Essen. Das geplante 9-Euro-Nahverkehrsticket aus dem Entlastungspaket des Bundes soll für alle Abo-Kunden im VRR automatisch gültig werden.

Das geplante 9-Euro-Nahverkehrsticket aus dem Entlastungspaket der Bundesregierung soll für alle Abo-Kunden des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) automatisch gültig werden. „Unser Ziel ist es, dass unsere Bestandskunden gar nichts machen müssen und es zu einer automatischen Rückerstattung oder Gutschrift kommt“, sagte VRR-Vorstandsmitglied José Luis Castrillo am Dienstag bei der Vorstellung der VRR-Bilanz.

Ausnahmslos alle Abokunden sollen in den Genuss kommen

Castrillo betonte, dass ausnahmslos alle Dauerkartenbesitzer im VRR-Bereich in den Genuss des stark rabattierten Drei-Monats-Tickets kommen sollen, also auch Schüler, Studierende, Senioren und Besitzer von Jobtickets. Für Neu- und Gelegenheitskunden werde an einer Möglichkeit gearbeitet, das Ticket eingeschränkt auch in nichtdigitaler Form etwa am Ticketautomaten erwerben zu können. An den Details werde gerade gearbeitet. Als Startzeitpunkt für das „9 für 90“-Ticket hält der VRR den 1. Juni für realistisch. Abhängig sei der Einführungstermin jedoch von den derzeit noch laufenden Gesprächen zwischen Bund und Ländern.

Start am 1. Juni denkbar

Das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr ist Teil des Ende März beschlossenen Energie-Entlastungspakets der Bundesregierung. Mit dem milliardenschweren Entlastungspaket will die Bundesregierung die Preissteigerungen bei den Energiekosten abmildern. Das ÖPNV-Monatstickets für 90 Tage für nur neun Euro soll mindestens verbundweit gelten. VRR-Manager Castrillo deutete an, dass der Geltungsbereich - abhängig vom Ergebnis der Bund-Länder-Beratungen - auch auf das Land oder sogar auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden könnte.

Die Folgen der Pandemie

Weitgehend unstrittig ist, dass der ÖPNV zu den großen Verlierern der Pandemie gehört. Lockdowns, Homeoffice und die Sorge vieler Menschen, sich in Bussen und Bahnen trotz Maskenpflicht zu infizieren, führten 2020 und 2021 zu teils dramatischen Fahrgast-Rückgängen. Im VRR-Gebiet scheint nun zumindest die Wende geschafft. „Wir erholen uns ganz langsam. Die Fahrgäste kommen zurück – auch im ersten Quartal dieses Jahres“, sagt VRR-Manager Castrillo. Viele Pendler sind aber offenbar noch zurückhaltend. „Die Kunden finden den Weg zurück derzeit eher über Bartarife, nicht automatisch über das Abo“, so Castrillo.

Große Finanzlücke

Wenig überraschend schlagen die Corona-Folgen auf die Bilanz des VRR durch. 2021 ging der Ticketumsatz um knapp 49 Millionen Euro auf insgesamt 1,048 Milliarden Euro zurück – ein Minus von 4,5 Prozent im Vergleich zum ersten Pandemie-Jahr 2020. Dennoch sei die Entwicklung positiver als zu Beginn des vergangenen Jahres prognostiziert. Positiv: Wie schon 2020 werden die Einnahmeausfälle von Bund und Land mit Hilfe des Corona-Rettungsschirms weitgehend aufgefangen.

15 Millionen Euro mehr für Bahnstrom

Auch die rasant steigenden Energiekosten machen dem VRR schwer zu schaffen, denn er ist für seine Regionalbahnen direkt zuständig. Im vergangenen Jahr musste der Verbund im regionalen Schienenverkehr ungeplant rund 15 Millionen Euro mehr für Bahnstrom ausgeben – Geld, das eigentlich nicht da ist und nur aus den üblichen Pauschalen der Bund-Länder-Förderung genommen werden konnte. Mit dem NRW-Verkehrsministerium wolle man nun über mögliche Entlastungen sprechen. Dass die höheren Energiekosten an die Fahrgäste in Form höherer Tarife weitergereicht werden, schließt VRR-Vorstandssprecher Ronald Lünser nämlich aus. „Mit Preiserhöhungen ist das nicht zu kompensieren“, sagt er.

Der Ausblick

Der Nahverkehr gilt als die tragende Säule, um die Mobilität in Deutschland klimaschonend zu gestalten. Doch: Mehr Fahrgäste bedeuten mehr Fahrzeuge, umweltfreundliche Antriebe und deutlich mehr Personal. Der Branchenverband VDV kalkuliert dafür bundesweit mit fast elf zusätzlichen Milliarden Euro bis 2030. Fast ein Viertel dieser Summe entfalle auf den VRR, heißt es beim Verbund. „Mit der heutigen Finanzierungsstruktur werden die ambitionierten Ziele nicht erreichbar sein“, sagt VRR-Mann Castrillo. Die Finanzierung des ÖPNV durch die Kommunen sei „weitestgehend ausgereizt“.