Witten. Das von der Bundesregierung angekündigt „9-für-90-Ticket“ sorgt derzeit auch in Witten noch für Irritationen. So reagieren die Verkehrsbetriebe.

Eigentlich soll das geplante „9-für-90-Ticket“ Kunden von Bus und Bahn angesichts der hohen Energiekosten finanziell entlasten und mehr Autofahrer für den öffentlichen Nahverkehr begeistern. Doch bislang sorgt es hauptsächlich für Irritationen.

Daher appelliert Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann an alle Fahrgäste, nicht voreilig Abos zu kündigen. Diesen Hinweis richtet er auch an die Kunden der Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER). Die Unternehmen erhalten in diesen Tagen vermehrt Anfragen zu dem vorgesehenen Ticket.

Bürger in Witten und anderen Städten wollen vor allem wissen, ob sie ihre bestehende Monats- oder Jahrestickets kündigen sollen. Das sei nach jetzigem Stand nicht erforderlich, betont der Sprecher. Da noch keine weiteren Eckdaten vorlägen, sollten die Fahrgäste in jedem Falle erst einmal abwarten.

Für Missverständnisse sorge allein der Name, so Kollmann. Anders als viele glaubten, sei nicht etwa gemeint, dass man 90 Tage lang für neun Euro den ÖPNV Nahverkehr nutzen könne. Das Monatsticket, also 30 Tage, solle neun Euro kosten und das über drei Monate hinweg. Dennoch klinge das Angebot vielversprechend.

Ticket soll auch einen Anreiz zum Umstieg auf Bus und Bahn bieten

Mit „9-für-90“ dürfte auch ein Anreiz einhergehen, auf Bus und Bahn umzusteigen, sagt Kollmann. Während der Pandemie waren die Fahrgastzahlen der Verkehrsbetriebe eingebrochen. Belastbare Prognosen, welchen Zuspruch das Ticket finden werde, gebe es allerdings nicht. Es könne auch zu einer Belastungsprobe für die Kapazitäten der Verkehrsbetriebe werden. Jedes Unternehmen habe nun mal nur eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen und Personal.

Verkehrsbetriebe drücken aufs Tempo

Der Verband der Verkehrsunternehmen drückt aus Tempo und fordert, dass die Betriebe schon bis zum 1. Mai die Millionenbeträge als Ausgleich bekommen, um finanzielle Engpässe zu vermeiden.Zu dem Entlastungspaket der Bundesregierung gehört zudem, die Energiesteuer auf Kraftstoffe abzusenken. Zudem ist noch die Zahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro vorgesehen.

Ein Starttermin für das neue Ticket sei bislang noch offen. Man gehe aber immer stärker davon aus, dass es der 1. Juni sein könne. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen habe dieses Datum jüngst genannt und erklärt, dass bis dahin alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen sein könnten. Allerdings sieht der Verband auch noch offene Fragen, etwa, ob alle Fahrkarten einen entsprechenden Rabatt bekommen sollen. Schließlich gebe es eine große Bandbreite an unterschiedlichen Tickets.

Fragen nach Geltungsbereich des geplanten Tickets

Ungeklärt scheint auch noch der Geltungsbereich zu sein, sagt Christoph Kollmann. Dürfen die Kunden beispielsweise damit im gesamten Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr unterwegs sein oder gilt das Ticket sogar für ganz Deutschland? Hier warte man noch auf Antworten.

Kunden bewege auch die Frage, wo und ab wann sie die 9-Euro-Tickets kaufen können. In der Branche bestehe der Wunsch, dass der Erwerb eben nicht nur online erfolgen solle, sondern auch am Automaten oder in Kundencentern. Denn zahlreiche Menschen seien nun mal nicht mit dem Internet vertraut oder nähmen überhaupt keine digitalen Angebote in Anspruch.

Die Verkehrsbetriebe gehen davon aus, dass mit den preiswerten Tickets zusätzliche Verluste einfahren werden. Hier kommen Millionenbeträge auf die heimischen Verkehrsbetriebe zu. Für einen Ausgleich soll der Bund sorgen, der das Geld an die Länder weitergibt, die für den öffentlichen Nahverkehr zuständig sind.