Witten. Die 85 Mitarbeiter von Real in Witten wissen nicht, wie es beruflich für sie weitergeht. Wer zudem von dem Aus für den Standort betroffen ist.

Während die 85 Real-Beschäftigten in Annen mit der quälenden Ungewissheit leben müssen, wie es für sie nach der Schließung des Marktes Ende Mai weitergeht, sind auch andere Geschäftsleute in Sorge. Die Händler, die im Foyer von Real ein Ladenlokal betreiben, stehen vor einer unsicheren Zukunft. In Läden an der Annenstraße geht außerdem die Sorge um, dass demnächst Kunden ausbleiben könnten.

Verdi-Vertreter kritisiert Gebaren der Konzerne

Für den Verdi-Gewerkschaftssekretär Heino-Georg Kassler ist es „ ein Trauerspiel“, dass zwar offenbar ein Unternehmen bereitstehe, den Standort von Real in Annen zu übernehmen, den Beschäftigten aber trotzdem gekündigt werde. Sicherlich sei ein Sozialplan mit Abfindungen vereinbart worden, die sich nach der Anzahl der Beschäftigungsjahre richten. Doch „die Frauen und Männer verlieren nun mal ihren Arbeitsplatz“, sagt Kassler.

Damit seien auch die Eingruppierungen bei der Bezahlung plus die Stellung im Unternehmen nur noch Makulatur. „Die Beschäftigten fragen sich jetzt, gerade die älteren unter ihnen, welche Perspektiven ihnen der Arbeitsmarkt bieten kann.“ Auf ein Nachfolgeunternehmen zu setzen, biete sich nach dem jetzigem Stand der Dinge wohl kaum an. Wann ein Nachfolger Einzug halte, sei scheinbar noch vollkommen offen, erklärt der Verdi-Gewerkschaftssekretär. Deutschlandweit sei für rund 50 Real-Märkte noch unklar, was auf sie zukomme.

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Rund ein Drittel Vollzeitstellen

Nach Einschätzung von Verdi hat rund ein Drittel der Real-Beschäftigten in Annen eine Vollzeitstelle, die übrigen Mitarbeiter seien in Teilzeit tätig. Der Markt wurde 2006 eröffnet und folgte auf den US-amerikanischen Einzelhandelskonzern Wal Mart.Laut Arbeitsagentur ist die Dauer des Bezugs des Arbeitslosengeldes vom Alter der Mitarbeiter abhängig und liegt zwischen zwölf und 24 Monaten. Betroffene erhielten 63 Prozent des vorherigen Lohnes. Falls der oder die Beschäftigte ein oder mehrere Kinder habe, seien es 67 Prozent, so Agentur-Sprecher Ulrich Brauer.

Die zuständige Hagener Agentur für Arbeit will wahrscheinlich schon in der kommenden Woche Kontakt mit der Geschäftsleitung des Annener Marktes aufnehmen, so Sprecher Ulrich Brauer. Angesichts der Größenordnung „hätten wir vor Corona Termine direkt vor Ort angeboten“.

Angesichts der Pandemie sollen die Gespräche, wenn möglich, mit den Betroffenen online ablaufen. Ermittelt werden soll, welche Qualifikationen die Beschäftigten vorweisen, um dann nach freien Stellen zu suchen oder auch zusätzliche Schulungen zu vereinbaren. Brauer: „Passt beispielsweise die jahrelange Tätigkeit an der Fleischtheke oder bei Obst und Gemüse zu dem Angebot eines möglichen neuen Arbeitgebers?“

Branche hat derzeit nur eine sehr begrenzte Zahl an freien Stellen

Laut Brauer sind dem „Vermittlungsgeschäft“ Grenzen gesetzt. Die Lebensmittelbranche gelte zwar als einer der Gewinner der Corona-Krise. Dies bedeute aber längst nicht, dass in der Branche derzeit Jobs im Übermaß unbesetzt seien. Etwas mehr als 50 offene Stellen seien bei der Arbeitsagentur für die Sparte Verkauf gemeldet. „Wir wollen natürlich alles unternehmen, um den Menschen zu helfen -von der Beratung bis hin zum Bewerbungstraining“.

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Große Unsicherheit herrscht derzeit auch in den Shops, die im Eingangsbereich des Real-Marktes liegen. Die Bandbreite reicht vom Blumen- und Zeitschriftengeschäft über Feinkost und Frisör bis hin zur Apotheke. Die Geschäftsleute haben, wie zu erfahren war, noch keine offizielle Mitteilung dazu erhalten, was sie ab Juni erwartet. Weitermachen möchten sie schon, das lohne sich aber nur, wenn die rund 5000 Quadratmeter große Real-Verkaufsfläche mit neuem Leben gefüllt werde, betont ein Kaufmann. Die betroffenen Händler versuchen derzeit Licht ins Dunkel zu bringen. Die Zeit drängt. In etwa viereinhalb Monaten gehen bei Real die Lichter aus.

Händler in Witten-Annen befürchten erhebliche Einbußen

„Die Schließung wird für uns mit Sicherheit Folgen haben“, sagt Barbara Psyk vom Fachgeschäft für „Schlesische Spezialitäten“ an der Annenstraße. Seit der Eröffnung vor acht Jahren verbinden „viele Kunden einen Besuch von Real mit einem Einkauf hier“, sagt die 58-Jährige. Sollte der Kundenstamm ausbleiben, müsse man mit Einbußen rechnen. „Schade, sehr schade, dass es mit dem Markt ein Ende hat“, sagt Marlies Ziegler, Clubmanagerin im Fitness-Studio Mrs. Sporty. Bedauerlich sei es in erster Linie für die Beschäftigten. Umliegende Geschäfte könnten das Aus aber auch zu spüren bekommen. Manche Gäste ihres Studios würden den Aufenthalt ebenso gerne mit einem Einkauf bei Real verbinden. Athanasios Mitakos vom „Athen-Grill“ bleibt indes zuversichtlich: „Was wir natürlich brauchen, ist eine gute Nachfolgelösung.“