Witten/Hattingen/EN-Kreis. Der erst 23-jährige Leon Reinecke aus Hattingen vertritt den EN-Kreis im Landesvorstand. Er wünscht sich fürs neue Jahr eine Sozialismusdebatte.
2015 trat er in die SPD ein, um ein bisschen die Welt zu verändern – jetzt sitzt Leon Reinecke im Vorstand der NRW-Jusos. Erstmals nach neun Jahren ist damit seit Oktober wieder ein junger Mann aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis im Landesvorstand vertreten. Er will sich in den nächsten zwei Jahren für den Umweltschutz einsetzen – und er wünscht sich eine neue Sozialismusdebatte.
Schon als Leon Reinecke in die SPD eingetreten ist, lag deren Wahlergebnis bei der Bundestagswahl nur bei 20,5 Prozent – ein historischer Tiefstwert. Dennoch konnte die Partei den damals 17-jährigen Hattinger mit ihren Programmpunkten überzeugen. „Den Ausschlag hat am Ende dieser Wahlspruch gegeben: Wir haben nicht auf alles die richtige Antwort, aber wir laden alle ein, sie zusammen mit uns zu finden. Der Satz ist bis heute hängen geblieben“, sagt Reinecke.
„Die SPD ist eben kein Wahlverein, bei dem man sich immer über gute Ergebnisse freuen kann.“
Heute würde er sich wieder für die SPD entscheiden. Auch wenn die Parteiarbeit nicht immer einfach sei und auch nicht immer Spaß mache. „Natürlich muss man ein Stück weit Leidensfähigkeit mitbringen. Die SPD ist eben kein Wahlverein, bei dem man sich immer über gute Ergebnisse freuen kann.“ Als Sozialdemokrat müsse man zäh sein und sich durchbeißen. Wegen schlechter Wahlergebnisse oder einem nicht gewonnenen Amt aufzugeben, käme für Reinecke nicht in Frage.
Seine steile Karriere hat der 23-Jährige mehr oder weniger zufällig hingelegt, sagt er: „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, in dieser Partei einmal groß was zu werden, als ich eingetreten bin.“ Doch bereits Ende 2015, noch im Jahr seines Eintritts, wurde Reinecke Vorsitzender der Jusos in seiner Heimatstadt Hattingen. Für ihn damals das höchste der Gefühle. „Die EN-Jusos waren da noch ganz weit weg, das waren Leute, die gefühlt unglaublich viel Ahnung und Erfahrung hatten.“
Den Unterbezirk Ennepe-Ruhr-Kreis hat Leon Reinecke aufgebaut
Schon im folgenden Jahr gehört er selbst dazu: Er wird im Kreisvorstand aktiv – zunächst als Beisitzer, ab 2017 als Vorsitzender. Er sprang damals ein, als zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein neuer Vorsitzender gesucht wurde. 2017 machte er zudem sein Abitur. „Als ich den Unterbezirk übernommen habe, war er quasi tot. Es gab nur Treffen mit drei oder vier Leuten, da ist nicht viel passiert.“
In den folgenden drei Jahren hat Reinecke die EN-Jusos neu aufgebaut. „Der Unterbezirk ist mein Baby, da wird es immer eine besondere Beziehung geben“, sagt er. Den Kreisvorsitz will er abgeben, um sich auf sein neues Amt im Landesvorstand und seinen Platz im Kreistag zu konzentrieren. Bis zur nächsten Hauptversammlung im März bleibt er aber noch als Kreisvorsitzender im Amt.
Beim Thema Umweltschutz sollten Städte eine Vorbildfunktion einnehmen
2015 ist Reinecke mit der Vision politisch aktiv geworden, die Welt ein bisschen besser und gerechter zu machen. Daran hat sich heute nicht viel geändert. „Ich habe mit der Zeit gelernt, dass ich nicht die Weltrevolution ausrufen werde. Aber dafür habe ich unzählige Möglichkeiten, mich vor Ort einzubringen und Themen mitzugestalten, die direkt etwas verändern.“
Ein Thema, das dem 23-Jährigen besonders am Herzen liegt, ist der Umweltschutz. Etwa: öffentliche Verkehrsmittel stärken oder der Ausbau von Wasserstoffmobilität. Reinecke wünscht sich, dass die Städte eine Vorbildfunktion in Sachen umweltfreundlicher Mobilität einnehmen und zum Beispiel Wasserstofftankstellen bauen.
Als nächstes steht der Abschluss seines Archäologie-Studiums an
Bestehende Strukturen hinterfragen – das ist dem Jungsozialisten nicht nur innerhalb seiner Partei ein Anliegen, sondern auch innerhalb der Gesellschaft. Er fordert eine Debatte über den Sozialismus. „Das Thema schreckt leider viele Leute ab, sie trauen sich gar nicht, darüber zu reden, wie eine bessere und gerechtere Gesellschaft aussehen kann. Aber das sollten wir.“ Als Beispiel nennt Reinecke die Gewinnorientierung von Krankenhäusern und die hohen Mieten in Großstädten: „Sind Gesundheitsversorgung und Wohnen nicht eigentlich Grundrechte, die jedem zustehen?“
Auch wenn Reinecke viel Zeit in sein Engagement investiert – die Politik ist für ihn ein Hobby. Er schließt zwar nicht aus, irgendwann beruflich Politik zu machen. Komplett darauf verlassen möchte er sich nicht. Der 23-Jährige möchte bald sein Archäologie-Studium in Bochum abschließen. Danach folgt vielleicht noch ein zweites Bachelorstudium - und dann will er erst einmal arbeiten.