Sprockhövel. Ein Rentner aus Sprockhövel hat die Verkehrsgesellschaft VER auf ein Ticket 2000 verklagt. Sein früherer Arbeitgeber VER gibt klein bei.

Und David kann doch gegen Goliath gewinnen: Rentner Erich Engler (77) aus Sprockhövel beweist das. Er hat im Kampf gegen seinen früheren Arbeitgeber obsiegt. Nun hält er wieder glücklich ein übertragbares Ticket 2000 in Händen, das ihm die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER) wegnehmen wollte.

Gratis-Ticket 2000 war geübte Praxis

Ende gut, alles gut. Anfang August hatte unsere Zeitung über den VER-Ruheständler berichtet, der einfach nur noch sauer war. Mehr als 30 Jahre war er in dem Ennepetaler Verkehrsunternehmen beschäftigt, zuletzt als Kfz-Meister in der Werkstatt. Auch im Ruhestand wurde ihm, wie allen VER-Mitarbeitern, viele jahrelang ein kostenloses Ticket 2000, übertragbar, Preisstufe B zur Verfügung gestellt. Doch damit sollte Mitte des Jahres Schluss sein. Eine neue Betriebsvereinbarung zwischen Verkehrsgesellschaft und ihrem Betriebsrat sollte helfen, Kosten zu sparen. Deshalb wurde 240 berechtigten VER-Kollegen ihr übertragbares Ticket 2000 entzogen und ihnen stattdessen ein kostengünstigeres personifiziertes Ticket ausgehändigt, das nicht mehr an Dritte weitergegeben werden kann. Für VER-Ruheständler Erich Engler ein Riesen-Ärgernis, denn seine Ehefrau (78) konnte jetzt nicht mehr kostenlos mit dem Bus zum Einkaufen fahren. Auch andere VER-Mitarbeiter oder -Rentner hatten offenbar keine Verwendung mehr für das neue persönliche Gratis-Ticket.

Verkehrsunternehmen will viel Geld einsparen

Von insgesamt 240 Berechtigten nahmen es zuletzt nur noch 80 Personen an. Das rechnete sich für das kommunale Verkehrsunternehmen, das dadurch nach eigenen Angaben 144.000 Euro einsparen konnte. „Eine von vielen Maßnahmen aus dem Destrukturierungspaket, die der Aufsichtsrat unseres Unternehmens beschlossen hatte“, freute sich VER-Geschäftsführer Peter Bökenkötter über den Einspar-Erfolg in seinem Haus.

Argument vor Gericht: Angestammte Rechte

Da hatte er noch nicht den hartnäckigen Widerstand seines früheren Mitarbeiters Erich Engler einkalkuliert. Der 77-Jährige zog kämpferisch vor das zuständige Hagener Arbeitsgericht, nicht nur für sich, sondern auch für seine Ex-Kolleginnen und -Kollegen. „Der ehemalige Arbeitgeber verletzt meinen Mandanten, alle aktiven VER-Mitarbeiter sowie alle Ruheständler in ihren angestammten Rechten“, argumentierte Anwalt Yannik Wiemann und machte vor der Richterin deutlich, dass Sprockhöveler Rentner Engler sich das nicht gefallen lassen werde. Der Kläger nickte zustimmend: „Notfalls gehe ich durch alle Instanzen.“

VER hat vor einem Urteilsspruch eingelenkt

Das ist nun nicht mehr nötig, denn die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr hat jetzt eingelenkt, ohne dass es im Januar zu einem Urteilsspruch der 1. Kammer unter Richterin Dorothea Vincetic kommen muss. „Ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“, wie Geschäftsführer Bökenkötter ausdrücklich betont. Erich Engler hat sein altes, übertragbares Ticket 2000 bereits wieder in Händen.

Alle anderen berechtigten Kollegen haben in den vergangenen Tagen ein Schreiben von der VER erhalten, „dass wir ab sofort das kostenlose übertragbare Ticket 2000 wieder anbieten können.“ Das hinter dem Erfolg der kämpferische Rentner Erich Engler steckt, wird darin jedoch mit keiner Silbe erwähnt.

INFO

Das Ticket 2000 gilt rund um die Uhr im jeweiligen Monat für unendlich viele Fahrten im gewählten Geltungsbereich (also in der Preisstufe). Der Monat beginnt am letzten Werktag des Vormonats und endet am ersten Werktag des Folgemonats. Im Abonnement ist das Ticket ein Jahr lang gültig.


Ab 19 Uhr und an Wochenenden sowie Feiertagen dürfen eine weitere erwachsene Person und drei Kinder unter 15 Jahren im erweiterten Geltungsbereich D mitgenommen werden. Kinder unter sechs Jahren fahren jederzeit in der jeweils gültigen Preisstufe kostenlos mit.