Velbert. Velberts Trinkwasser wird immer noch gechlort. Die Kontrollen über die Qualität des hiesigen Wassers liegen nicht nur in einer Hand.
Es rieche zumeist gar nicht, jedoch ab und wann in unterschiedlicher Intensität nach Chlor, wenn sie daheim den Wasserkran aufdrehten, berichten wiederholt Velberter Bürger. Tatsache ist: Das Trinkwasser, das in Velbert-Mitte und -Neviges sprudelt, wird gechlort. Und das – abgesehen von einer relativ kurzen Pause zwischen Ende 2017 und Sommer 2018 – „eigentlich auch schon immer“, wie Dr. Kai-Uwe Dettmann jetzt auf WAZ-Nachfrage bestätigte. „Es wird ständig gechlort, mal mehr, mal weniger“, sagt der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke Velbert. Zuletzt sei die Dosierung vor zwei Jahren vorübergehend hochgefahren worden. Da herrschte nicht nur in Langenberg Land unter.
Velberts Quelle liegt in Kettwig
Die Ruhr – aus ihrem Uferfiltrat des Kettwiger Werks der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) stammt Velberts Trinkwasser – hielt es im Juli 2021 ebenfalls nicht mehr in ihrem Bett. Sie trat über die Ufer, so dass die normalerweise übliche Wassergewinnung und -aufbereitung im Tal aus dem Takt war. „Chlorung war in früherer Zeit die einzige Methode, für Reinheit beim Trinkwasser zu sorgen“, berichtet Dettmann. Es sei der chemische Weg, um biologische Bestandteile rauszukriegen: „Chlor tötet letztlich die Mikroorganismen.“
Breites Repertoire bei der Aufbereitung
Das im RWW-Werk gebräuchliche Repertoire umfasse u. a. grobes und feines Rechen, Sandfilterung, Aktivkohlefilter, Sauerstoffanreicherung, Ozon-Zugabe und UV-Desinfektion. Chlor sei lediglich ein Schritt im Ablauf. Bei der Chlorierung, erläutert der Stadtwerke-Geschäftsführer, werde Pulver eingesetzt, „typischerweise zwischen 0,3 und 0,6 Milligramm pro Liter“. Ausgangs des Wasserwerks sei das schon „erheblich reduziert“ auf 0,15 bis 0,2 mg/l. Letztlich werde noch eine so genannte Sicherungs- und Transportchlorierung vorgenommen.
Messwerte weit unter Vorgaben
Man setze die neue Trinkwasserverordnung seit Mitte Juni „vollumfänglich“ um, versichert Dettmann. „Wir veröffentlichen die Prüfberichte, und alle Messwerte sind weit unter den Vorgaben. Definitiv.“ Zudem erfolge regelmäßig eine Abstimmung mit dem Kreis Mettmanner Gesundheitsamt.
Velbert ist kein Einzelfall
„Das Trinkwasser unterliegt regelmäßigen Kontrollen; die Ergebnisse dieser Kontrollen werden dem Gesundheitsamt übersandt, so dass es sofort einschreiten könnte, wenn es erforderlich würde“, bestätigt eine Sprecherin. Die Zugabe von Chlor könne auch im „normalen“ Aufbereitungsprozess notwendig werden: „Velbert ist insofern kein Einzelfall.“
Keine besonderen Vorkehrungen notwendig
Interessant für Verbraucher: „Besondere Vorkehrungen sind nicht zu treffen“, heißt es von Amts wegen. „Die Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung berücksichtigen bereits, dass es Personengruppen gibt, die sensibel reagieren könnten.“ Grundsätzlich sagt das Kreis-Gesundheitsamt zum Einsatz von Chlor: „Die Entscheidung kann das Wasserwerk im Rahmen der Vorgaben der Trinkwasserverordnung treffen. Die Dosierung muss sich im Rahmen der Trinkwasserverordnung bewegen.“ Die Bandbreite hänge u. a. von der Art der verwendeten Stoffe ab. „Wichtig ist, dass die Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung eingehalten werden!“
Keine Bleirohre
„Trinkwasser ist ein Lebensmittel, und es hat Lebensmittelqualität“, betont Kai-Uwe Dettmann. Er verweist überdies darauf, dass die Stadtwerke schon länger keine Bleileitungen mehr hätten. Wenn das bei Kunden zuhause noch der Fall sei, rät er, sollten sie sie austauschen. Falls jemand eine Analyse haben wolle, solle er ein zertifiziertes Labor hinzuziehen. „Man kann natürlich auch erst einmal bei uns nachfragen.“
>>> Fast vier Millionen Kubikmeter im Jahr
Die Stadtwerke Velbert beziehen das Trinkwasser für Velbert-Mitte und -Neviges vom RWW-Wasserwerk Essen-Kettwig. Es kommt durch mehrere Rohre über eine Entfernung von etwa zehn Kilometern mit 200 Metern Höhenunterschied zu den halb dutzend Übergabepunkten und weiter ins örtliche Netz der Stadtwerke. In den beiden Stadtbezirken verbrauchen rund 65.000 Menschen übers Jahr 3,8 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.
Ab Januar übernehmen die Stadtwerke von Gelsenwasser das Langenberger Netz. Aufgrund einer Kooperation zwischen Gelsenwasser und den Stadtwerken Essen kommt das Trinkwasser der Langenberger ebenfalls aus dem Tal der Ruhr.