Witten. Spaziergänger fanden zwei Steinmarderbabys im Wald bei Witten. Jetzt werden die Wildtiere, die als Schädlinge verschrien sind, aufgepäppelt.
Aufregung am Kohlensiepen in Witten. Spaziergänger haben zwei ausgesetzte Katzenbabys am Wegesrand entdeckt. Oder sind es doch junge Frettchen? Gleich mehrere Anrufe gingen am Samstag (1.5.) bei der Feuerwehr ein. Sie rettete schließlich die flauschigen Tierchen. In einer Wildtierpflegestation werden die Kleinen nun aufgepäppelt. Allerdings handelt es sich um Steinmarder. Tiere, die eher als Schädlinge und Kabelbeißer verschrien und zur Jagd freigegeben sind.
Die beiden Wildtiere haben die Herzen mehrerer Spaziergänger zutiefst gerührt. Der erste Anruf bei der Feuerwehr ging um elf Uhr ein. Die Tierbabys würden an einem Waldweg liegen, 200 Meter vom Parkplatz Kohlensiepen entfernt. „Unsere erste Reaktion war: liegen lassen. Vielleicht kommt das Muttertier wieder“, sagt Feuerwehrsprecher Uli Gehrke. Als sich die Anrufe häuften und klar war, dass die Tiere schon hochgehoben, gestreichelt und von Hunden beschnüffelt worden waren, schickte die Feuerwehr einen Einsatzwagen vorbei, der die Katzen/Frettchen – so richtig wusste es ja keiner – zur Wildtierauffangstation von Andrea Siegmund nach Bommern brachte.
Tierschützerin aus Witten: „Der Marder stinkt, wie ein Fuchs“
Die Ehrenamtliche kennt sich aus mit Marder, Mauswiesel und Otter. Sie päppelt auch Feldhasen und Wildkaninchen auf, die dann wieder ausgewildert werden. Ihre Langohrenkinder sind zurzeit weit entfernt von ihrem Neuzugang untergebracht, schließlich sind beides Feinde. Und während die 47-Jährige für die Hasen viel Lob erfährt, ist dies bei Steinmardern anders. „Steinmarder sind nicht bedroht. Es ist ein Kulturfolger, der eigentlich im Wald lebt, aber immer häufiger in Siedlungen anzutreffen ist. Menschen beschweren sich, weil sie gern Kabel in Autos anknabbern oder sich in Dachböden verkriechen“, sagt Andrea Siegmund. Außerdem: „Der Marder stinkt, wie ein Fuchs. Es ist halt ein Fleischfresser.“
Meist geht es also darum, Marder zu vergrämen. Die Bommeranerin aber macht das Gegenteil und zieht sie auf. Wie passt das zusammen? „Ich finde, jedes Leben ist schützenswert. Und es gibt in unseren Wäldern genügend Lebensraum, auch für Steinmarder.“
Marder beißen heftig
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Viel Arbeit wartet nun auf die Tierschützerin. Noch erhalten sie alle drei bis vier Stunden Aufzuchtmilch. In wenigen Tagen kommen sie aber in eine Voliere. Artgerechtes Futter heißt dann: ein Eintagesküken pro Tag. Siegesmund zieht die beiden Marder mit möglichst wenig Menschenkontakt auf, um Fehlprägungen zu verhindern. „Geknuddelt wird da nicht“. Empfehlenswert sei das sowieso nicht. „Marder beißen heftig. Sie springen einen auch an.“ Ende August wird sie die Volierentür vermutlich öffnen, damit die Marder in Freiheit können. „Manche kommen noch einige Male zurück. Das ist ein Rückzugsort, wo sie noch Futter finden.“ Aber irgendwann helfe der Instinkt, dass sie allein überleben.
Warum waren die Marder wohl mutterlos? „Die beiden sind etwa sieben Wochen alt. Ich tippe, die beiden haben einen Ausflug gemacht und ihre Mutter nicht wiedergefunden“, vermutet Andrea Siegmund. „Anders als bei Eichhörnchen kümmert sich eine Mardermutter nicht um verlorene Kinder und geht sie suchen.“ Deswegen lagen die beiden verlassen und eingerollt am Wegesrand und machten das, was Marder tagsüber tun: schlafen.