Velbert. In Velbert wird über Errichtung einer großen Flüchtlingsunterkunft entschieden. Diese finanziellen und sozialen Auswirkungen könnte dies haben.
Die von der Bezirksregierung geplante Errichtung einer Landesunterkunft für geflüchtete Menschen auf dem Gelände des ehemaligen Seniorenzentrums Wordenbecker Weg bewegt die Gemüter in Velbert. Doch ob die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für bis zu 600 Flüchtlinge wirklich nach Velbert kommt, entscheiden in Kürze die Ratspolitiker. Am Donnerstag, 6. Februar, stimmen zunächst die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses in einer Sondersitzung ab, bevor dann der Rat am Dienstag, 18. Februar, das letzte Wort hat.
Stadtverwaltung Velbert legt umfangreiches Papier vor
Die Stadtverwaltung hat zu beiden Sitzungen ein umfangreiches Papier vorgelegt, das vor allem die Vor-, aber auch einige Nachteile der Entscheidung für die Errichtung der ZUE auflistet.
Größter Vorteil für die Stadt Velbert ist aus Sicht der Verwaltung eine Ersparnis von 40 bis 50 Millionen Euro ab dem kommenden Jahr, auf zehn Jahre gerechnet sind dies rund fünf Millionen Euro pro Jahr. Die Flüchtlinge in der Landesunterkunft werden voll auf das Kontingent der Stadt angerechnet, sodass Velbert ab Eröffnung der Unterkunft bis zu 600 Flüchtlinge weniger unterbringen muss.
Keine Einrichtungen am Lindenkamp und in Langenberg
Daher müssten die beiden Containerunterkünfte Uferstraße und Lindenkamp nicht errichtet werden. Mit Anschaffungskosten, laufenden Betriebskosten, Abschreibung und Zinsen müsste Velbert pro Jahr rund 4 Millionen Euro weniger berappen. Und weitere 1,1 Millionen könnten jährlich für Leistungen an Asylbewerber eingespart werden.
Kinder besuchen keine Schule
Abgesehen von den Finanzen sieht die Stadtverwaltung aber noch weitere Vorteile. Da die Kinder in der ZUE eine Art Betreuung und Unterricht (eine allgemeine Schulpflicht besteht für sie nicht) erhalten sollen, würden die Kindergärten und Schulen vor Ort entlastet. Wenn die Flüchtlings-Einrichtung am Hixholzer Weg nach dem Brand wieder saniert ist und die Unterkunft in der Heeger Straße in Langenberg bezogen ist, kann laut Verwaltung die Turnhalle Fontanestraße leer gezogen werden, dort ist dann noch in diesem Jahr wieder normaler Sportbetrieb möglich.
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Weniger Druck auf den Wohnungsmarkt
Derzeit sind in Velbert 1013 Flüchtlinge in städtischen Unterkünften und angemieteten Wohnungen untergebracht (zum Vergleich: im deutlich kleineren Heiligenhaus sind es 406), jährlich müsse nach dem Verteilungsschlüssel mit 230 weiteren Zuweisungen gerechnet werden, so die Verwaltung. Ein Teil dieser Menschen wechselt nach drei Jahren oder nach Asylanerkennung vor Ort in eine Wohnung, die auch in Velbert Mangelware sind. Die Menschen aus der ZUE werden hingegen auf andere Städte verteilt werden.
Mehr Blaulichteinsätze
Die Bewohner der ZUE werden vermehrt in den Einkaufszentren rund um den Wordenbecker Weg anzutreffen sein und sie werden wohl auch die Freizeiteinrichtungen in der Umgebung nutzen. Nach Erfahrungen der Bezirksregierung kommt es an den Unterkünften vermehrt zu Blaulichteinsätzen, sei es durch Auseinandersetzungen auf dem Gelände, Rettungseinsätze oder Fehlmeldungen von Brandmeldeanlagen.
Die Stadtverwaltung legt noch einmal dar, warum die Anlage am Wordenbecker Weg als ZUE infrage kommt. Nach der Insolvenz von Heimbetreiber und Immobilienbesitzer vor zwei Jahren sei es nicht gelungen, einen Investor zu finden, der die für den Betrieb einer Senioreneinrichtung notwendigen Sanierungen finanzieren wollte. Mit der ZUE würde Leerstand und weiterer Verfall vermieden.
Betreuung rund um die Uhr
Der Betrieb der ZUE liegt in Händen der Bezirksregierung, die für die Unterbringung und Versorgung Dienstleister beauftragt. Die Eröffnung ist für 2026 geplant. In der Unterkunft werden die Menschen auf dem umzäunten Gelände rund um die Uhr betreut. Sie erhalten Verpflegung, Kleidung und Unterstützung bei Behördenterminen und auch medizinische Hilfe, jedoch keine weitergehende psychologische Betreuung. Die Bezirksregierung plant folgenden Personaleinsatz: vier Verwaltungskräfte tagsüber, sechs Beschäftige im Sicherheitsdienst 24/7, eine soziale Betreuung von acht Personen tagsüber, sechs am Wochenende sowie immer drei nachts.
Sollten die politischen Gremien nicht zustimmen, würde der alte Ratsbeschluss weiter gelten und es würden die Containereinrichtungen in Langenberg und am Kostenberg gebaut.
SPD will dagegen stimmen
Unterdessen hat die SPD-Fraktion im Velberter Stadtrat bereits mitgeteilt, dass sie gegen die ZUE am Wordenbecker Weg stimmen werde. „Unsere Position war stets, Geflüchtete möglichst dezentral im Stadtgebiet unterzubringen. Dieser Ansatz wurde auch von den meisten Fraktionen im Stadtrat geteilt“, stellt der Fraktionsvorsitzende Rainer Hübinger fest. Eine Einrichtung in der geplanten Größe, mitten im Wohngebiet, widerspreche diesem Ansatz.