Bochum-Wattenscheid. Am Watermanns Weg Bochum reißen die Anwohnerbeschwerden nicht ab. Sie sehen den Grund in den Arbeiten zur Abwassertrennung am Wattenscheider Bach.
Das Jahrhundertprojekt der Emschergenossenschaft (EGLV) kostet Willi Litzbarski und zahlreiche andere Anwohner ganz viele Nerven. Denn für sie hängen die Auswirkungen auf ihre Häuser im Bereich Watermanns Weg praktisch seit Beginn der Arbeiten hier im Zuge des Emscher-Umbaus direkt damit zusammen. Dass die alte Köttelbecke, der Wattenscheider Bach, hier in naher Zukunft abwasserfrei sein wird, tröstet ihn keineswegs.
„Die Probleme reißen seit dem Baustart hier durch die Emschergenossenschaft einfach nicht ab. Wir wohnen hier seit Jahrzehnten, doch so etwas gab es noch nicht.“ Massiver Wassereinbruch in den Häusern machte den Anwohner erst kürzlich schwer zu schaffen. „Das Wasser ist im Keller, drückt durch alle Leitungen hoch. 16 Häuser sind betroffen“, so Willi Litzbarski. Anwälte wurden eingeschaltet.
Lange Beschwerdeliste der Anwohner
Die Liste der Anwohnerbeschwerden ist lang seit dem Baustart. Zunächst seien die Brunnen in den Gärten in der Nachbarschaft trocken gefallen. Dann seien Lärm und Staub durch die Arbeiten der Bautrupps enorm geworden. Dagegen ließ die EGLV dicke Kunststoffmatten an die Bauzäune hängen und richtete Wälle aus Fertigelementen auf.
Heftiger Wassereinbruch und große Risse
Massiver Wassereinbruch in den Häusern machte den Anwohnern zuletzt schwer zu schaffen. Es gibt dicke Risse in Wänden und Böden. „Einige Häuser kippen, sacken teilweise ab.“ Hinzu komme immer wieder der Streit mit der Bauleitung vor Ort. Zuletzt wurden Bauzäune so aufgestellt, dass einige Anwohner nicht mehr in ihre Garagen kamen. „Es ist einfach unerträglich, wie hier vorgegangen wird. Auf uns Anwohner wird keine Rücksicht genommen“, so Willi Litzbarski. Die Anwohner sehen die Ursachen dafür in den Bauarbeiten durch die Emschergenossenschaft, an die man sich zwar gewandt habe, „doch ohne Ergebnis“.
Bochumer beklagen Überflutungen in den Kellern
Durch die Arbeiten für den Abwassersammler im Untergrund könnten aus technischer Sicht keine gravierenden Veränderungen am Grundwasser eintreten, meint die Emschergenossenschaft. Und die Kanalexperten im Rathaus Bochum pflichteten dem bei: Die Grube sei praktisch abgeschlossen, die Wasserführung werde nicht beeinträchtigt.
Willi Litzbarski und andere Anwohner kritisieren aber, dass es immer wieder zu Überflutungen in einigen Kellern der Häuser am Watermanns Weg kommt, und sagen, dass schon Schäden an den Fundamenten und der Substanz der Gebäude verursacht worden seien. „Das hat es hier in 50 Jahren nicht gegeben, erst seit die Arbeiten am Wattenscheider Bach laufen. Und wir haben hier so viel renoviert und saniert in unseren Häusern.“
Kontroverse um die Hintergründe
„Dicke Risse in den Wänden und zuletzt heftige Wassereinbrüche im Keller, auch bei den Nachbarn. So was gab es vorher hier nicht – soviel zur Ursache des Übels. Und ich wohne schon lange sehr hier; darunter leidet unsere Lebensqualität extrem. Das Schlimme ist, dass die Emschergenossenschaft das nicht einsieht.“
Für die Veränderungen führt die Emschergenossenschaft physikalisch-technische Erklärungen ins Feld. „Früher hat es praktisch keinen Rückstau in den Abwasserleitungen gegeben“, erklärt Unternehmenssprecher Ilias Abawi, „es floss ungehindert in eine Richtung. Mit dem geschlossenen Kanal im Zuge des Emscher-Umbaus ist die maximale Durchflussmenge durch die Dimension der Rohre irgendwann erreicht, dann entstehen Rückstaus.“
Das müsse Hausbesitzern allerdings auch klar sein, mit einer Änderung der Ortssatzung seien sie seit Jahren gehalten und verpflichtet, Rückstauklappen in den Kellern einbauen zu lassen.
Besondere Umstände im Ruhrgebiet
Aufgrund der besonderen Situation im Ruhrgebiet mit seiner hohen Bevölkerungsdichte, dem hohen Grad an versiegelten Flächen, einem enormen Schadenspotenzial und der Belastung durch Bergsenkungen sieht die Emschergenossenschaft gerade beim Thema „Rückhalteräume“ Handlungsbedarf.Die Flächenknappheit sei ein Problem, neue Formen der gemeinsamen Flächennutzung von Landwirtschaft und Wasserwirtschaft müssten kommen.
„Aber darauf wollen wir uns gar nicht berufen“, macht Abawi auch klar. „Denn wir haben die hydraulische Leistung der Rohre, also die Abflussmengen, exakt beibehalten. An den beiden Stellen, wo wir praktisch die Übergabe von Emschergenossenschaft an die Stadt Bochum haben, sind jetzt an der Sammel-Leitung von 900 Millimetern Durchmesser sogar zwei mit Profilen von 600 und 400 Millimetern verbaut. Vorher waren es Dimensionen von 200 und 800 Millimetern.“
Die EGLV sei mit den Anwohnern in Kontakt. „Es fällt auf: Wo es in jüngster Zeit zu Problemen gekommen ist, sind keine Rückstauklappen verbaut worden“, ist die Überzeugung des Unternehmens.