Witten. Der Prozess gegen drei Wittener wegen Drogenhandels geht weiter. Jetzt wurde der Kopf der Bande vernommen. Wurde er zu den Geschäften gezwungen?
Im Prozess um schwunghaften Handel mit Heroin sagten am Freitag (17.9.) vor dem Landgericht Bochum zwei weitere Angeklagte aus. Als Drogendealer müssen sich dort drei 51, 56 und 54 Jahre alte Männer aus Witten und eine 35-jährige Frau verantworten. Sie sollen zwischen Dezember 2019 und Februar 2021 mit der Droge gedealt haben.
Chef der Gruppe war den Ermittlungen zufolge der 51-jährige Wittener. „Ich bin das schwarze Schaf der Familie“, erklärte er am Freitag den Richtern. Geboren in der Türkei, sei er als Achtjähriger zu seiner Familie nach Deutschland gekommen. Nach der Schule brach er eine Maurerlehre ab und arbeitete zwei Jahre mit seinem Vater zusammen in der selben Firma in Witten. Schließlich hörte er damit auf. „Durch falsche Freunde geriet ich in die Drogenszene“, erläuterte er.
Angeklagter aus Witten lebt von Hartz IV
Schon als 18-Jähriger habe er Cannabis und Kokain konsumiert. Ab Ende der 1990er Jahre nahm er Heroin. „Ich habe es durch die Nase gezogen oder geraucht“, so der 51-Jährige. Täglich habe er ein bis zwei Nasen gezogen. Er habe mehrfach versucht, durch Entgiftungen von der Droge wegzukommen, es aber nie geschafft. Zuletzt lebte der Mann von Hartz IV und war im Methadonprogramm. Der Angeklagte, der 17 Vorstrafen aufweist und mehrere Haftstrafen absitzen musste, gab zu, mit Heroin gehandelt zu haben – aber nicht in den angeklagten Mengen.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zwischen Dezember 2019 und Februar 2021 in zehn Fällen jeweils 500 Gramm Heroin und 500 Gramm Streckmittel aus den Niederlanden besorgt zu haben. Er selbst betonte, er sei zu den Geschäften gezwungen worden, weil er gegenüber den holländischen Lieferanten als angeblicher Schuldner eines Geschäftspartners hingestellt worden sei. Er habe deutlich weniger Heroin abgenommen. So habe der Kurier beim ersten Mal lediglich eine Probelieferung von 50 Gramm Heroin abgeholt. Bei der zweiten Tour seien es je 250 Gramm Heroin und Streckmittel gewesen und erst ab der dritten Tour die angeklagten je 500 Gramm.
Kurier aus Witten hat bereits ausgesagt
Die mitangeklagte 35-jährige Frau gab zu, ab Sommer 2020 für ihren verhafteten Lebensgefährten ins Drogengeschäft eingestiegen zu sein und im größeren Stil mit Heroin gedealt zu haben. Zur Last gelegt werden ihr 16 Fälle mit je 100 Gramm und acht Fälle mit je 50 Gramm der Droge. Auch sie selbst ist heroinabhängig. „Ein Drittel der Menge habe ich selbst konsumiert. Ich brauchte 30 Gramm pro Woche“, erzählte sie den Richtern. Die Frau hat mehrere Psychiatrieaufenthalte hinter sich und kam schon als junge Erwachsene mit Heroin in Kontakt. Außerdem habe sie, wie sie zugab, täglich zweieinhalb Gramm Kokain geschnupft. Der Kurier (54) sagte bereits am vergangenen Donnerstag (9.9.) aus.