Oberhausen. Experten über Kritik an der Gesetzes-Grundlage für sogenannte „Kampfhunde“. Beiß-Statistik gibt Aufschluss, wie oft Listenhunde zubeißen.
Ares trottet in aller Ruhe über die Wiese, an den aufgestellten Kegeln entlang. Als ihn sein Frauchen anspricht, schaut er sofort zu Besitzerin Patricia Romanienko hoch. Kurz darauf taucht unerwartet Besuch auf, da blickt der zwei Jahre alte Rottweiler zwar auf, zeigt sich aber wenig beeindruckt.
Hohe Steuer für Listenhunde
Morten Eichhorn beobachtet vom Rand aus die ganze Zeit über das Geschehen. Zum Eingreifen besteht für den Hundetrainer und Leiter von Moes Hundeschule kein Anlass, weder an diesem Tag, noch während der anderen Termine. Die Halterin erscheint mit ihrem Vierbeiner zum regelmäßigen Training, um vor allem das Einhalten von Regeln und den Umgang mit seinen Artgenossen zu üben. „Manchmal ist er bei der Begrüßung noch ein wenig ungestüm, doch das verliert sich nach einiger Zeit“, erklärt der Oberhausener. Da verhalte sich Ares wie so viele andere junge Rottweiler. „Nur eines sind diese Hunde nicht, nämlich per se gefährlich.“
Dass Oberhausen zu den Städten gehört, die eine saftig hohe Hundesteuer für die sogenannten Listenhunde eingeführt hat, zu denen die Rottweiler gehören, stößt bei Morten Eichhorn auf Unverständnis. Andere Städte hätten von einer solchen Praxis längst Abschied genommen. Doch den Weg hält der Oberhausener, vom Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz anerkannter Sachverständiger nach dem Landeshundegesetz, für falsch. Er macht sich darüber hinaus dafür stark, im Gesetz die Rassenlisten abzuschaffen, so wie es beispielsweise zum 1. Juli das Bundesland Brandenburg entschieden hat.
Oberhausen: 35 Hundebisse registriert
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Seine Haltung kann Eichhorn mit Zahlen untermauern. In seiner Funktion wird er regelmäßig für Gefährlichkeitsbewertungen zu Rate gezogen. Die ordnen die Behörden nach einer Attacke oder einem Übergriff auf einen Menschen an, dabei wird das Verhalten des jeweiligen Hundes geprüft. Blättert Eichhorn in seinem Kalender, dann hatte er dieses Jahr bislang zwölf Termine. Unter den Hunderassen findet sich kein einziger Listenhund.
Häufiger tauchen Labradore auf, die gemeinhin als gutmütig und sozialverträglich gelten. Die Erfahrung von Eichhorn passt zu den Zahlen, die die Stadt Oberhausen auf Nachfrage vorgelegt. Danach gab es im Jahr 2023 und bislang in 2024 insgesamt 35 sogenannte „Beißvorfälle“. Nach Angaben von Stadtsprecher Frank Helling war nur ein einziges Mal ein Listenhund beteiligt.
Überraschend: Labradore machen Probleme
Torben Kammilla, wie Eichhorn Trainer und Sachverständiger, gibt seinem Kollegen Rückendeckung, sagt klipp und klar: „Kein Hund wird böse geboren“, sagt der Leiter der Hundeschule „Under Dogs“. Wenn er beispielsweise auf die Kurse von Junghunden bis zu einem Alter von zwei Jahren schaut, dann macht der Anteil von Listenhunden 20 bis 25 Prozent aus. Die sind aber nicht mehr oder nicht weniger auffällig als andere Fellnasen, hebt Kamilla hervor.
Gleiche Erfahrungen steuert auch Morten Eichhorn bei. Besitzer von Listenhunden nehmen an solchen Kursen für junge Vierbeiner teil, weil sie während der ersten beiden Lebensjahre nur auf diese Weise von der Maulkorb- und Leinenpflicht für den Vierbeiner entbunden werden können. Da erweisen sich schon mal eher Labradore als schwierig. Kürzlich sei ein Teilnehmer sogar von einem Chihuahau gebissen worden, erzählt Kammilla, und zwar sehr heftig. Morten Eichhorn hat auch schon einige Bisswunden hinter sich, unter anderem ein Labrador, zwei Mal Bulldoggen. Listenhunde: Fehlanzeige.
Junge Listenhunde: Halter müssen regelmäßig in die Hundeschule
Für die Besitzer der Listenhunde bis zwei Jahre besteht übrigens die Pflicht zu regelmäßiger Teilnahme, soll es bei der Befreiung von Leinen- und Maulkorbpflicht bleiben. Wer mehrfach fehlt, den melden die Trainer der Stadt. Denn am Ende tragen sie Verantwortung, wenn doch mal etwas passieren sollte,
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Will ein Besitzer nach der Junghundezeit erreichen, dass sein Pfiffi vom Leinen- und Maulkorbzwang ausgenommen bleibt, ist der so genannte Wesenstest erforderlich. Wenn der Hund den besteht, dann können sich seit dem 1. Juli Herrchen oder Frauchen auch von der höheren Steuer befreien lassen.
Bevor allerdings ein solcher Test anberaumt wird, sehen sich die Trainer die Hunde genau an, vereinbaren Trainingsstunden, damit es am Tag selbst auch klappt. Die Prüfung nimmt mehrere Stunden in Anspruch. Ein Teil ist auf offener Straße zu absolvieren. Da schauen die Sachverständigen, wie der Hund (an der Leine, mit Maulkorb) auf andere Hunde reagiert, aber auch wie er sich Menschen gegenüber verhält. Bei solchen Stresstests richten sich die Blicke der Fachleute aber nicht allein auf den jeweiligen Vierbeiner, sondern vor allem schauen die Fachleute darauf, wie „das andere Ende der Leine“ reagiert. Vereinfacht gesagt, kommt es darauf an, ob die Halterin oder der Halter den Hund im Griff hat.
Viele Oberhausener Hundehalter sind verunsichert
Seit der Einführung der neuen Oberhausener Regeln sei eine gewisse Verunsicherung unter den Haltern zu spüren, erklärt Kammilla. Viele Leute fragen, was sie genau machen müssen, um von der hohen Steuer befreit zu werden. Verwundert sind nach seinen Erfahrungen auch einige Halter, dass die Prüfungen und vorgelagerten Trainingsstunden durchaus dreistellige Kosten verursachen. Auf Nachfrage im Rathaus erklärt Sprecher Helling zur Vorgehensweise: Der Halter eines Listenhundes soll der Stadt mitteilen, wann der Wesenstest erfolgt. Bis dahin sei er noch von der höheren Steuer befreit.
Ares hat die Prüfung seit kurzem hinter sich und auch erfolgreich bestanden. Besitzerin Patricia Romanienko hatte schon mehrere Rottweiler, sagt deutlich: „Das sind tolle Hunde“ und holt ein Leckerchen aus der Tasche.
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