Neviges. In der Nevigeser Niederlassung des Automobilzulieferers wird nun geimpft. Freude bei vielen Mitarbeitern ist groß, Impfstoffmenge dagegen gering.

Gerhard Wettschereck strahlt – unter seiner Maske – über das ganze Gesicht. „Die Arbeit heute macht so richtig viel Spaß“, schwärmt der Facharzt für Arbeitsmedizin, „die Mitarbeiter, die ich heute impfe, sind großenteils unfassbar glücklich und total erleichtert. Da sind einige dabei, die haben COPD oder mal einen Herzinfarkt gehabt, die haben diesem Tag wirklich entgegengefiebert“. Dann richtet der langjährige WKW-Betriebsarzt seinen Blick auf Daniel Reich, lächelt aufmunternd: „So, dann kommen Sie mal, Sie sind der nächste“.

Immer donnerstags wird geimpft

Es ist der erste Impftermin vor Ort im Unternehmen, ab sofort soll nun immer donnerstags die Aktion weiterlaufen – bis alle Mitarbeiter, die den Wunsch geäußert haben, auch tatsächlich geimpft sind. „Wir haben im Vorfeld hier an unserem Standort Neviges eine Abfrage unter den rund 1400 Beschäftigten gemacht, davon haben sich 730 als impfinteressiert gemeldet“, erklärt Pressesprecherin Monika Kocks, „das entspricht rund 50 Prozent. Man darf nicht vergessen, dass sicherlich viele bereits geimpft oder vielleicht auch genesen sind.“

Seit Monaten erfolglos um Impfung gekämpft

Ein kurze Vorgespräch zwischen Betriebsarzt und Mitarbeiter gehört zum Impfablauf dazu.
Ein kurze Vorgespräch zwischen Betriebsarzt und Mitarbeiter gehört zum Impfablauf dazu. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Impfung bei Daniel Reich läuft schnell und problemlos ab – ein Pieks, das war’s. Der 39-Jährige ist sichtbar erleichtert. Als Mitarbeiter, der mehrmals im Jahr beruflich in die USA oder nach Ungarn reist, war seine Sorge vor einer Ansteckung besonders groß. „Meine Familie und ich haben seit Monaten alles probiert, damit ich eine Impfung bekomme, aber keine Chance. Das hat mich schon etwas geärgert, gerade in den USA nehmen sie es mit den Hygienemaßnahmen manchmal nicht so genau.“

Arbeitskreis rund um die Pandemie

Über die WKW AG

Die WKW Aktiengesellschaft ist eine Tochtergesellschaft der Walter Klein GmbH in Wuppertal, seit den frühen 1970er Jahren ansässig in Velbert-Neviges an der Siebeneicker Straße.Der Automobilzulieferer produziert Zier- und Funktionsbauteile, Dachrelingsysteme, Wärmetauschrohre für PKW-Klimaanlagen sowie Aluminiumprofile für Industrieanwendungen. Kunden sind namhafte Autohersteller, aber auch Unternehmen wie Miele oder Bang&Olufsen.Der Jahresumsatz lag 2020 bei 473 Millionen Euro (coronabedingt gesunken), 2019 bei 617 Millionen Euro.

Seit vielen Monaten kümmert sich ein extra gebildeter Arbeitskreis bei WKW um alle Belange rund um die Pandemie: um die Umsetzung neuer Verordnungen, Einhaltung von Hygienemaßnahmen, Verteilung der Mitarbeiter ins Homeoffice – sofern möglich – oder in andere größere Räume, auch der Ablauf der Impfstraße wurde genauestens geplant. „Wir haben von Beginn an penibel darauf geachtet, dass es hier zu keinen Corona-Ausbrüchen kommt“, informiert die Unternehmenssprecherin, „und tatsächlich hatten wir zwar vereinzelte Fälle, konnten aber eine Ausbreitung immer verhindern.“

Beobachtung der frisch Geimpften

Im Wartebereich der WKW-Impfstraße halten sich die Geimpften noch einige Minuten auf, um zu schauen, ob es akute Impfreaktionen gibt.
Im Wartebereich der WKW-Impfstraße halten sich die Geimpften noch einige Minuten auf, um zu schauen, ob es akute Impfreaktionen gibt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

An diesem Donnerstag stehen 48 Mitarbeiter auf der Impfliste von Dr. Wettschereck, jeder hat einen zeitlich genauen Termin bekommen. Alle müssen zuerst zur Anmeldung – eingerichtet in der Betriebskantine. Ulrike Köhler vom Bereich Arbeitssicherheit bittet Daniel Reich zu sich an den Tisch, hier bekommt er seine Unterlagen ausgehändigt. Auf einer Bank gegenüber sitzen drei gerade geimpfte Angestellte, die nun einige Minuten bleiben sollen, um zu sehen, ob kurzfristig Nebenwirkungen auftreten. Zur Erfrischung stehen gekühlte Getränke parat, ein Mitarbeiter, ausgebildet zum Ersthelfer, ist anwesend, kann notfalls schnell reagieren.

Betriebsarzt kennt Krankengeschichten

Dann geht es in einen anderen Trakt ein paar Meter weiter zur Impfstation. Hier wird Daniel Reich fröhlich von Robert Moriz in weißem Kittel begrüßt, seit 37 Jahren arbeitet er hauptberuflich als Sanitäter bei WKW, er kennt, genauso wie Dr. Wettschereck, die meisten Angestellten seit Jahren. „Das hilft uns auch dabei zu entscheiden, wen wir jetzt zuerst impfen“, erklärt der Arzt, „wir kennen die Krankheitsgeschichten oder wie bei Herrn Reich wissen wir, dass er viel ins Ausland reist. Daher macht es Sinn, diese Personengruppen nun zuerst zu impfen.“

Zu wenig Impfstoff

Der Facharzt würde liebend gerne an diesem Donnerstag und an allen weiteren die doppelten Dosen oder noch mehr Biontech verimpfen, hat aber dasselbe Problem wie alle anderen Betriebsärzte auch. „Wir bekommen einfach zu wenig Dosen und wir erfahren auch immer nur sehr kurzfristig, wie viele es sein werden“, bedauert der Mediziner, aber, „wie gesagt, eine offizielle Priorisierung gibt es nicht, aber ich als Arzt gestehe mir zu, die zuerst zu impfen, die es einfach am nötigsten haben.“

Zweitimpfung in einigen Wochen

Auch Daniel Reich wird sich nun einige Minuten ausruhen, dann geht es zurück in den beruflichen Alltag für ihn – sofern er sich fit und gesund fühlt. In einigen Wochen steht seine Zweitimpfung ebenfalls beim Betriebsarzt an. „Das gibt mir schon jetzt nach der ersten Impfung ein großes Sicherheitsgefühl“, sagt er dankbar, „wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet?“