Velbert. Immer mehr junge Velberter Menschen entscheiden sich, Bestatter zu werden. Trotz der Trauer und Endlichkeit begeistert sie gerade diese Aufgabe.
Was treibt junge Menschen in Velbert an, sich mit dem letzten Weg der Verstorbenen zu beschäftigen? Während der Bestatterberuf für viele zunächst abschreckend oder sogar unheimlich erscheinen mag, sehen gerade junge Menschen hier eine sinnvolle und erfüllende Aufgabe.
„Noch nie zuvor hat jemand in meinem Umfeld ein Praktikum bei einem Bestattungsinstitut gemacht“, erzählt der 18-jährige Marlon Brill, der gerade sein Langzeitpraktikum beim Bestattungsinstitut Velleuer in Velbert absolviert. „Aber ich habe gemerkt, dass ich das Feingefühl dafür habe und das kann.“ Anstatt vor dem Thema Tod zurückzuschrecken, sieht Marlon darin eine Chance, Mitgefühl und Respekt zu zeigen.
Die Bestatterbranche wird bei Velbertern immer beliebter
Denn für ihn ist der Tod auch etwas, womit man zwar konfrontiert wird, aber damit umzugehen lernt. „Wenn man spazieren geht und einen toten Vogel sieht, ist die erste Reaktion, dass man sich erschreckt. So ging es mir auch als ich zum ersten Mal einen verstorbenen Menschen gesehen habe.“
Auch der 25-jährige Leo Karrenberg hat die Ausbildung zum Bestattungsfachkraft mitten in der Corona-Pandemie begonnen und ist seit 2023 Teil des Teams bei Velleuer. „Kein Tag ist wie der andere, das macht den Beruf sehr abwechslungsreich“, sagt er. Für Leo liegt der Reiz vor allem im Kontakt mit den Menschen in Trauersituationen. „Meine Menschenkenntnis hat mich sensibilisiert, denn man bekommt ein Gespür dafür, wie man mit dem Thema Trauer umgeht.“
Der Kontakt mit den Menschen bringt Freude
Leos Zuständigkeitsbereich fällt in die Angehörigenbetreuung. Er organisiert Gespräche und Beerdigungen und findet, dass er dadurch offener und liberaler geworden ist, was den Tod angeht. „Ich habe weniger Angst davor,“ sagt er. „Der Beruf hat mir gezeigt, dass der Tod zum Leben gehört und etwas natürliches ist.“
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Das Bestattungsinstitut Velleuer in Velbert existiert seit 1796
Das Bestattungsinstitut Velleuer hat eine lange Tradition in Velbert. Es wurde bereits im Jahr 1796 gegründet und feiert damit in diesem Jahr sein 228-jähriges Bestehen. Inhaber Christian Stotzka hat den Familienbetrieb übernommen und sieht seinen Job als Traumberuf an.
Angehörige dürfen auch kreativ sein
In den Räumen des Instituts spürt man die Offenheit und Modernität, die Stotzka und sein Team pflegen. Die Wände sind hell gestrichen, das Mobiliar wirkt gemütlich und einladend. „Viele Leute legen noch Wert auf das Traditionelle“, erklärt Stotzig und blickt an sich selbst herunter auf seinen schwarzen Anzug. „Aber sobald wir ins Gespräch mit den Angehörigen kommen, wünschen sie sich oft etwas mehr Freude, um das Leben des Verstorbenen zu würdigen.“
Das zeigt sich dann auch in der Gestaltung der Trauerfeiern. „Wir hatten schon eine Modelleisenbahn in einer Kapelle aufgebaut oder das Pony hat den Sargwagen gezogen. Es ist ganz viel möglich, wenn die Familie mitmacht und kreativ wird.“
Leo Karrenbergs Freunde waren schockiert, als er sich für die Bestattungsbranche entschieden hat und haben nicht verstehen können, warum er den Tod zum Beruf macht. Für ihn stellt sich eher die Frage: „Warum bin ich da nicht schon früher draufgekommen?“ Direkt nach seinem Praktikum hat er den Ausbildungsvertrag unterschrieben.
Empathie und Sensibilität sind Grundvoraussetzungen
Auch der Bestatterverband NRW sieht einen Zulauf an jungen Bewerbern, die sich für den Beruf interessieren. Bevor die dreijährige Ausbildung jedoch losgeht, braucht es zunächst einmal menschliche Kompetenz bei der Beratung und Begleitung von Angehörigen im Trauerfall. „Man braucht eine große Portion Empathie und Sensibilität“, sagt Geschäftsführer Christian Jäger. „Bestatter sind in einem trauerpsychologisch sensiblen Umfeld unterwegs. Die falsche Herangehensweise in einem Trauer‐ beziehungsweise Beratungsgespräch kann dazu führen, dass die Trauerbewältigung von Angehörigen maßgeblich negativ beeinflusst wird.“
Herausforderungen sind Teil des Berufs
Für Marlon und Leo ist Empathie Teil ihrer Eigenschaften. Doch Emotionen völlig auszublenden, ist nicht immer möglich. „Es gibt auch Sternenkinder“, erzählt Marlon. Das sind verstorbene Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. „Das ist schwierig zu verarbeiten und will man auch keinem zumuten.“
Trotz solcher Herausforderungen empfiehlt Marlon ein Praktikum und den Beruf weiter, denn man kann dadurch anderen helfen. „Wenn man sich das zutraut, sollte man es versuchen. Und falls es etwas gibt, das man sich nicht zutraut, dann darf man auch im Bestattungsinstitut etwas anderes machen.“
Leo Karrenberg muss sich verabschieden, denn er muss eine Beerdigung betreuen. Auch das findet er, trotz der traurigen Umstände, sehr spannend. Es ist nun mal Teil seines Berufs, den er nicht bereut.
Wie wird man Bestatter?
Seit 2003 gibt es den bundesweiten Ausbildungsberuf der „Bestattungsfachkraft“. Die duale Ausbildung dauert drei Jahre und vermittelt kaufmännische, organisatorische und rechtliche Kompetenzen. Zusätzlich gibt es eine berufsbegleitende Weiterbildung zum „Geprüften Bestatter“, die sich an Personen mit Vorerfahrung im Bestattungswesen richtet. Für den Einstieg sind neben Empathie und Organisationstalent auch Kenntnisse in Hygiene und Umgang mit Angehörigen wichtig. Weitere Informationen bietet der Bundesverband Deutscher Bestatter.