Velbert. Thomas Gabelin wurde im Konzentrationslager geboren. Seine Geschichte, die an einem der grausamsten Orte der Welt begann, teilt er mit Schülern.
Geboren in Theresienstadt, in Kleidung gesteckt, die zuvor Kinder trugen, die aus der Ghettostadt nach Auschwitz deportiert wurden. Es sind Bilder, die Thomas Gabelin zeichnet, die auch heute, 80 Jahre später, die Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule an der Poststraße tief betroffen machen.
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Thomas Gabelin, am 21. Dezember 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt geboren, hat zwar an die schreckliche Zeit keine eigenen Erinnerungen, aber die seiner Familie zusammengetragen – gemeinsam mit Louis Pawellek, dem Autor des Buches „Es gab mehr als nur Auschwitz – Gedenkorte, die nie in Vergessenheit geraten dürfen“. Darin gibt es auch ein Kapitel über das KZ und Ghetto Theresienstadt. Eben das, in dem Thomas geboren wurde.
Thomas Gabelin berichtet Velberter Schülern, wie er im KZ Theresienstadt geboren wurde
Auch wenn die Schüler die Geschichte der Judenverfolgung, der Konzentrationslager und der massenhaften Hinrichtungen aus dem Unterricht kennen, machen die gesammelten Erinnerungen von Thomas Gabelin sprachlos, fassungslos, wütend.
Er berichtet von Propagandalügen – wie dem Ghettogeld, das extra ausgeteilt wurde, als das Internationale Rote Kreuz einen Besuch ankündigte. Davon, dass auch extra davor Läden eröffneten, in denen die Häftlinge augenscheinlich sich von dem Geld etwas kaufen konnten. Und auch, dass die Menschen, die besonders schwach, krank und ausgemergelt waren, vorher nach Auschwitz deportiert worden waren. „Mit dem Geld konnte man sich nichts kaufen“, sagt er. „Das war alles nur eine Lüge.“ Genau wie der Film „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt.“ Hier wurden Menschen bei der Gartenarbeit gezeigt, Menschen, die durch die Stadt schlendern oder bei einem Orchesterbesuch. „Das gab es alles nicht – nur das Orchester, das gab es wirklich“, sagt Thomas Gabelin trocken und ergänzt: „Direkt nach dem Dreh wurden alle Menschen, die in dem Film zu sehen waren, nach Auschwitz gebracht und ermordet.“ Damit niemand über die Lügen berichten konnte.
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Theresienstadt, war „der Vorhof zur Hölle“, erzählt der heute 80-jährige Zeitzeuge. „Denn hier wurden Menschen nicht wie in Auschwitz hingerichtet.“ Dennoch starben hier 33.000 Menschen, beispielsweise durch Krankheiten oder vor Erschöpfung. Und von 9000 Kindern, die in Theresienstadt waren, überlebten nur 100, unter ihnen Thomas Gabelin.
Die Geschichte darf sich nicht wiederholen
Kurz vor dem Kriegsende fuhren unzählbar viele Züge ins Ghetto: „Bei der Öffnung der verplombten Abteile zeigte sich ein Menschenhaufen, eine Fracht von Menschen, einige mehr tot als lebendig unter unzähligen Leichen.“ Nach der Befreiung ging die Familie Gabelin in ihre Heimatstadt Paderborn zurück. „Meine Mutter wog nur noch 35 Kilo“, erzählt Thomas Gabelin. Für alle, die aus den Konzentrationslagern befreit wurden, gab es Sonderausweise für die Essensausgabe. Seine Mutter hat den Ausweis „freudig in der Luft geschwenkt und ist an den ganzen Nazifrauen vorbeigelaufen.“ Kurz schweigt Gabelin. „Sie sagte immer, das sei das erste Mal in ihrem Leben gewesen, dass sie bevorzugt behandelt wurde, das hat sie sichtlich genossen.“
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Es sind Erinnerungen, die Thomas Gabelin heute mehr denn je mit den jungen Menschen teilen möchte. Und so liest er einen Absatz aus dem Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. „Kommt euch das irgendwie bekannt vor?“, schließt er. „Passt auf, was mit unserem Land passiert“, mahnt er. „Es gibt kein deutsches Blut, sondern nur Menschen.“ Und so bittet er: „Schaut auf den Menschen und nicht auf seinen Background. Die Geschichte darf sich nicht wiederholen.“
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