Langenberg. Das Milchkännchen eröffnete im November 2020 in Langenberg, dann kam der Lockdown. Kaum war das Café wieder geöffnet, kam die Flut.
Auf den Pflastersteinen an der Hellerstraße stehen die übrigen Holzstühle des Milchkännchens. Einige Außenmöbel des Cafés wurden bei dem Hochwasser im Juli weggeschwemmt und auch die frisch renovierten Räume des Milchkännchens waren stark betroffen.
Deswegen verkaufen die Inhaberin Vera Jäger und ihr Lebensgefährte Armin Muratović seitdem aus einer Hütte vom Velberter Weihnachtsmarkt. Eine Frau mit Einkaufstasche über der Schulter steht vor der Hütte und bestellt bei der Inhaberin einen Cappuccino.
Jäger trägt an diesem sonnigen Herbsttag über ihrem Pullover eine Weste und Schal – in der Hütte kann es kühl werden, dennoch kann sie diesem Verkaufsort etwas Positives abgewinnen: „Von hier aus habe ich das Langenberger Leben im Blick.“
Waffeln und Kaffee auf Pappe
Sie reicht der Kundin den bestellten Cappuccino im Pappbecher. „Da wir unseren Gästen auf Grund der Flutschäden anbieten keine Toilette können, dürfen wir die Speisen und Getränke nur in Pappe servieren“, erläutert Vera Jäger und fährt fort: „Zum Glück sind die Langenberger sehr verständnisvoll.“
Auch kurz nach dem Hochwasser sei sie gerührt von der Unterstützung untereinander gewesen. „Eine Nachbarin hatte die Idee, den Verkauf von der Hütte aus zu machen, so dass das Geschäft nicht ganz stillsteht“, erinnert sich Jäger.
Seitdem verlagerte sie Kuchen, Kaffee und Cola in die Holzhütte, in der sie nun auch Waffeln und einen Mittagstisch für die Gäste zubereitet.
Von einer Krise zur nächsten
„Mein Lebensgefährte und ich trinken sehr gerne Kaffee und hatten außerdem den Wunsch, ein eigenes Bistro in alten Räumen einzurichten“, erinnert sich Vera Jäger an den Funken zur Idee für das Milchkännchen.
Im Oktober letzten Jahres war es dann so weit: Jäger und Muratović übernehmen das alte Ladenlokal an der Hellerstraße, renovierten das Café und eröffnet daraufhin im November das Milchkännchen. „Kurz darauf kam dann schon der Lockdown, also mussten wir wieder schließen und die Gäste konnten Speisen und Getränke – wie im Moment – nur zum Mitnehmen, kaufen“, schildert sie.
Drei Wochen nach Wiedereröffnung kam dann das Hochwasser – die gesamte Einrichtung mussten die Inhaber anschließend rausreißen.
Nostalgisches Café
Vera Jäger sucht auf ihrem Handy: „Wir haben auf nostalgische Möbel und Dekoration gesetzt: Holz, Grau- und Weißtöne.“ Davon übrig geblieben sind die Lampen und Dekoration, die vor den Fenstern hängt, zu hoch, als dass das hüfthohe Wasser sie wegschwemmen konnte.
„Die Renovierungsarbeiten dauern bis zu neun Monaten, da das Haus sehr alt ist und die Trocknung aufwendig ist“, beklagt Jäger das, was sie zunächst für einen Segen hielt. Bis Ende Oktober kann das Milchkännchen noch die Hütte nutzen, dann wird diese auf dem Velberter Weihnachtsmarkt benötigt.
Der Kuchen findet dich
Die Karte hingegen ist gleichgeblieben: neben warmen Getränken und frischen Waffeln steht unter dem Titel „Vor Kuchen kannst du dich nicht verstecken, er findet dich“ das Kuchenangebot. Die Inhaber bereiten außerdem einen Mittagstisch zu.
„Donnerstag ist bei uns Veggie-Tag – ab und zu gibt es auch vegane Gerichte“, betont Vera Jäger und beobachtet: „Neben diesen Gerichten kommt auch Althergebrachtes wie zum Beispiel Grünkohl bei den Langenbergerinnen und Langenbergern gut an.“
Langenberg: eine neue Heimat
Die Kaffeebesitzerin aus Witten fühlt sich wohl in Langenberg. „Wir sind so dankbar für die Hilfsbereitschaft hier in der Nachbarschaft nach dem Hochwasser“, betont Jäger. Im Moment suchen sie und ihr Lebensgefährte eine Wohnung in der Langenberger Altstadt, um ihrem Café näher zu sein.