Oberhausen. Von Zeiten- und Verkehrswende keine Spur: Künftig wird Oberhausen wohl mit deutlich weniger Zügen als bisher angefahren - mangels Lokführer.
Man stelle sich einmal vor, dass zwei Großstädte mit mehreren Hunderttausend Einwohnern nur 14 Kilometer voneinander entfernt liegen, sie aber per Zug nur einmal in der Stunde zu erreichen sind. So kann das am Ende aussehen, wenn der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und die Bahn-Betreiber ihr Sparprogramm für die nächsten Jahre durchsetzen. Dann kann man vom Oberhausener Hauptbahnhof den Essener Hauptbahnhof ohne Umstieg statt wie bisher dreimal in der Stunde nur noch ein Mal erreichen - im schlimmsten Fall.
Denn die Verkehrsverbünde in NRW wollen zusammen mit den Bahnbetreibern erreichen, dass weniger Züge im Land fahren, damit diese künftig pünktlicher und verlässlicher sind. Als Grund für die heutige Unzuverlässigkeit vieler Züge wird der Mangel an aktiven Lokführerinnen und Lokführer angegeben. Start für die Ausdünnung der Fahrpläne soll bereits der 15. Dezember 2024 sein.
Mehrere Zuglinien über Oberhausen sollen gekappt werden
Die Folgen für Oberhausener werden bitter sein. Denn gleich mehrere Zuglinien über Oberhausen im Nahverkehr sollen nach den Überlegungen der Nahverkehrs-Verantwortlichen gekappt, reduziert oder gar eingestellt werden. So wird wohl die einzige Zugverbindung zwischen dem Duisburger Stadtteil Ruhrort und dem Oberhausener Hauptbahnhof für eine unbekannte Zeitdauer ganz eingestellt: Die Regionalbahn RB36 wird in eine Zwangspause geschickt.
Noch arger besonders für Pendler zum Arbeitsplatz ist der Aderlass zwischen der 210.000-Einwohner-Stadt Oberhausen und der 600.000-Einwohner-Stadt Essen: Die S-Bahn 3, die ohnehin statt alle 20 Minuten nur noch alle jede halbe Stunde über Essen nach Hattingen fährt, wird nach den Plänen umgestellt: Sie verbindet dann künftig Oberhausen mit Essen und Hattingen nur noch ein einziges Mal in der Stunde. Derzeit fährt sie in den Kernzeiten, wenn man Glück hat, in jeder Stunde in der Minute 17 und in der Minute 48 von Oberhausen los.
Und noch eine weitere Linie soll geschrumpft werden: Die Regionalbahn RB49 (Wesel bis Wuppertal, Wupper-Lippe-Express genannt) gurkt schon bisher nur ein einziges Mal in der Stunde von Holten über Sterkrade, zum Oberhausener (ab Minute 56) und Mülheimer Hauptbahnhof nach Essen Hauptbahnhof. Dieser Fahrplan soll nun auch noch weiter ausgedünnt werden.
Alternative Verbindung nach Essen führt über einen Umweg in den Essener Norden - mit Umstieg
Da kann es kein Stimmungsaufheller sein, dass der VRR per App heute schon eine alternative Verbindung zum Essener Hauptbahnhof mit einer um ein Drittel längeren Fahrzeit und einem Umsteige-Procedere ausweist: Man gelangt in die Essener Mitte auch über die Nordstrecke mit den Regionalbahn 35 Richtung Gelsenkirchen - wenn man am Bahnhof Altenessen in die U-Bahn 11 umsteigt. Das ist ein Umweg von sechs Kilometern: Statt 14 Kilometer fährt man 20 Kilometer durch die Gegend.
Angesichts dieser drohenden Einschnitte in Klimawandel-Zeiten, in denen man eigentlich per Deutschlandticket-Pauschalpreis mehr Autofahrer auf den öffentlichen Nahverkehr lenken wollte, bleibt Werner Overkamp, langjähriger Chef des Oberhausener Nahverkehrsbetriebs Stoag und Vizepräsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), erstaunlich gelassen. „Die Einsparungen im Regionalverkehr sind auf eine geringere Nutzung der betroffenen Linien zurückzuführen und daher für mich grundsätzlich nachvollziehbar“, meint Overkamp auf Anfrage der Redaktion zu den Sparplänen.
Immerhin aber gibt er an, enttäuscht über den Trend zu sein, nun auch noch bei den Leistungen von Zuglinien zu kürzen: „Ich bedaure die Entwicklung, sie erhöht nicht die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs in Oberhausen. Die Entscheidung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) hat aber keinen Bezug zu unserem Fahrplan-Angebot.“
Ein Trost für Oberhausener Nahverkehrskunden und Autofahrer kann dies aber nicht sein, wenn man folgende Entscheidungen für das nächste Jahr 2025 betrachtet: Das Deutschlandticket verteuert sich von 49 Euro auf 58 Euro im Monat also um satte 18 Prozent - und das Nahverkehrsangebot im Ruhrgebiet schrumpft zusammen. So ist diese Prognose auf jeden Fall nicht gerade gewagt: Da wird es noch schwieriger, mehr Menschen für klimafreundliche Mobilität mit Bussen und Bahnen zu gewinnen.