Oberhausen. Wohin mit Lego-Sets aus früherer Zeit? Eine Oberhausener Firma hat sich auf das Sortieren der bunten Lego-Steine spezialisiert. Wie das abläuft.
Auf dem Boden der Werkshalle liegen keine Späne, keine Schrauben oder sonst etwas, was man an industriellen Orten erwarten könnte. Es sind kleine, bunte Steine, mal ein winziges Autorad, mal ein Kopf. Wenn man Pech hat, bleiben sie im Schuhprofil hängen. „Erst gestern wurde hier gefegt“, sagt ein Mitarbeiter der Bepro GmbH. Die Firma hat sich auf das Sortieren von Lego-Steinen spezialisiert. Meterhohe Regale sind bis zur Decke gefüllt mit Schubkästen. Daneben pfeift eine einzigartige Maschine aus dem 3D-Drucker in einem fort. Es ist das durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Herzstück. Die Kosten für die Entwicklung: Rund eine halbe Million Euro.
Das Gebäude im Gewerbegebiet Sterkrader Venn ist unscheinbar. Lediglich Lego-Aufsteller im Eingangsbereich weisen darauf hin, dass es hier um die berühmten Steine geht. Jeder kennt das dänische Spielzeug, viele haben es oder hatten es, und alle werden oder wurden irgendwann mit der Frage konfrontiert: wohin mit all den Steinen? Wenn alle Schlachten gespielt, alle Rennen gefahren, alle Raumschiffe aufgebaut und geflogen wurden, kommt der Tag, an dem man loslässt. Dann verschwinden die Lego-Sets im Keller, auf dem Dachboden, werden für die nächsten Generationen verwahrt. Und dann? Kommt Bepro ins Spiel.
Oberhausener Firma sortiert Lego: Kilopreis für Ankauf ab zehn Euro
Die Firma kümmert sich eigentlich um Druckertinte und -Toner. Sie sammelt neue, ungenutzte Druckerpatronen und bringt sie erneut in den Verkauf. Doch vor einigen Jahren weckte ein neues Geschäftsfeld das Interesse der Inhaber: „Wir haben überlegt, welche Produkte ähnlich sind und gelangten zu der Überzeugung, dass das Geschäftsmodell Lego sehr nahe kommt“, sagt Geschäftsführer Thomas Emmerich (43). Die Lager-Logistik konnte gleich mitbenutzt werden, An- und Verkaufsprozesse sind ähnlich.
In der Firma kommt alles an, was nicht mehr bespielt wird. Zwischen ein und drei Tonnen werden jeden Monat sortiert. Pro Kilo gebrauchtes Lego zahlt Bepro zehn bis 12 Euro. Manchmal sind die Lego-Steine noch verbaut, oft verstaubt und dreckig. In Plastikkisten wird das Material gesammelt und in Augenschein genommen. Zusammengebautes kommt erstmal weg. Denn der Rückbau kostet mehr Zeit und Geld, als sich rechnet. Was übrigbleibt, wird durch eine Trommel aus dem Handwerksbereich gerührt. Sie trennt kleine Teile von großen. Dann geht es ans Waschen: Bei dreißig Grad werden die Steine in einer handelsüblichen Waschmaschine von Dreck befreit. Wichtig natürlich: Der Wäschesack, damit die Maschine nicht kaputtgeht.
Altes Lego: Sortiert-Maschine schafft in der Stunde sieben Kilo
Nach einer Grobsortierung geht es dann zum Herzstück. In einer Ecke steht eine meterlange, selbstgebaute Sortiermaschine. Sie hievt die Steine aus einer Box, bringt sie durch Trommeln und Bänder zum richtigen Abstand. Jeder Stein muss etwa 20 Zentimeter von einem anderen entfernt liegen, bevor er auf ein weiteres Band fällt. Kameras erfassen dann das Spielzeug, eine Künstliche Intelligenz entscheidet, in welche Box es vom Band geschossen werden muss. Druckluftdüsen pusten die Steine in gegenüberliegende Fächer. Das ganze passiert voll automatisch.
Thomas Emmerich ist stolz auf die einzigartige Maschine. Die Teile werden in eigenen 3D-Druckern produziert. Das spart Kosten und Zeit. Die Maschine ist ein Unikat, wenn auch nicht fehlerfrei. Nicht alle Teile erfasst sie momentan richtig. Demnächst soll ein drittes Band in Betrieb gehen. „Dann können sieben Kilo in der Stunde sortiert werden, wenn die Maschine perfekt funktioniert“, sagt Emmerich.
Aber warum das Ganze? Auf dem größten Marktplatz für gebrauchtes Lego werden die Steine und Figuren verkauft. Die dänische Firma hat die Plattform Bricklink vor Jahren gekauft, weil sie erkannt hat, wie wertvoll sie für Lego-Fans ist. Die Bestellungen trudeln in Oberhausen aus der ganzen Welt ein. Manche suchen nach speziellen Figuren, andere brauchen große Mengen gleicher Steine. Die Pakete werden in der ganzen EU, nach Asien und Amerika verschickt.
Lego: Manche Figuren haben hohen Sammlerwert
Stichwort Figuren: Die kleinen Männchen sind in einer Unzahl in den Jahrzehnten erschienen. Torso, Beine, Kopf, Hüte werden von Hand sortiert. Eine Industrie-Kamera hilft den Mitarbeiterinnen beim Sortieren. Bepro schätzt, dass es etwa 500 unterschiedliche Oberkörper gibt. Manche Figuren haben Sammler-Werte, die an die 300 Euro heranreichen, andere werden kiloweise gekauft. Der Oberkörper eines Feuerwehrmanns oder Polizisten hat einen Wert von etwa 20 Cent.
Das Lego-Geschäft wird aktuell noch querfinanziert. Die Haupteinnahmequelle stellt weiterhin das Toner-Geschäft dar. Thomas Emmerich hofft, dass sich der Lego-Verkauf in den nächsten Jahren weiterentwickelt. Fälscher und billigere Kopien machen Lego zwar das Geschäft schwerer, doch ein Lego-Stein ist immer noch ein Lego-Stein. Die Klemmbausteine hätten eine sehr geringe Toleranz, sagt Thomas Emmerich. Diesen Grad an Perfektion bekomme kaum einer hin. Es hat seinen Grund, warum Generationen mit diesen kleinen Steinen gespielt haben - und noch spielen.