Witten. Circus Antoni sucht ein neues Gelände für sein Winterquartier in Witten. Nun hat der Bürgermeister Hilfe zugesagt. Die ist auch bitter nötig.
Ramona Tränkler ist in diesen Tagen viel unterwegs. Dabei finden ja im Winter und wegen Corona gar keine Auftritte statt. Doch die Chefin des kleinen Circus Antoni hat noch ganz andere Sorgen. Sie ist mit ihrer Familie auf der Suche nach einem neuen Standplatz und fährt dafür kreuz und quer durch Witten, wo sie so gerne bleiben würden. All ihre Hoffnung ruht gerade auf Lars König. Denn der Bürgermeister habe ihr Anfang der Woche Hilfe versprochen.
Seit September befinden sich Zelte und Wagen auf einer Wiese neben Ostermann. Damals mussten sie ihr altes Winterquartier an der Brückstraße verlassen, weil dort der Parkplatz des Marien-Hospitals gebaut wurde. Zwar hatte die Firma Pilkington auf der gegenüberliegenden Straßenseite extra einen Schotterplatz für den Zirkus hergerichtet. Doch das Gelände stand im Sommer quasi kniehoch unter Wasser. Es habe dort Probleme mit der Kanalisation gegeben.
Zirkuschefin aus Witten: Das Gelände ist auf Dauer nicht ideal für uns
„16 Jahre haben wir am Sonnenschein überwintert. Aber es ging einfach nicht mehr“, sagt Ramona Tränkler. Bei Regen sei das Wasser den Berg runtergeflossen und habe alles überflutet. Die Situation sei unzumutbar gewesen – im schlimmsten Fall wären sie obdachlos geworden. Die 57-Jährige mag gar nicht daran denken.
Dass sie nun seit Monaten bei Ostermann stehen dürfen, sei ein riesiges Glück. Bis April wird das auch so bleiben. Doch bis dahin möchten die Zirkusleute eine andere Bleibe finden. Ramona Tränkler stellt klar: „Wir werden hier nicht etwa vertrieben.“ Denn das würden viele Wittener jetzt vermuten. Doch sie betont: „Das Gelände ist auf Dauer einfach nicht ideal für Mensch und Tier.“
Der viele Regen hat die Fläche inzwischen beinahe in ein Sumpfgebiet verwandelt. Ohne Gummistiefel geht da gar nichts – wie unser Fotograf leidvoll erfahren muss. Er zieht kurzerhand seine Schuhe aus und geht barfuß. Von einer Wiese ist kaum noch etwas zu erkennen – überall nur Matsch und dicke Pfützen. Wo’s besonders schlimm ist, haben sie Holzspäne gestreut, damit wenigstens die Tiere auf dem Trockenen laufen können. Zeltplanen schützen die Gehege nur notdürftig.
Unterstützung kann der Zirkus aus Witten in jeder Hinsicht gebrauchen
„Wenn die mal eine Weile im Matsch stehen, ist das nicht so schlimm. Das tun sie ja beim Bauern auf dem Feld auch“, so Tränkler. Aber was zuviel ist, ist zuviel. Wenn es lange regnet, dürfen sich die Tiere auch mal in kleinen Grüppchen im großen Zelt die Hufe vertreten. Gerade aber sind die Lamas, Ziegen und Pferde im Stall und futtern munter. Säckeweise liegen Möhren herum. Schubkarren voller Äpfel werden hereingefahren. „Die Bürger spenden viel“, ist die Zirkuschefin dankbar. Nicht nur Futter, auch mal Geld, damit sie etwa die Versicherung oder den TÜV für die Fahrzeuge bezahlen können.
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Unterstützung können sie in jeder Hinsicht gut gebrauchen. Aktuell lebt die Familie von Sozialhilfe. Neue Anschaffungen sind nicht drin. Dabei müsste einer der neun Wohnwagen dringend repariert werden. Eine Wand sei dort lose, Wasser fließe hinein, längst habe sich Schimmel gebildet. „Mein Bruder und mein Neffe schlafen darin.“
Ramona Tränkler: Wir betteln nicht an der Haustür um Geld
Trotzdem: Von ihnen gehe keiner von Haustür zu Haustür und bitte um Geld, stellt Ramona Tränkler klar. Oft bekomme sie Anrufe, dass offenbar jemand in ihrem Namen unterwegs sei. „Aber wir haben damit nichts zu tun.“ Sie wenden sich höchstens mal an Firmen um Unterstützung. Doch auch das sei in der Pandemie schwierig geworden.
Noch sind zum Glück alle weitgehend gesund, blieben bisher von Corona verschont. Aber sie lassen auch kaum jemanden aufs Gelände, in die engen Wohnwagen schon gar nicht. Haben neulich sogar einen Fernsehdreh abgelehnt. „Meine Mutter ist 80, meine Brüder sind Diabetiker.“ Die Angst vor dem Virus – es gibt sie auch hier. Größere Sorge bereitet der Zirkusfrau aktuell allerdings die Wetterlage. Wind und Schnee sind angekündigt. „Das bekommt den Zelten nicht gut.“
Ramona Tränkler weiß nicht, wie sie auf Dauer alles stemmen sollen. Deshalb habe sie sich sehr über das Angebot des Bürgermeisters gefreut, nach einem geeigneten Gelände Ausschau zu halten – möglichst in Witten. Sie weiß, das wird nicht einfach. „Aber hier ist doch unser Zuhause.“