Witten. Die Grünen rufen ihre Wähler dazu auf, Sonja Leidemann (SPD) bei der Bürgermeister-Stichwahl in Witten zu unterstützen. Das hat seinen Preis.

Die bei den Kommunalwahlen erfolgreichen Grünen in Witten setzen bei der Bürgermeister-Stichwahl am 27. September auf Sonja Leidemann von der SPD. Man werde zu ihrer Wahl aufrufen, sagte am Sonntagabend (20.9.) der stellvertretende Fraktionschef, Jan Richter. Darauf habe sich eine achtköpfige Verhandlungskommission aus Vorstand und Fraktion mit der SPD und ihrer Kandidatin geeinigt.

Sowohl die SPD als auch Leidemann hätten glaubwürdige Zusagen gemacht, „dass grüne Themen im Verwaltungshandeln gewichtiger werden“, so der 47-Jährige. Sollte Leidemann erneut ihr Amt verteidigen, werde sie Stabsstellen zu Klima- und Umweltschutz und zur Verkehrswende einrichten. Letztere hätte die deutlich zügigere Umsetzung des Radverkehrskonzeptes zum Ziel.

Mit Sonja Leidemann und der SPD handelseinig: Jan Richter, Fraktionsvize der Grünen in Witten, gab am Sonntagabend (20.9.) bekannt, dass seine Partei die Amtsinhaberin bei der Bürgermeister-Stichwahl am 27. September unterstützt.
Mit Sonja Leidemann und der SPD handelseinig: Jan Richter, Fraktionsvize der Grünen in Witten, gab am Sonntagabend (20.9.) bekannt, dass seine Partei die Amtsinhaberin bei der Bürgermeister-Stichwahl am 27. September unterstützt. © Anneke Dunkhase

Diese Stabsstellen sollen Leidemann direkt unterstellt sein und mit neun Stellen ausgestattet werden. „Vorbehaltlich eines genehmigungsfähigen Haushalts“ sollen allein im nächsten Jahr vier Millionen Euro in das Radkonzept fließen. Bisher ist dafür nichts ausgegeben worden und viel Kritik an der schleppenden Umsetzung laut geworden. „Mit Macht“ wollen die Grünen nun in neue Radwege investieren.

Außerdem könnte Witten – im Falle eines erneuten Wahlsiegs Leidemanns – den ersten grünen Dezernenten bekommen. Richter kündigte ein viertes Dezernat etwa für Organisation, Personal, Digitalisierung und Schulen an. Zusätzlich soll sich ein „Begleitgremium“ um die Digitalisierung innerhalb der Stadtverwaltung kümmern und die Grünen den Vorsitz bestimmen.

Die Grünen, die keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten zur Kommunalwahl aufgestellt hatten, sind mit über 20 Prozent und 13 Sitzen die mit Abstand drittstärkste Fraktion im Rat. Mit der SPD (16 Sitze) und einer wiedergewählten Bürgermeisterin kämen sie auf 30 Stimmen im 64-köpfigen Rat. Für eine Mehrheit bräuchten sie also einen dritten Partner. Da kämen zum Beispiel die Piraten (3 Sitze) in Frage – wobei die Mehrheit (33) mit nur einer Stimme dann äußerst knapp wäre. Das Bürgerforum hat vier Sitze – wäre zum Beispiel also auch eine Option.

Der dritte Partner von Rot-Grün in Witten steht noch nicht fest

„Wenn wir einen stabilen dritten Partner hätten, wäre das toll, wenn nicht, wäre das aber auch kein Weltuntergang“, sagt Richter. So schließe man – immer vorausgesetzt, Leidemann gewinnt – wechselnde Mehrheiten von Fall zu Fall ebenfalls nicht aus. Aber noch ist das Fell des Bären nicht erlegt. Schließlich haben am kommenden Sonntag noch über 78.000 Wähler das Wort. Und es gibt ja noch einen Gegenkandidaten, Lars König von der CDU.

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Der 49-Jährige zeigte sich am Sonntagabend (20.9.) von der Wahlempfehlung der Grünen überrascht. „Sie haben es 16 Jahre lang getan“, sagte König in Anspielung auf die Unterstützung der Grünen für Leidemann in der Vergangenheit. Offizielle Gespräche zwischen ihm und den Grünen hat es nicht gegeben. Wenn die Basis der Grünen dafür keinen Bedarf gesehen habe, so König, dann ja vielleicht, weil viele seiner Inhalte mit den ihren „kompatibel“ seien. Auch er hat eine schnellere Umsetzung des Radkonzeptes, Klimaschutz, mehr Stadtgrün und eine Reaktivierung von Brachflächen statt neuer Flächenversiegelungen auf der Agenda.

Lars König von der CDU in Witten rechnet sich weiter Chancen aus

Der Unionskandidat setzt nach wie vor auf eine Wechselstimmung. Er hofft, bei der Stichwahl am nächsten Sonntag auch Stimmen aus dem grünen Lager zu bekommen – wie es vermutlich schon im ersten Durchgang am 13. September der Fall gewesen sei. Denn immerhin gab es 7400 grüne Wähler – die nicht alle Leidemann gewählt haben dürften, sonst wäre ihr Ergebnis wohl deutlich höher ausgefallen. König: „Natürlich habe ich noch Chancen.“

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