp vom Stadtklima sprang der AfD in ihrem Bestreben beiseite. „Ich finde den Antrag vernünftig“, so Hasenkamp. Unabhängig von ideologischen Überfrachtungen solle man überlegen, wie der Platz umbenannt werden könne. Er selbst würde aber „Königsplatz“ bevorzugen.
Den Namen Karl Marx zu ersetzen, dagegen hätte auch die CDU nichts. Allerdings stoßen sich die Christdemokraten an der Kombination von Germania-Denkmal, das an die Kriege im 19. Jahrhundert erinnert, und der Deutschen Einheit, die ja gerade eine friedliche Revolution war. „Nur aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab“, so Fraktionschef Volker Pompetzki.
Schlussendlich stimmten nur AfD und Stadtklima für die Umbenennung, die anderen acht Fraktionen des Rates votierten dagegen. Klar wurde an diesem Abend aber auch: Gegen einen Platz der Deutschen Einheit in Witten hätte keine Fraktion etwas einzuwenden. Die Frage ist nur wo.