Velbert. Im Kreis Mettmann gibt es 443 Friseurbetriebe, darunter viele in Velbert. Sie alle kämpfen derzeit um das nackte Überleben.

Sonja Schmitte ist verzweifelt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Heike Seger-Wenzel betreibt sie seit vielen Jahren den Friseursalon "Hair Design" an der Friedrichstraße in Velbert. Viele Stammkunden kommen normalerweise regelmäßig und gerne her, lassen sich die Haare schneiden oder färben, vielleicht soll es auch eine Dauerwelle sein, eine schöne Föhn- oder Steckfrisur. Man genießt die Gespräche, den Kaffee zwischendurch, den Klatsch- und Tratsch, der nun einfach mal dazu gehört.

Bislang keine finanzielle Unterstützung

Das alles aber geht schon lange nicht mehr: Seit dem 15. Dezember sind die Friseursalons geschlossen, der Umsatz ist gleich null und nicht nur das: Jegliche finanzielle Hilfen greifen nicht oder können bislang noch nicht einmal beantragt werden. "Weil wir ja noch bis Mitte Dezember geöffnet hatten, bekommen wir die November- und Dezemberhilfen nicht. Das, was uns zusteht, ist die Überbrückungshilfe III, die aber kann bislang noch gar nicht beantragt werden", erklärt Sonja Schmitte, ihre Stimme transportiert Verärgerung, Wut, Hilflosigkeit, "ich komm ja gerade noch hin, weil ich alleine bin und daher die Grundsicherung bekomme, bei meiner Kollegin sieht das ganz anders aus."

Umbaumaßnahmen zwischen den Lockdowns

Nach dem ersten Lockdown von März bis Anfang Mai hatten beide Friseurinnen ihren kleinen Salon nach den geltenden Hygienevorschriften umgebaut und sich an alle Regeln gehalten: Die mittleren Plätze wurden abgebaut, statt beider Waschbecken darf nur noch eins benutzt werden, nur eine begrenzte Anzahl an Kunden durfte sich zeitgleich im Laden aufhalten, nach jedem Kunden mussten Materialien und Plätze desinfiziert werden "Das bedeutet, dass wir schon während der Monate zwischen den beiden Lockdowns einen wesentlich schlechteren Umsatz als sonst gemacht haben, weil wir ja weniger Kunden pro Tag bedienen konnten. Und das, obwohl unsere Ausgaben gestiegen sind, zum Beispiel durch den Kauf von etlichen Einmalumhängen und Einmalhandschuhen." 

Penible Hygienemaßnahmen in Friseursalons

Es sei bekannt, bestätigt auch Uwe Ranke, Vorstandsmitglied der Friseurinnung der Kreishandwerkerschaft Mettmann, dass gerade Friseure sehr viele Schutzmaßnahmen umgesetzt und penibel auf die Hygienebestimmungen geachtet hätten und und es nachweislich nur zu wenigen Corona-Ansteckungen in Friseursalons gekommen sei.

In Vorkasse gehen für Kurzarbeitergeld

Dennoch: Seit dem 15. Dezember sind die Friseursalons geschlossen, wann sie wieder öffnen dürfen, wissen sie nicht. "Wir mussten schon auf die umsatzstärksten Tage des Jahres unmittelbar vor den Weihnachtstagen verzichten", ärgert sich Sonja Schmitte, "aber wir hatten ja die Hoffnung, dass wir am 10. Januar wieder öffnen würden, doch das hat sich zerschlagen." Alleine 2000 Euro an Einnahmen aus dem integrierten Nagelstudio fallen bereits seit November weg, doch die Fixkosten laufen weiter. "Unser Vermieter hat sich jetzt darauf eingelassen, dass wir die Miete später zahlen", sagt Sonja Schmitte" und ich bin wahnsinnig froh, dass wir keine Angestellten haben, denn für deren Kurzarbeitergeld müssten wir auch in Vorleistung gehen." 

Hilferuf an die Politik

Sie habe große Existenzangst, betont Sonja Schmitte, ein anderer selbstständiger Friseur aus Velbert beklagt, er lebe derzeit ausschließlich von Rücklagen, doch die seien spätestens in zehn bis fünfzehn Tagen endgültig aufgebraucht. Aus diesen Gründen hat die Friseurinnung des Kreises nun einen „Hilferuf“ an den Landrat, die Bürgermeister der kreisangehörigen Städte sowie an die Landtags- und Bundestagsabgeordneten im Kreis abgesetzt. In einem Schreiben fordert sie, dass die Finanzhilfen dringend und schnell nachgebessert werden müssen und bitten die politischen Vertreter um Unterstützung.

Autodemonstration geplant

"Um den Druck noch zu erhöhen und auf die Situation verstärkt aufmerksam zu machen, werden wir zeitnah eine Autodemonstration von Mettmann aus zum Landtag in Düsseldorf  machen, ein Termin wird derzeit mit Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart abgesprochen", erklärt der Geschäftsführer der Innung, Torben Viehl. Dabei würden alle Hygienevorschriften berücksichtigt und die Friseure vom Autofenster aus  symbolisch einen Kamm in eine Box werfen, nach dem Motto "Wir werden bald unseren Kamm niederlegen müssen, wenn uns nicht geholfen wird."

In der Nacht von Sonntag, 31. Januar, auf Montag, 1. Februar, sind zudem alle Friseure aufgerufen, das Licht in ihren Salons brennen zu lassen. Ganz sicher wird sich auch Friseurmeisterin Sonja Schmitte an der Aktion beteiligen. "Ich hoffe so sehr , dass es bald wieder für uns alle bergauf geht, denn wir lieben unseren Beruf sehr."

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