Witten. Am Montag kam Innenminister Herbert Reul nach Witten. Er unterstützte CDU-Landtagskandidatin Sarah Kramer – und warb auch für sich.
Sarah Kramer strahlt. Der CDU-Landtagskandidatin für Witten und Herdecke ist am Montagabend deutlich anzusehen, wie sehr sich die 29-Jährige freut, dass NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ihr wenige Tage vor der Landtagswahl als Politpromi zur Seite steht. Bei der Wahlkampf-Veranstaltung auf dem Rathausplatz spricht Reul aber auch in eigener Sache. Bei seinem Thema „Innere Sicherheit“ stellt er seine bisherige „Leistungsbilanz“ vor – und das, was aus seiner Sicht noch unbedingt zu tun ist, sollte der neue NRW-Ministerpräsident wieder Hendrik Wüst heißen.
Die Christdemokraten des EN-Kreises hatten zur Veranstaltung eingeladen – rund 150 Menschen sind gekommen, darunter viele Parteifreunde und die beiden weiteren CDU-Landtagskandidaten aus dem Kreis – Christian Brandt und Alexander Ebbert. Aufgrund des schönen Wetters können auch die Gäste der Außengastronomie des „Casa Cuba“ und der „Trattoria Pavarotti“ den Ministerbesuch bei Wein, Bier und Essen miterleben.
Vor seiner Rede wird Reul mit vielen Vorschusslorbeeren von einem Wahl-Wittener bedacht. Dieser zählt selbst zur CDU-Politprominenz – Hartmut Nassauer.
Bürgermeister-Tochter Sophie macht ein Selfie mit dem Minister
Bei der Europawahl 1994 hatte sich der Rechts- und Staatswissenschaftler als Spitzenkandidat der hessischen CDU erfolgreich um einen Sitz im EU-Parlament beworben. Von November 1990 bis April 1991 war Nassauer hessischer Innenminister. Reul bezeichnet er als „zuverlässig“ und „hoch engagiert“ – und fügte hinzu: „Ich würde ihm mein letztes Hemd anvertrauen, wenn es darauf ankäme.“ Bürgermeister Lars König ist mit Frau und Tochter zum Rathausplatz gekommen. Tochter Sophie ergreift die Chance und schießt ein Selfie mit dem Minister – für ihren Politikunterricht. Mit einer Trillerpfeife und den Rufen „Frieden, Frieden, Frieden“ nutzt ein Demonstrant die öffentliche Bühne.
Landtagskandidatin Sarah Kramer, Polizeihauptkommissarin im Präsidium Bochum, betont, dass sie Reuls Einstellung teile, dass sich Clan-Kriminalität ausbreite, dass der „Respekt“ gegenüber dem Rechtsstaat verloren gehe. „Wir sind stolz, dass Sie unser oberster Chef sind“, so die Vormholzerin, die dafür einige „Buh-Rufe“ aus den Zuschauerreihen kassiert. Der Innenminister schlägt als Wahlkampfredner thematisch einen großen Bogen – von der Clan- bis hin zur Cyber-Kriminalität. Mit Hinweis auf die sozialdemokratisch geführten NRW-Vorgängerregierungen kritisiert er, dass die Politik Angst gehabt habe, dieses Problem zu benennen und damit auch anzugehen.
Herbert Reul spricht auch über den Rechtsextremismus
Von „112 Familien im Ruhrgebiet“ würden heute 95 Prozent der großen Straftaten begangen. Einen rhetorischen Seitenhieb teilt der Minister in Richtung seiner Kritiker aus, die ihm beim Vorgehen gegen Clan-Kriminalität oft „Aktionismus“ unterstellen. Es sei klar, dass ein solches Problem nicht „Simsalabim“ gelöst sei. Man müsse „Schritt für Schritt“ vorgehen und Kriminellen klarmachen: „Wir lassen uns hier nicht auf der Nase herumtanzen.“
Reul spricht auch über den Rechtsextremismus im Land und erinnert an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), der 2019 von einem Rechtsextremisten erschossen wurde. Auch die Ausmaße von Kindesmissbrauch habe er sich vor noch drei Jahren nicht vorstellen können, so Reul.
Demonstranten erinnern an die Räumung des Hambacher Forstes
Am Rande der Veranstaltung fordert währenddessen eine kleine Gruppe junger Demonstranten den Rücktritt des Innenministers. Auf einem Pappschild wird an die Räumung der Baumhäuser 2018 im Hambacher Forst im rheinischen Braunkohlerevier erinnert. „Hambacher Forst – Polizeigewalt. Reul, tritt zurück“ ist auf dem Schild zu lesen. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte im vergangenen September entschieden, dass die Räumung mit einem Großaufgebot der Polizei rechtswidrig war. Herbert Reul hatte die Baumhaus-Räumungen verteidigt.
Als Gastgeberin des Abends bedankt sich CDU-Landtagskandidatin Sarah Kramer für den Wahlkampf-Besuch des Innenministers mit einem Abschiedsgeschenk aus Heven. Herbert Reul kann einen „Herbeder Tropfen“ aus der Sonnenschein-Brennerei, auch ein Brettchen für „Bütterken“ und eine Tasse für ein „Käffken“ mit nach Hause nehmen.