Oberhausen. Oberhausen ist Teil einer Studie zur Innenstadt-Entwicklung. City beliebter als gedacht. Aber an diesen Punkten muss die Stadt dringend arbeiten.
Fußgängerfreundlichkeit: top. Weihnachtsmärkte und Stadtfeste: sehr gut. Das Gastro-Angebot: spitze. Und das Angebot an Dienstleistern wie Friseur- oder Kosmetik-Salons und Banken: ebenfalls klasse. Man mag es kaum glauben, wenn man das ständige Nörgeln im Kopf hat, das vor allem in den sozialen Netzwerken regelmäßig zu lesen ist. Aber diese gute Bewertung erhält tatsächlich die Oberhausener Innenstadt. Und zwar von den Menschen, auf die es ankommt: die Besucherinnen und Besucher, die direkt in der City befragt wurden.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Essen hat sich an der groß angelegten Studie „Vitale Innenstädte 2024“ beteiligt und von Fachleuten die Stärken und Schwächen auch der Oberhausener Innenstadt untersuchen lassen. Mehr als 800 Personen haben die Teams des Instituts für Handelsforschung in Köln über mehrere Monate befragt. Herausgekommen ist ein Stimmungsbild: In Schulnoten gemessen kommt Oberhausen im Durchschnitt auf eine glatte Drei. Die aktuelle Lage ist befriedigend – mit Luft nach oben.
Luft heißt in diesem Fall: viel Potenzial, davon ist Sandra Schmitz als Leiterin des Bereiches „Branchen und Internationales“ bei der IHK überzeugt. „Die Befragung für Oberhausen liefert klare Anforderungen an die Innenstadt.“ Vier Punkte sind den Menschen besonders wichtig.
Erstens: Öffentliche Verkehrsmittel
Die IHK empfiehlt einen strategischen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Ein Drittel aller befragten Innenstadt-Besucher kommen mit dem Auto in die City, Bus und Bahn nutzen die Menschen im Vergleich zu anderen Städten weniger. Für Sandra Schmitz ein klares Signal: „Der Ausbau des ÖPNV-Angebotes sollte oberste Priorität haben.“ Das finden auch mehr als 80 Prozent der befragten Innenstadt-Besucher.
Zweitens: Öffentliche Toiletten
Seit Jahren fordern viele Oberhausener Bürgerinnen und Bürger immer wieder mindestens eine neue öffentliche Toilette in der Oberhausener Innenstadt. Doch genau so lange werden sie enttäuscht. Fast 70 Prozent der Befragten wünschen sich endlich ein brauchbares Klo-Konzept – das sind deutlich mehr Menschen als in vergleichbaren Städten von der Größe Oberhausens.
Aus dem Rathaus wurde der Wunsch nach öffentlichen Toiletten bislang abgeschmettert, meist mit dem Verweis auf die Toiletten im öffentlich zugänglichen Bert-Brecht-Haus an der Langemarkstraße und im Jobcenter an der Marktstraße. Die IHK wünscht sich allerdings mehr Engagement, Sandra Schmitz empfiehlt gemeinsame Konzepte oder Partnerschaften mit Akteuren vor Ort wie Unternehmen, Händlern oder Vereinen.
Drittens: Weniger Leerstand
Geschlossene Geschäfte, Rollgitter vor den Eingangstüren, zugeklebte Schaufenster: Leerstände in der Innenstadt sind für die Besucher ein großes Ärgernis. „Mit dieser Herausforderung sind viele Städte im Ruhrgebiet konfrontiert“, sagt IHK-Fachfrau Sandra Schmitz. Oberhausen stellt sie aber ein gutes Zwischenzeugnis aus: Die Stadt nutze ein Landes-Förderprogramm, um jungen Gründern und Geschäftsleuten den Start in einem City-Leerstand finanziell zu erleichtern. Das Förderprogramm ist jüngst in eine neue Runde gestartet, Interessierte können sich im Stadtteil-Büro melden: 0208-82849086.
Viertens: Ein bisschen hübscher darf es sein
Das optische Bild der Oberhausener Innenstadt lässt nach Ansicht vieler Befragten zu Wünschen übrig. Dabei spielt erstaunlicherweise das Thema Sauberkeit nur eine untergeordnete Rolle: Besucher vergeben hier Schulnoten im guten Mittelfeld, damit ist Oberhausen gleichauf mit Städten wie Karlsruhe oder Freiburg. Schlechter schneidet die Stadt bei Punkten wie Ambiente, Flair, Fassaden, Sitz- und Verweilmöglichkeiten, Grünflächen und Lebendigkeit ab.
So sieht es auch Phillip Kirchstein, Inhaber der beliebten Homebar an der Lothringer Straße. Geld für teure Pflasterreinigungen der Marktstraße könne man aus seiner Sicht besser investieren: Blumen, Bänke, hier und da mehr Farbe. Er weiß, wie klamm die Stadt ist, wünscht sich aber einen anderen Umgang mit vorhandenen Mitteln. Statt zwei Cityfeste im Jahr mit eher geringem Budget zu stemmen, könne man auch ein Fest feiern – und dementsprechend etwas mehr Geld springen lassen.
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Kirchstein gehört, wie auch Café-Fave-Inhaberin Katharina Harten, zu den Zugpferden der Innenstadt: Um die Freizeit- und Gastro-Angebote in der City zu nutzen, kommen in Oberhausen mehr Leute in die Innenstadt als in vergleichbaren Städten. Beide, Kirchstein vor acht und Katharina Harten vor drei Jahren, haben sich damals bewusst für die Innenstadt entschieden, auch, wenn das Negativ-Image an ihr zu kleben scheint wie Pech.
„Mal was wagen, was ausprobieren, offen für neue Ideen sein.“
Beide haben sich eingelebt und sind mit der Geschäftsentwicklung zufrieden. Kritik üben sie auch. „Aber nur, weil uns die Innenstadt am Herzen liegt“, sagt Harten, die sich beispielsweise bessere Möglichkeiten für eine Außengastronomie wünscht. Platz wäre da – wenn man die Parkplätze vor der Tür opfert. Sie findet es schade, wenn Kunden über angeblich mangelnde Parkplätze klagen. „Das kann ich nicht verstehen. Haben die Leute mal versucht, an der Rü in Essen einen Parkplatz zu finden?“
Barista Phillip Kirchstein wünscht sich endlich mal „einen großen Wurf“ für die Innenstadt, „einen Magneten, der die Leute wieder lockt wie einst der Kaufhof“. Dafür sei Mut gefragt, was auch Sandra Schmitz von der IHK unterstreicht: „Mal was wagen, was ausprobieren, offen für neue Ideen sein.“ Diesen Appell richtet sie an die Entscheider im Oberhausener Rathaus. In engem Austausch sei man bereits, jetzt müsse man schauen, wie es weitergeht. Hauptsache, man hangele sich nicht wieder nur von einem Konzept zum nächsten, meint Kirchstein.