Witten. Eine veränderte Webadresse führte zu einem Sexshop statt zur Website einer Wittener Schule. Aktuell ist die Seite offline. Das steckt dahinter.

Dildos statt Stundenpläne – das haben Besucher noch bis vor Kurzem auf hardenstein.de zu sehen bekommen. Eine Seite, die vermeintlich zur Internetpräsenz der Wittener Hardenstein-Gesamtschule führte. Jetzt hat sich der Besitzer der Domain gemeldet. Den Sexshop hat er vorerst aus dem Netz genommen.

„Die Domain gehört mir seit 21 Jahren“, sagt Markus Klonz. Warum er sich damals gerade für diese Webadresse interessiert habe? „Ohne irgendeinen Hintergedanken“, betont der Wittener und erklärt: „Ich erstelle Websites und Onlineshops.“ Nur wenige Jahre zuvor hat sich Klonz bereits eine weitere Internetadresse gesichert, die für einige Wittener interessant sein dürfte: herbede.de.

Mittlerer dreistelliger Betrag für die Adresse herbede.de

„Ich komme aus Vormholz und das gehört zu Herbede“, erklärt der Wittener, warum er die Domain vor 25 Jahren hat registrieren lassen. Nun würden Besucher, die hardenstein.de oder herbede.de aufriefen zu einem seiner Webshops weitergeleitet, so Klonz. Mal verkauft der 46-Jährige unter den Adressen etwa Steckdosen, Tintenpatronen und Trecker für Kinder. Mal eben Sexspielzeug.

Vor zehn oder 15 Jahren habe er von der Herbeder Werbegemeinschaft eine Anfrage erhalten. „Die wollten die Seite haben“, erinnert er sich. Er habe den Wert der Domain schätzen lassen und einen mittleren dreistelligen Betrag verlangt. „Damit waren sie nicht einverstanden“, so Klonz.

Werbegemeinschaft und Schule präsentieren sich nun auf anderen Websites

Dominik Gruetter von der Werbegemeinschaft Herbede weiß sofort, worum es geht, als er „herbede.de“ hört: „Da war doch so Sexspielzeug drauf“, sagt er und lacht. „Wir leben damit“, spricht er für die Werbegemeinschaft. Klar, der Online-Sexshop sei schon häufiger Thema gewesen, wenn Wittener die falsche Adresse in die Browserzeile eingegeben hatten. „Aber heute wird ohnehin viel mehr über Social Media gemacht“, sieht Gruetter es pragmatisch.

Auch die Webadresse herbede.de gehört Markus Klonz seit 25 Jahren. Die Seite führt Besucher zu einem seiner Webshops.
Auch die Webadresse herbede.de gehört Markus Klonz seit 25 Jahren. Die Seite führt Besucher zu einem seiner Webshops. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Und Klonz die andere Domain abzukaufen, „dazu wären wir finanziell gar nicht in der Lage“, bringt Dominik Gruetter es auf den Punkt. Aber er nimmt es gelassen. „Jeder macht sein Geschäft.“ Die Werbegemeinschaft präsentiert sich nun eben unter einer anderen Adresse: herrliches-herbede.de. Auch die Hardenstein-Gesamtschule hat sich schon vor Jahren unter der Adresse hardenstein.eu eine neue Internetpräsenz aufgebaut.

Klonz: Wittener Schule hat kostenlosen Spamschutz verlangt

Als ehemaliger Schüler der Hardenstein-Gesamtschule hat Markus Klonz einen persönlichen Bezug zum Titel der Domain. 2001 habe er dem damaligen Schulleiter angeboten, die Seite hardenstein.de zu nutzen. Damals jährte sich seine Entlassung von der Hardenstein-Gesamtschule zum zehnten Mal. Die Schule habe das Angebot angenommen und ein Lehrer habe die Website dann unter dieser Adresse erstellt, sagt der Wittener.

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Doch dann habe es Unstimmigkeiten gegeben, erinnert sich Klonz. Neben den Zugangsdaten für die Website habe die Schule etwa auch nach kostenlosem Spamschutz verlangt. „Kostenlos zur Verfügung stellen kann ich das nicht“, stellt Klonz klar. Er habe nicht die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie größere Anbieter.

Rache eines ehemaligen Schülers? Kein Vorsatz, stellt Markus Klonz klar

Ein Geschäftsmodell

Markus Klonz versichert, dass er keine Hintergedanken hatte, als er die Webadressen hardenstein.de und herbede.de registrieren ließ. Doch das ist nicht immer so. „Es gibt einen Domainmarkt“, weiß Stefan Borggraefe, Fraktionsvorsitzender der Piraten in Witten. „Vor einigen Jahren war es noch sehr verbreitet, dass Leute sich Internetseiten gesichert haben, wo zu vermuten war, dass die irgendwann viel wert sind.“Eine .de-Domain koste im Jahr etwa zehn Euro, erklärt Borggraefe. Was eine Webadresse wert ist, könne man schätzen lassen. „Es gibt Dienste, die beobachten, wie häufig Leute versuchen, auf eine Seite zuzugreifen“, erklärt der Politiker. Außerdem spiele eine Rolle, wie oft das Wort, in diesem Fall also Herbede oder Hardenstein, gesucht werde und im Internet auftaucht. Dementsprechend werde die Domain als wertvoller eingeschätzt. Ein dreistelliger Betrag, wie ihn Klonz für herbede.de veranschlagt hat, sei aber nicht besonders hoch. „Manche Domainnamen sind Millionen wert“, weiß Borggraefe.

Also nutzte Markus Klonz die Webadresse fortan dafür, um auf seine Webshops weiterzuleiten. Verkauft – etwa an ein Autohaus – wie ursprünglich berichtet, hat er die Domain demnach nicht. Doch wenn zum Beispiel Eltern, die sich über die Hardenstein-Gesamtschule informieren wollten, statt .eu die Endung .de eingegeben haben, dann landeten sie eben bis vor Kurzem noch bei einem Webshop mit Sexspielzeug. Auf den ersten Blick könnte man dahinter die Rache eines ehemaligen Schülers vermuten. Denn für die Schule kann das zu unangenehmen Frage führen.

Dem widerspricht Markus Klonz aber entschieden: „Das war nichts, was mit Vorsatz war“, stellt er heraus. Nach dem Artikel über die hardenstein.de-Webadresse habe er auch direkt gehandelt. „Ich habe die Seite erstmal abgeschaltet, bis die Lage sich beruhigt.“

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