Oberhausen. Bei der Stoag rollt die Rentenwelle: Der Druck auf die Mitarbeitenden wächst. Der Verkehrbetrieb hält dagegen - und überrascht mit dieser Lösung

Dieses Problem ist offensichtlich: Mehr als 50 Prozent aller Stoag-Mitarbeitenden sind bereits über 50 Jahre alt. Schon jetzt verabschieden sich alljährlich rund 15 Busfahrerinnen und Busfahrer in den Ruhestand. „Wenn wir nicht handeln, können wir unsere Linien in zehn Jahren einstellen“, sagt Personalleiter Olaf Walenciak nüchtern. Damit genau das nicht passiert, suchte der Oberhausener Verkehrsbetrieb nach einer schnellen Lösung - und hat sie gefunden. Ein Testlauf ist bereits erfolgreich abgeschlossen.

Die Ausbildung abgebrochen? Das Studium war doch nicht das Richtige? Wie wäre es dann mit einem Job als Busfahrerin oder Busfahrer in Oberhausen? Gute Chancen haben alle ab 23 Jahren, die seit zwei Jahren den Führerschein der Klasse B besitzen und über gute Deutschkenntnisse verfügen (mindestens Sprachniveau B2). Das Beste: Die Weiterbildung wird voll finanziert.

Das steckt dahinter: In einem gemeinsamen Qualifizierungsprojekt der Agentur für Arbeit, des Jobcenters, der Oberhausener Fahrschule Krüssmann und der Stoag werden noch in diesem Jahr rund 30 Bewerberinnen und Bewerber innerhalb von sechs Monaten für ihre Tätigkeit im Fahrdienst qualifiziert. Alle Teilnehmenden erhalten sofort zu Beginn der Maßnahme einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Stoag und auch das entsprechende Gehalt. Los geht‘s im April.

Der Fahrschulbus steht schon bereit

In den ersten vier Monaten machen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Fahrschule Krüssmann ihre Führerscheinausbildung und erwerben dort auch die Grundqualifikation. Außerdem auf dem Lernplan: Erste Hilfe, Verkehrsgeografie, Rechtsvorschriften und Kfz-Technik. Am Steuer des Fahrschulbusses können danach die ersten Linienkenntnisse erworben werden. „Dabei bekommen unsere angehenden Busfahrerinnen und Busfahrer ein Gefühl dafür, wie es ist, ein 330-PS starkes Fahrzeug durch Oberhausen zu bewegen“, erläutert Walenciak.

Mit dem Bestehen der theoretischen Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Ausbildung bei der Fahrschule Krüssmann erhalten alle Teilnehmenden ihren Busführerschein (Fahrerlaubnis Klasse D/DE mit Fahrerqualifizierungsnachweis). Gleich im Anschluss beginnt die praktische Ausbildung bei der Stoag, werden die neuen Fahrerinnen und Fahrer also für ihren Alltag am Steuer eines Linienbusses fit gemacht.

Tarife, Linienwege, Fahrgastservice, Funkverkehr, der Umgang mit dem Bordrechner – all diese Themen werden innerhalb von zwei Monaten geschult. „Die Begleitung durch erfahrene Fahrerinnen und Fahrer vermittelt Sicherheit, auch auf den Elektrobussen“, führt Kirsten De Nicolo (stellvertretende Personalchefin) aus. Eine zweite Qualifizierungsmaßnahme beginnt dann im Juni.

Stoag-Personalleiter Olaf Walenciak und seine Stellvertreterin Kirsten De Nicolo suchen dringend neue Busfahrerinnen und Busfahrer.
Stoag-Personalleiter Olaf Walenciak und seine Stellvertreterin Kirsten De Nicolo suchen dringend neue Busfahrerinnen und Busfahrer. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

313 Busfahrerinnen und Busfahrer sichern aktuell den Linienverkehr in Oberhausen. Für einen reibungslosen Betrieb wären rechnerisch sogar nur 309 nötig. Doch wie so oft hat das Rechenbeispiel ein paar Unbekannte. Eine davon ist der hohe Krankenstand im Betrieb. „Seit der Corona-Pandemie ist das bei uns von Jahr zu Jahr immer mehr in die Höhe geschossen, von anfangs rund zehn Prozent auf derzeit fast 18 Prozent“, räumt Walenciak ein.

Die Ursachen seien vielfältig. Mit 313 Fahrern liegt die Stoag zwar über dem Soll. „Doch unsere Fahrerinnen und Fahrer sind ja auch aus anderen Gründen mal nicht da, etwa weil sie freie Tage oder Urlaub haben.“ Eine durchgängig hohe Arbeitsbelastung aber führe eben auch zu höheren Krankheitsausfällen. Dazu kommt: „Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trumpfen zwar mit ihrer Erfahrung, benötigen aber bekanntermaßen im Krankheitsfall etwas länger, um auf die Füße zu kommen.“ Das bedeutet allerdings auch: „Der Job als Busfahrer ist krisensicher, wer bei uns anfängt, braucht sich keine Sorgen um seinen Arbeitsplatz zu machen.“

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Noch kommt es im Linienverkehr immer wieder zu Verspätungen und sogar Ausfällen. „Wie etwa bei unserer Straßenbahnlinie 112“, bestätigt De Nicolo. Zeitgleich schnellte für alle verbliebenen Fahrer die Arbeitsbelastung noch einmal in die Höhe. „Das darf einfach kein Dauerzustand bleiben.“

Für alle ab 23 Jahren, die einmal einen Blick hinter die Kulissen dieses Berufes werfen möchten, bietet die Stoag wieder „Look & See Days“ an. Neben einer Führung über den Betriebshof dürfen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei auch selbst ans Steuer eines Busses setzen. Bewerbungen dazu und für die Ausbildungsmaßnahme (für beides Lebenslauf und Kopie des Führerscheins nicht vergessen!) sind ab sofort an diese Mail-Adresse möglich: TQ3-massnahme@stoag.de.

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