Velbert. Angesichts rasant steigender Preise wächst die Zahl der Menschen, die sich stark verschulden. Die Schuldnerberatung kann aber nicht allen helfen.
Wenn die Klienten zu Ralf Schwarzbach und seinen beiden Kollegen von der Diakonie Niederberg kommen, sind sie verzweifelt – weil sie die Schulden drücken. „Im Durchschnitt 50.000 Euro Schulden haben die Menschen, die zu uns kommen, stehen im Schnitt bei etwa 20 Gläubigern in der Kreide“, sagt Schwarzbach, der als Schuldnerberater bei der Diakonie Niederberg tätig ist. Und es werden immer mehr. Deshalb fordern Schwarzbach und seine Kollegen landauf landab ein Recht auf Schuldnerberatung für alle und einen Ausbau der Schuldner- und Insolvenzberatung, damit allen Betroffenen schnell geholfen werden kann.
Täglich wenden sich im Durchschnitt fünf Menschen Hilfe suchend an die Velberter Schuldnerberater. „Rund 300 Fälle können wird im Jahr abarbeiten, der Bedarf ist aber viel größer“, führt Schwarzbach aus. Denn nur diese 300 Fälle werden den Schuldnerberatern vergütet.
Recht auf kostenfreie Beratung gefordert
„Wir fordern deshalb ein Recht auf eine kostenfreie Beratung für alle und einen konsequenten Ausbau der Beratungsstellen, mit einer stabilen Finanzierung. Mit der passenden Hilfe können Existenzen gesichert werden“. Rund 90 Prozent der Fälle bei den Velberter Beratern enden in einer Privatinsolvenz. Und wer keinen Platz bei den gemeinnützigen Beratern bekommt, landet in seiner Verzweiflung auch schnell bei professionellen Schuldnerberatern, die für ihre Auskünfte Geld verlangen. Oft sind es Rechtsanwälte, deren Honorar sich dann nach der Höhe der Schulden richtet, um die es dann geht.
Inflationsrate von mehr als acht Prozent
Das Recht auf eine Schuldnerberatung sei umso dringlicher in der heutigen Zeit mit einer Inflationsrate von mehr als acht Prozent. Von der Verschuldung in die Überschuldung sei es, so die Schuldnerberater, manchmal nur ein kleiner Schritt und in Zeiten von rasant steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel und großer Unsicherheit in der Wirtschaft sei dieser schnell getan. „Aktuell bereiten die steigenden Preise vielen Menschen große Sorgen,“ so Fachbereichsleiter Ralf Schwarzbach.
Hohe Kosten für Energie
Die ersten Auswirkungen spüren die Klienten der Beratung bereits. „Wir hatten mehrere Kunden, die wegen Wohnungswechsel schon jetzt ihre Energieabrechnung bekommen haben und ordentlich nachzahlen mussten, in einem Fall sogar 2000 Euro“, berichtet Schwarzbach. Nachzahlungen bei Stromkosten würden bei Hartz IV-Empfängern nicht von den Jobcentern übernommen, die gewährten nur Darlehen, die dann zurückgezahlt werden müssten. Das könne dann bei einigen schwierig werden und neue Schulden verursachen.
Höhere Ausgaben für Lebensmittel
Und dann kommen dazu die gestiegenen Ausgaben für Lebensmittel. „Und plötzlich ist man nicht mehr bloß verschuldet, sondern überschuldet, und damit gefangen in einem Teufelskreis aus Forderungen, die nicht beglichen werden können, Stigmatisierung und Scham,“ so Schwarzbach weiter. Viele ihrer Kunden hätte auch ein soziales Umfeld, das selbst über nur wenig Geld verfügen und sie finanziell in den Notlagen deshalb nicht unterstützen kann.
Immobilienzinsen steigen
Mit Sorge blicken die Schuldnerberater auch auf die steigenden Immobilienzinsen. Wenn die Zinsbindung nach zehn oder 15 Jahre auslaufe, könne es für einige ein böses Erwachen geben – wenn die Immobilienbesitzer dann nämlich die steigende Zinslast nicht mehr schultern können.
Ein wachsendes Klientel in Velbert sind nach Auskunft der Schuldnerberater übrigens Südosteuropäer, die sich in der Stadt angesiedelt haben. „Mit Ihnen ist die Arbeit besonders schwierig, weil sie oft kein Deutsch sprechen und zudem Analphabeten sind“.
Die Schuldner- und Insolvenzberatung der Bergischen Diakonie bietet Hilfe und Unterstützung für Menschen in Velbert und Wülfrath an. Weitere Informationen gibt es auf der unter Bergische-diakonie.de auf der Homepage der Berater.