Witten. Eine Radampel an der Kreuzung Ruhrstraße/Gasstraße in Witten soll Radler schützen. Dafür bekommen Autofahrer länger Rot. Sorgt das für mehr Stau?
Wittens gefährlichstes Straßenstück für Radfahrende ist die Ruhrstraße, zwischen Gasstraße und Ruhrdeich. Seit mittlerweile elf Jahren fordern Radverkehrsverbände eine Lösung für diese 220 Meter. Nun kommt sie, ist aber bereits umstritten: Eine Ampel gewährt Radlern bald mit einer eigenen Grünphase die Vorfahrt. Die Krux: Die Rotphasen für Pkw auf der staugeplagten Ruhrstraße werden sich verlängern.
Vor Kurzem hat die Kreuzung nahe dem Café del Sol neue Straßenmarkierungen bekommen. Die alten Haltelinien, Furtmarkierungen und die Linksabbiege-Spur waren verblasst. „Deshalb wurden die alten Markierungen aus Verkehrssicherungsgründen erneuert“, sagt Stadtsprecherin Astrid Raith. Die frischen Linien verdeutlichen noch einmal die Schwierigkeit auf der so genannten „Wutkreuzung“.
Alte Markierungen in Witten aufgefrischt
Radverkehrskonzept stammt aus 2019
Das Radverkehrskonzept hat der Wittener Stadtrat im Sommer 2019 beschlossen. Immer wieder gibt es Kritik, die Maßnahmen würden nicht oder nur schleppend umgesetzt.Die Umsetzung der 433 Maßnahmen wird in den nächsten Jahren (oder Jahrzehnten) mit insgesamt 15 Millionen Euro veranschlagt. Pro Jahr stehen der Stadtverwaltung aber 200.000 Euro Fördermittel für die Verbesserung des Radverkehrs zu.
Denn radelt man aus der Innenstadt kommend auf der Ruhrstraße in Richtung Bommern endet der Radweg an der Kreuzung Gasstraße mit einer dicken Haltelinie. Daneben steht das Schild „Radweg Ende“. Wo soll man weiterfahren?
Die Neumarkierung hätte man nutzen können, um die Situation zu verbessern, bemängelt Wittens Fahrradbotschafter Andreas Müller. „Richtig wäre eine Markierung, die verdeutlicht, dass die Radfahrer sich an dieser Stelle in den fließenden Verkehr einfädeln müssen“, sagt der ehemalige Wittener Verkehrsplaner. „Wer im Auto unterwegs ist, erwartet so nicht, dass die Radfahrenden nach links auf die viel zu enge Fahrbahn wechseln.“
Signalplanerin hat Arbeit aufgenommen
Er wirft Planung- und Tiefbauamt eine Fehlplanung vor. Die Markierung „dokumentiert in unseren Augen, welche geringe Priorität die Verwaltung einer Verbesserung der Sicherheit für den Radverkehr einräumt“.
Das möchte Tiefbauamtsleiter Jan Raatz so nicht stehen lassen. „Um die Radverkehrsführung in dem Bereich perfekt zu machen, muss der gesamte Streckenzug bis zur Ruhrdeichkreuzung umgebaut werden. Das ist eine langfristige und teure Maßnahme“, sagt er. Im Juni 2020 segnete der Verkehrsausschuss darum einen Vorschlag der Verwaltung ab. Dieser Stufenplan soll eine „schnelle Verbesserung mit wenigen und einfachen Mitteln“ auf der Ruhrstraße bewirken. Die neue Signalplanerin der Stadt habe bereits mit dem Projekt begonnen. „Es ist für sie eine der höchstprioritären Maßnahmen“, betont Raatz.
Stadtsprecherin: Keine optimale Lösung
Mit der neuen Ampel verwerfen die Stadtplaner die Idee eines Gutachters aus dem Radverkehrskonzept. Dieses sah einen verlängerten Radfahrstreifen über die Gasstraße und eine Lenkung auf den Gehweg vor. Dabei hätte man die Bordsteine absenken müssen. Das sei im Vergleich zur Ampel teurer und zeitaufwändiger, so Raith. Und: Auch ein abgesenkter Bordstein berge eine Sturzgefahr.
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Die Fahrradampel wird am Ende der Unterführung, Kreuzung Ruhrstraße/Gasstraße installiert. Die Radfahrer bekommen eine eigene Grünzeit und können immer vor dem Kraftfahrzeugverkehr losfahren. Das Einfädeln entfällt. „Sie sind somit immer im Sichtfeld der Autofahrer. Nach Stand der Unfallforschung ist das eine der sichersten Verkehrsführungen“, betont Stadtsprecherin Astrid Raith. Das sei nicht „die optimale Lösung“, schränkt sie mit Blick auf den Rückstau auf der Ruhrstraße, in dem dann auch die Fahrradfahrer stehen, ein.
Radfahrer Andreas Müller hält von der Ampellösung wenig. Etwa sechs Sekunden, schätzt er, würde die Rotphase für Autofahrer verlängert. „Und der Stau auf der Ruhrstraße ist jetzt schon zu lang.“