Witten. In öffentlichen Toiletten und Schulklos sollen Automaten kostenlos Binden und Tampons ausgeben. Das fordern gleich mehrere Parteien in Witten.
Frauen sollen auf öffentlichen Toiletten ebenso selbstverständlich Hygieneartikel kostenlos vorfinden, wie Toilettenpapier. Gleich mehrere Parteien in Witten schließen sich dieser Idee des Soroptimist Club Witten-Herdecke an. Im Rathaus oder in Schulen würden dann Automaten aufgehängt, die auf Knopfdruck Binden oder Tampons in Pappschachteln auswerfen.
In Deutschland hat bereits eine Stadt solche Automaten installiert – Hamm. Der Rat sah darin einen Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe – gerade für Mädchen in der Pubertät. Bei ihnen ist der Monatszyklus oft noch unregelmäßig, die Menstruation beginnt dann entsprechend unerwartet. Aus Scham oder Geldnot würden Schülerinnen zum Teil Stoffreste oder Klopapier verwenden. Für Toilettenpapier gibt Hamm knapp 40.000 Euro pro Jahr aus. Für die Damenhygieneartikel sind nun zusätzlich 20.000 Euro eingeplant.
Automat testweise in der Wittener Rathaustoilette
„Wir wünschen uns, dass Witten nachzieht und ein Zeichen setzt für eine aufgeklärte und offene Gesellschaft, in der Frauen, Mädchen und andere menstruierende Personen Zugang zu dem bekommen, was sie brauchen“, finden die Politikerinnen (SPD und Grüne) Birgit Legel-Wood, Petra Schubert, Katharina Saelzer, Christine Rose und Edeltraud Priddat. In einem gemeinsamen Antrag an den Rat schlagen sie vor, als sechsmonatiges Pilotprojekt einen Automaten in der Rathaustoilette zu installieren. Würde dieser gut angenommen, könnten weitere Automaten in anderen öffentlichen Einrichtungen und Schulen folgen. Im Haupt- und Finanzausschuss (14.6.) wird über den Antrag abgestimmt.
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„Die Periode ist kein Luxus“, so die fünf Frauen. „Der finanzielle Hintergrund, Obdachlosigkeit, sowie die mangelnde Aufklärung und Offenheit des sozialen Umfeldes verbauen Frauen und Mädchen immer wieder den direkten Zugang zu Hygieneartikeln.“ Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Periodenprodukte sei ein bundesweiter erster wichtiger Schritt gewesen.
Piraten: Konkrete Gleichberechtigung
Auch die Piraten und die Jusos sowie pro familia wollen die so genannte Periodenarmut bekämpfen. Die Jusos verweisen auf eine britische Studie, nach der Frauen über 500 Euro jedes Jahr wegen ihrer Periode ausgeben, etwa für Menstruationsartikel und Schmerzmittel. In Schottland, Neuseeland und Frankreich seien solche Produktspender allgegenwärtig. „Es geht hier außerdem um Aufklärung, um Enttabuisierung, um ganz konkrete, tatsächliche Gleichberechtigung“, sagt Piraten-Ratsmitglied Elaine Bach.
Die Initiative für kostenlose Hygieneprodukte stammt vom Soroptimist Club Witten-Herdecke. Deren Mitglieder haben sich an den Wittener Haupt- und Finanzausschuss gewandt. Die Anregung des Charity-Clubs freut Stefan Borggraefe von den Piraten: „Das ist ein schönes Beispiel für gelebte Demokratie. Es ist in der Bevölkerung noch viel zu unbekannt, dass jeder das Recht hat, sich mit Anregungen und Beschwerden direkt an den Stadtrat zu wenden.“