Witten. Wo genau sollen die neuen Ruhrbrücken zwischen Herbede und Heven entstehen? Nun wurden die Besitzer der benötigten Privatflächen befragt.
Ganze 25 Seiten mit Anregungen von Bürgern zum Thema Herbeder Ruhrbrücken in Witten hat die Bauverwaltung gesammelt und an den Landesbetrieb Straßen NRW weitergeleitet. Es gibt offenbar noch viele Fragen zu dem wichtigen Bauprojekt, das 2024 starten wird. Eine der wichtigsten, nämlich die genaue Lage, wurde im Verkehrsausschuss am Montagabend (7.6.) diskutiert.
Im Herbst wollen Stadt und Straßen NRW eine Entscheidung – denn der Zustand der drei L 924-Brücken ist so schlecht, dass ein Neubau nicht hinausgezögert werden darf. Wie berichtet soll von Heven bis auf Höhe Haus Herbede der Entwurf des Landesbetriebs umgesetzt werden. Nördlich der jetzigen Ruhrbrücke, also parallel versetzt in Richtung Stausee, schlägt die neue Trasse einen Bogen zur Mühlengrabeninsel. Dort möchte die Stadt Witten eine Kreuzung anlegen, von der eine Straße zu den Industriebetrieben Friedr. Lohmann und Sanofi sowie zum Haus Herbede abzweigt. Damit muss der schwergewichtige Anlieferverkehr nicht länger durchs Dorf fahren, Haus Herbede käme besser zur Geltung. Und: der Bahnübergang Meesmannstraße könnte entfallen.
Acht Privatleute müssten Teile ihrer Grundstücke abgeben
Strittig bleibt die Brücke von dort bis zum Kreisel Wittener Straße, über die Bahngleise. Straßen NRW möchte am Standort der jetzigen Omega-Brücke bauen, was eine Vollsperrung zwischen acht und zwölf Monate zur Konsequenz hat. Der Arbeitskreis Herbede, in dem sich mehrere Bürger engagieren, schlägt eine Trasse vor, die südlich versetzt entsteht. Eine Vollsperrung entfällt, Herbede wäre während der Bauzeit nicht von Witten abgeschnitten. Allerdings verläuft diese „Südvariante“ über Privatgrundstücke. Deren Besitzer hat Straßen NRW nun auf Kaufoptionen hin befragt. Schon früh hatten Planungsleiter Thomas Schittkowski betont: Würde auch nur ein Eigentümer nicht verkaufen, sei die Variante unmöglich.
Von den acht Besitzern hätten nur drei bislang geantwortet, so Stadtbaurat Rommelfanger in einer Stellungnahme im Verkehrsausschuss, die fünf anderen werden erneut durch das städtische Liegenschaftsamt angeschrieben. Aber: Mindestens einer der Eigentümer zeige keine Verkaufsbereitschaft.
„Fiktive Planung“ zugrunde gelegt
Straßen NRW hat für die Abfrage eine „fiktive Planung für die Südtrasse“ zugrunde gelegt, so Rommelfanger. Diese verläuft etwa drei Meter neben der jetzigen Omegabrücke. „Dies ist nur ein Vorentwurf“, betont Rommelfanger. „Für die Frage, welche Auswirkungen der Bau auf die einzelnen Grundstücke hat, reicht er aber aus.“ Die neue Straße werde nach heutigen Auflagen geplant und wird breiter. Etwa durch Radwege und weniger steile Böschungen. Der Flächenbedarf sei enorm, denn auch als Lager für Baumaterialien oder als Zuwegung für Baufahrzeuge müssten private Flächen genutzt werden.
Bürgerwerkstatt nach den Ferien
Nach den Sommerferien soll es eine Bürgerwerkstatt zum Bau der Ruhrbrücken geben. Darin wollen Stadtverwaltung und Straßen NRW vor Ort offene Fragen zu den beiden neuen Brücken (über Ruhr und Bahngleise), Abzweig zu den Firmen Lohmann und Sanofi und zur Lakebrücke klären.Der „konstruktive Bürger-Brücken-Dialog“ war eine Forderung des Arbeitskreises Herbeder Brücken. Bauverwaltung und Verkehrsausschuss bekräftigen, dass es diese Bürgerinformation „definitiv geben wird“, bevor eine Entscheidung zur Lage der neuen Brücken fällt.
Es scheint unrealistisch, dass alle Eigentümer ihre Flächen nur zum Preis des aktuellen Bodenrichtwertes verkaufen werden: So müsste zum Beispiel die Trattoria Pescara ihren Biergarten am Kreisverkehr aufgeben. Dem Besitzer der Villa Sonnenschein rückt die neue Straße vors Fenster. „Diese Entwurfsvariante beträfe verschiedene Eigentümer massiv in ihrer wirtschaftlichen Existenz“, kritisiert der Arbeitskreis Herbeder Brücken. „Wir gehen davon aus, dass diese Planung keine Chance auf eine Realisierung hat“, so deren Mitglied Dieter Boele.
Arbeitskreis glaubt nicht an fristgerechte Fertigstellung
Er stellte dem Ausschuss einen neuen Entwurf vor, der einen größeren Bogen in Richtung türkische Moschee schlägt, dafür aber eher auf die bestehende Rampe trifft. Demnach müsste die Pizzeria kaum Fläche abgeben. Eine Sperrung möchte der Arbeitskreis weiterhin vermeiden. „Wir sind alle Kinder des Ruhrgebiets und glauben nicht, dass es bei einer acht- bis zwölfmonatigen Sperrung bleiben wird“, sagt Arne Meinshausen. Er gehe von anderthalb bis zwei Jahren aus. Das beste Beispiel sei die Wittener Straße, deren weitere Sanierung vor Kurzem um ein Jahr verschoben wurde.