Oberhausen. Als im April der Kriminalitätsbericht vorgestellt wurde, schrillten Alarmglocken: Gewalttaten waren deutlich gestiegen. Nun gibt es neue Zahlen.

Mehr Gewalt, mehr Straßenkriminalität, mehr Verletzte, mehr Diebstähle: Als im März dieses Jahres der Oberhausener Kriminalitätsbericht vorgestellt wurde, gab es wahrlich keinen Grund zur Freude. Die Kriminalität war 2023 im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen – in Oberhausen ebenso wie in ganz NRW. Nun gibt es erste, wenn auch vorsichtige, Zahlen aus dem laufenden Jahr. Und die geben zumindest in Teilen Grund zur Hoffnung, dass der Trend zwar nicht umgekehrt, aber immerhin gebremst wird.

Oberhausens Polizeipräsidentin Sylke Sackermann brachte die Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2024 mit in den Gleichstellungs-Ausschuss im Rathaus, wo sie sich vor wenigen Tagen persönlich vorstellte. Sackermann leitet das Oberhausener Präsidium erst seit diesem Jahr. Für den Ausschuss hatte die Polizeipräsidentin ausgewählte Zahlen dabei. Eine Momentaufnahme ohne Gewähr, da die offizielle Kriminalitätsstatistik für die einzelnen Städte tatsächlich nur einmal im Jahr erhoben wird und nicht halbjährig. Doch sie liefern zumindest eine erste Orientierung.

„Das ist immer noch nicht rosig, aber die Zahlen sind immerhin nicht weiter gestiegen.“

Sylke Sackermann
Polizeipräsidentin in Oberhausen

So verzeichnet Oberhausen bei der Kriminalität insgesamt einen leichten Rückgang im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr. Beschönigen wolle die Expertin aber nichts. „Das ist immer noch nicht rosig.“ Denn der leichte Rückgang kann den enormen Anstieg des Vorjahres nicht wettmachen, das Niveau insgesamt bleibt hoch. „Doch es ist immerhin nicht weiter angestiegen.“

Bei Gewaltdelikten wie Mord, Totschlag oder Körperverletzung sind die Zahlen im ersten Halbjahr 2024 schon etwas deutlicher zurückgegangen: minus 17 Prozent. Für den entsprechenden Vorjahres-Zeitraum mussten die Experten damals ein Plus von knapp 26 Prozent verkünden. Die Zahlen liegen laut Sackermann jetzt wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. Zufrieden könne man damit aber selbstverständlich nicht sein.

Oberhausens Polizeipräsidentin Dr. Sylke Sackermann, fotografiert während eines Interviews im Februar 2024.
Oberhausens Polizeipräsidentin Dr. Sylke Sackermann, fotografiert während eines Interviews im Februar 2024. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das trifft auch auf den Bereich der Straßenkriminalität zu. Auch hier sind die Fälle im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht, nämlich um gut ein Prozent, zurückgegangen. Doch im gleichen Zeitraum 2023 waren die Zahlen bereits um knapp zwölf Prozent in die Höhe geschnellt. Die Zahlen bleiben auf hohem Niveau, sind aber nicht noch weiter angestiegen. Im ersten Halbjahr hat die Oberhausener Polizei bereits mehr als 2000 Fälle aus dem Bereich Straßenkriminalität gezählt.

Kriminalität in Oberhausen: 80 junge Frauen werden Opfer von Gewalt

Mit Blick auf das Schwerpunktthema des Ausschusses, also die Gleichstellung von Mann, Frau und Divers, hatte Polizeipräsidentin Sackermann weitere Auswertungen dabei. So haben die Daten ergeben, dass von Januar bis Juni dieses Jahres knapp 60 junge Frauen unter 21 Jahren Opfer eines Gewaltdeliktes geworden sind. Knapp 80 weibliche Opfer waren zwischen 21 und 59 Jahre alt, 15 Frauen waren älter als 60.

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Auch die Zahlen der Fälle von häuslicher Gewalt in Oberhausen hatten die Fachbereiche der Polizei für Sackermann ausgewertet: Ganze 415 Mal war es im Jahr 2023 zu Gewalttaten innerhalb einer Familie oder einer Beziehung gekommen. Rund 190 Mal musste die Polizei gewalttätige Menschen der Wohnung verweisen oder andere Platzverbote aussprechen. Im ersten Halbjahr 2024 ist es bislang zu 170 Taten gekommen, wobei Fachfrau Sylke Sackermann die Hoffnung auf insgesamt sinkende Zahlen nicht allzu hoch halten will. Denn innerhalb eines Jahres kann es Monat für Monat zu erheblichen Schwankungen bei den Fallzahlen kommen, sodass eine Hochrechnung schwierig ist.

Illegale Prostitution bereitet in Oberhausen Sorgen

Sorge bereitet der Polizei derzeit die illegale Prostitution. Seit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns bieten immer mehr Frauen im Sex-Gewerbe ihre Dienste in der eigenen Wohnung an. Das ist verboten. Dennoch registriert die Polizei eine „stetige Erhöhung“ entsprechender Werbeanzeigen auf einschlägigen Internetseiten. 74 Mal mussten Beamtinnen und Beamte im vergangenen Jahr 2023 gegen illegale Prostitution einschreiten, betroffen waren insgesamt neun Frauen. In diesem Jahr gab es bis Ende Juni zwar „nur“ 31 Meldungen über Wohnungsprostitution, doch die Zahl der betroffenen Frauen ist allein im ersten Halbjahr auf 21 gestiegen.

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Die Sorgen und Probleme dieser Frauen beschäftigten im Ausschuss vor allem die SPD und die Grünen. Deren Sprecherinnen Claudia Salwik (SPD) und Stefanie Schadt (Grüne) regten an, den Frauen neben einer Strafanzeige auch Hilfsangebote zu unterbreiten. Polizeipräsidentin Sylke Sackermann sah sich zwar nicht zuständig, sagte aber zu, mit den entsprechenden Stellen der Stadt zusammenarbeiten zu wollen.

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