Witten. Zweieinhalb Stunden im Freibad? Das reicht vielen Wittenern nicht. Sie ärgern sich über die Corona-Regeln. Doch die haben ihren Grund.
Endlich warmes Sommerwetter – doch im Freibad Annen ist am Donnerstagmittag noch nicht richtig viel los. Gerade einmal 280 Menschen werden gegen 14 Uhr an der Kasse gezählt. Typisch, meint Bäderleiter Michael Blumberg: „Die Wittener brauchen immer drei warme Tage, bis sie kommen.“
Aber die, die gekommen sind, freuen sich, dass das Bad nach der Schließung im letzten Jahr jetzt endlich geöffnet hat. „Wir sind froh, dass wir nun überhaupt herkommen können“, sagt Sina Skok, die mit ihrem Sohn Felix am Donnerstag nach Annen gekommen ist. Allerdings: Die 37-Jährige würde gern länger bleiben als zweieinhalb Stunden. Doch das ist nicht drin: Denn die Zeitfenster, die die Schwimmbad-Leitung wegen Corona wieder eingeführt hat, schließen sich nach 150 Minuten.
Mit den Zeitfenstern können mehr Wittener das Freibad besuchen
„Wir wollen mit den Zeitfenstern erreichen, dass so viele Menschen wie möglich ins Bad kommen können“, erklärt Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla. Aber er gibt zu: Die Zeitfenster seien natürlich ein Kompromiss: Frühschwimmer blieben beispielsweise häufig kürzer, andere Gäste lieber länger im Bad. „Aber allen kann man es nicht recht machen.“
Nicht alle Gäste haben Verständnis für die neuen Regelungen: „Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich nicht hergekommen“, sagt beispielsweise Taner Aydogan, der mit seinem fünfjährigen Sohn Berkay gekommen ist. Zeitfenster seien zwar für alle fairer, jedoch sei die Zeit zu knapp bemessen – insbesondere, wenn man mit kleineren Kindern ins Bad käme, findet der 35-Jährige.
Effektiv bleiben nur eineinhalb Stunden zum Schwimmen
Aber auch Gäste ohne Kinder ärgern sich: „Jetzt ist das Wetter endlich mal gut, aber die Zeitfenster finde ich echt sinnlos“ sagt Ismael Özkan. Ziehe er die Wartezeit an der Kasse sowie das Duschen und Umziehen ab, blieben ihm effektiv nur eineinhalb Stunden zum Schwimmen. „Das finde ich definitiv zu wenig“, so der 32-Jährige.
Sein Kumpel Muhammed Acar kann außerdem nicht verstehen, dass die 60-Meter-Rutsche und die ein- und drei-Meter-Sprungtürme des Freibads durchgehend geschlossen sind: „Das ist so ein Heckmeck!“ Auch die zehnjährige Mia Dekowski ist deshalb traurig: „Die Rutsche macht mir am meisten Spaß, dass sie geschlossen ist, ist doof.“
Mindestabstand nicht möglich: Rutsche und Sprungtürme geschlossen
Aber das hat seinen Grund: Mindestabstände seien auf der Rutsche und den Sprungtürmen einfach nicht einzuhalten, so Sprecher Mathias Kukla. „Außerdem müssten wir zur Zeit Rutsche und Sprungtürme laut Corona-Schutzverordnung nach jedem Gast desinfizieren – das können wir nicht leisten.“ Erst bei einer Inzidenz von unter zehn werde beides wieder zugänglich für die Gäste.
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Familie Reimer und Reichart, die mit ihren Kindern extra aus Dortmund angereist sind, können diese Argumentation nicht nachvollziehen: „Sie drücken jedem hier denselben Kuli für die Nachverfolgungs-Protokolle in die Hand, da ist die Ansteckungsgefahr doch viel höher“, sagt Stefanie Reichart, „die Sprungtürme berührt man außerdem nur mit den Füßen und warum sollte man eine Rutsche desinfizieren müssen?“
Das neue Holzschiff für die Kids ist ein Highlight
Mit ihren Kindern Mathis und Victoria habe es schon Diskussion gegeben, weil Rutsche und Sprungtürme gesperrt sind, erzählt sie. Glücklicherweise wurde dann noch eine Alternative gefunden: das neue Holzschiff, die „MS Schwalbe“: „Es ist etwa zehn Meter lang und zwei Meter breit, mit Rutsche, Wackelbrücke, Kunststoffaffen, Bullaugen und mehr“, zählt Bäderleiter Michael Blumberg stolz auf. Zwei Wochen habe der Bau gedauert und ungefähr zwanzig Jahre solle das Schiff halten – Gesamtpreis: 20.000 Euro. „Das Schiff ist voll cool“, sagt der achtjährige Mathis begeistert, „am besten finde ich die Rutschstange und die Hangelleiter!“
Doch nicht nur das Schiff ist neu. Zeitgleich wurden auch weitere Neuerungen Bades in Betrieb genommen. „Unsere Schwimmbad-Technik stammte noch von 1976, die Wasserqualität war zwar immer hervorragend, aber der Energie-, und Wasserverbrauch waren nicht mehr zeitgemäß“, so Bäderleiter Michael Blumberg. 800.000 Euro wurden insgesamt in die Sanierung investiert – und jede Menge Nerven. Denn die neuen Pumpen machten Probleme. Seit dem 1. Juli läuft alles rund. Alles – bis auf das Wetter und die Inzidenzwerte.