Velbert. Das neue Rats-TV soll für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz sorgen. In Velbert gibt es aber ein ganz anderes, echt dickes Brett zu bohren.
Die Tage werden bereits wieder merklich kürzer, die Abende und Nächte entsprechend länger. Da fügt es sich, dass jetzt im Spätsommer bzw. Herbst eine neue, in diesem Fall rein lokale Vorabendserie mit 71 Haupt- und Nebendarstellern an den Start geht. In regelmäßigen Abständen, alle paar Wochen, immer dienstags. Die Stadt Velbert führt ein so genanntes Rats-TV ein. Ganz schön kühn. Denn allein schon die öffentlich-rechtliche Konkurrenz ist an dem Wochentag mit „WaPo Berlin“, „SOKO Köln“ und den „Rosenheim-Cops“ nicht von Pappe.
Velbert streamt live ins Internet
Die Wegbereiter – das waren im Stadtrat nahezu alle Fraktionen – versprechen sich vom Rats-TV eine „Stärkung der Bürgerbeteiligung“ und „Transparenz von Entscheidungen“. Das hat wenigstens zwei Haken. Erstens werden die Sitzungen ausschließlich live online gestreamt (und sind im Netz auch im Nachhinein weiter verfügbar), ist dafür also Internet-Fähigkeit vonnöten. Hat aber nicht jeder. Zweitens sind in der Regel die Themen zumeist in mehreren Ausschüssen bereits so ausgiebig erörtert und ventiliert worden, dass in der letzten Runde im Rat der Drops eigentlich schon gelutscht ist. Aber womöglich ändert sich das ja, wenn das Gremium auf Sendung geht ...?
Kreistag hält weiter daran fest
Apropos: Der Mettmanner Kreistag wird seit Oktober 2021 live ins Internet gestreamt und hat schon Fortsetzungen ab 2024 beschlossen. Die jeweiligen Gesamt-Aufrufe lagen bislang im Schnitt bei 880, die Zahl gleichzeitiger Nutzer bei 200 und die Verweildauer bei 21 Minuten. Ob das nun beachtlich oder doch eher dürftig ist? Urteilen Sie doch bitte selbst. Im Neanderland leben rund 490.000 Menschen. Und übrigens: Referenzwerte anderer Kommunen betragen bloß magere fünf bis zehn Minuten.
Künftig im Forum Velbert
Die persönliche Teilnahme an öffentlichen Sitzungen ist natürlich weiterhin möglich. Der Rat verlässt das Historische Bürgerhaus und geht künftig in den großen Saal des neuen Forums. Die Langenberger dürften angesichts dort weit verbreiteter Aversionen gegenüber (der Stadt) Velbert diesen „Verlust“ wohl locker wegstecken können.
Sich für die eigene Stadt interessieren
Das richtig dicke Brett, dass es hier in Velbert zu bohren gilt, heißt allerdings nicht Bürgerbeteiligung oder Transparenz, sondern das ist die Mammut-Aufgabe, dahin zu wirken, dass sich die Bürgerschaft an den Geschicken ihrer Stadt beteiligt, dass sie Anteil nimmt und sich überhaupt wirklich und lebhaft für ihr Velbert interessiert. Also nicht bloß meckern, wie schlimm und aussichtslos doch alles sei – das können ja echt viele hier wirklich ganz super –, sondern einfach mal machen! Am besten womöglich sogar noch selbst!