Wattenscheid-Leithe. Hinter der Arbeit mit den Tieren auf dem Gnadenhof Wattenscheid steht viel Verwaltung und finanzieller Druck. 1500 Euro kostet schon das Futter.
„Bis November haben wir Zeit, Geld zu verdienen“, das sagt Karin Jericho sehr trocken. Der Gnadenhof an der Leither Straße ist bekannt, es gab gerade in jüngster Zeit viele Anfragen von Kindertagesstätten oder sogar Senioreneinrichtungen. „Und wir würden auch gern mehr auf dem sozialen Sektor machen, gerade auch für Leute mit wenig Geld“, aber das bringt auch kein Geld ein. „1500 Euro kostet allein das Futter im Monat“ hält die ehrenamtliche Leiterin dagegen.
Es wäre möglich, auch behinderten Besuchern den Umgang mit den Tieren zu zeigen und näherzubringen, denn Karin Jericho kann sogar therapeutisches Reiten für eine tiergestützte Intervention durchführen, sprich: im Schritt-Tempo auf geduldigen Pferden ein erstes Schnuppern für Nichtreiter anbieten.
Die Zukunft des Gnadenhofs in Bochum ist ungewiss
Das Gespräch kreist immer wieder ums Geld, denn es gibt sie, die fleißigen Spender und die Paten, die sich sogar zur ständigen Übernahme eines Kostenbeitrags verpflichtet haben, aber dafür fällt ein immenser Verwaltungsaufwand an. Die Paten wollen ihre Schützlinge natürlich auch besuchen, das will organisiert sein, und seit knapp einer Woche ist erst wieder etwas mehr möglich in der Corona-Zeit.
Für größere Gruppen mit Kindern oder Behinderten wären zudem Toiletten auf dem Gelände nötig, und außerdem müssten zwei Betreuer für mindestens eine Stunde abgestellt werden. „Dann ist das für Nüsse“, fasst Jericho schulterzuckend zusammen.
Tiere sind nicht vermittelbar
Rund 10.000 Euro müsste der Gnadenhof in vier Monaten ansparen, um einigermaßen durch den Winter zu kommen. Wenn nichts dazwischen kommt, denn immer wieder passiert Unvorhersehbares. So ist nicht einmal ganz klar, ob das Gelände noch im Landschaftsschutzgebiet oder schon im Mischgebiet laut Kataster liegt. Ob die „Aufbauten“ für Menschen und Tiere stehen bleiben können, weiß noch niemand.
„Was aber auch kaum einer weiß: Wir bekommen keine Zuschüsse, werden nicht von der Stadt finanziert“, stellt Jericho klar, „wir müssen uns um alles selbst kümmern.“ Kommt es dicke, wird festgeschrieben, dass sie hier nur 2,7 Pferde halten dürfen. „Und dann? Die Tiere sind nicht vermittelbar, dann müssen sie zum Schlachter“, sagt sie bitter.
Die bunte Herde auf dem Gnadenhof
Vier große Pferde, sieben Ponys, vier Ziegen, zwei Gänse, dazu Stallkatzen und Kaninchen zählen zum festen Stamm der bunten Tierwelt.Angeboten werden sollen hier auch Erwachsenenkurse, aber deutlich „ohne Reiten“, also, um den Menschen die Angst vor großen Tieren zu nehmen und Verständnis zu entwickeln.Ein Ferienprogramm gibt es 2021 nicht: Es gibt keine Helfer für die Begleitung.
„Wir“ heißt, sie hat ein Team von ebenso ehrenamtlichen Helfern, denen der Gnadenhof und seine Bewohner ans Herz gewachsen sind. Aber alle Werbung bei Facebook und per Kleinanzeigen hat nicht so recht gefruchtet.
„Es kamen ein paar, die konnten vielleicht gerade beim Misten helfen, aber niemandem das Besondere am Umgang mit Pferden erzählen“, und so blieb es bisher bei der unermüdlichen Handvoll von Aktiven.
Karin Jerichos Blick geht langsam, aber zwangsläufig über die Grenzen des Grundstücks und über die Stadtgrenzen hinaus. „Wenn es weiter so läuft, müssen wir uns nach einer neuen Adresse umsehen.“ Vielleicht um einige Kilometer weiter südlich, „Elfringhausen? Wodantal? Da muss es doch ‘was geben“, träumt sie.