Oberhausen. Nicht nur Oberhausens berühmteste Kabarettistin Gerburg Jahnke hält die anhaltende Gastro-Wüste rund um Ebertbad und Theater für einen Skandal.
- Im Oberhausener Marienviertel gibt es zwei bedeutende Theater, aber kein Restaurant
- Darüber regt sich nicht nur Gerburg Jahnke auf: Viele Menschen im Marienviertel engagieren sich in einer Initiative
- Initiatoren wollen der Stadt Beine machen: mit einer Party-Demo am 5. September
Wer in diesen Tagen am Oberhausener Theater und der beliebten Kultur-Spielstätte Ebertbad vorbeischlendert, der bleibt überrascht am Gebäude des ehemaligen italienischen Restaurants „Giu“ (auf deutsch „unten“) stehen: Die Scheiben sind mit Zeitungspapier und bunten Plakaten beklebt, sodass man dort nicht mehr hineinsehen kann, über dem gläsernen Wintergarten hängt das Banner „Neueröffnung am 5. September 2024“.
Ein kleines quadratisches Guckloch, ausgeschnitten an der Tür, ist aber noch vorhanden: Der Neugierige erblickt hier einen hübsch gedeckten Tisch mit Kerzenleuchtern und Stoff-Servietten. Sogar nachts wird dieser Tisch auffallend schön beleuchtet. Was ist da los? Eine Renovierung? Eine Kunstaktion? Zunächst hüllten sich die Macher gegenüber der Öffentlichkeit in Schweigen.
Schon vier Jahre gibt es im „Giu“-Gebäude keine italienische Esskultur mehr; während der Pandemie, im Herbst 2020, musste der Wirt nach anderthalb Jahrzehnten Restaurantbetrieb Insolvenz anmelden. Das Leben im Nebenteil des Ebertbades steht still. Dabei gehört die Immobilie der Stadt Oberhausen, doch die schafft es bisher nicht, dem Glashaus nebst Souterrain neues Leben einzuhauchen. Es gab direkt nach der Insolvenz Interessenten, schon im Sommer 2021 verhandelte die Stadt mit acht Bewerbern.
Doch am Ende scheiterte alles, vor allem am Geld. Denn das Restaurant ist sanierungsbedürftig, viele Hunderttausend Euro müssen nicht nur für die Küchentechnik hineingesteckt werden. Zahlt die Sanierung der neue Betreiber oder die Stadt als Eigentümer? Wie hoch soll dann die monatliche Pacht werden? Erfahrene Gaststättenbetreiber sprangen angesichts der von der Stadt vorgeschlagenen Konditionen lieber ab.
Doch jetzt reicht es den Menschen im einzigen Kulturviertel der Stadt Oberhausen: Anwohner haben sich schon seit einiger Zeit zu einer Initiative „Offenes Forum Marienviertel“ versammelt, die sich regelmäßig sogar in Arbeitskreisen trifft, um ihrem Quartier einen Schub zu geben.
Dank der Proteste dieser Initiative bleibt die Grünfläche am John-Lennon-Platz nun erst mal von einer Bebauung verschont, kann für besondere Events genutzt werden. So wurde auf dem Areal im April nicht nur ein gut besuchtes Nachbarschaftsfest gefeiert, sondern zugleich eine von Kabarettistin Gerburg Jahnke gespendete Statue, die „Tänzerin Nr. 4“ von Jörg Mazur, enthüllt. Eine Müllsammel-Gruppe sorgt dafür, dass das bürgerliche Marienviertel zwischen Rathaus und Theater sauber bleibt. Eine Organisationsgruppe der Initiative bereitet einen Weihnachtsmarkt vor. Und eine andere sorgt sich eben um die gastronomisch trostlose Lage am Ebertplatz, darunter auch Jahnke selbst.
„Das Ganze ist hier doch ein Skandal. Wir haben hier zwei überregional bekannte Theater, die viel Publikum auch aus Nachbarstädten anziehen.“
„Das Ganze ist hier doch ein Skandal. Wir haben hier zwei überregional bekannte Theater, die viel Publikum auch aus Nachbarstädten anziehen, und hier gibt es keine Möglichkeit, vor den Aufführungen oder danach etwas zu speisen oder zu trinken“, kritisiert die seit Jahren im Marienviertel wohnende Gerburg Jahnke im Gespräch mit der Redaktion.
Genauso sieht dies Angela Gareis von der Initiative: „Herausragendes Merkmal von Oberhausen ist das vielfältige Kultur- und Freizeitangebot - und da leistet es sich die Stadt, ihren Besuchern kein gastronomisches Angebot zu bieten.“ Denn auch das ehemalige Fischrestaurant „Chamai“ ist weg, das „Falstaff“ im Theater-Gebäude hat wegen Renovierung viele Monate geschlossen und das nahe „Hotel zum Rathaus“ öffnet die Restaurant-Kneipe im Prinzip nur für eigene Gäste.
Deshalb sind die Initiatoren im Marienviertel wild entschlossen, der Stadt Beine zu machen. Am Donnerstag, 5. September, ab 18 Uhr sollen möglichst viele Bürger vor dem früheren „Giu“ eintrudeln, um zu zeigen, wie schön es wäre, wenn es endlich wieder eine Gastronomie im Stadtviertel geben würde.
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„Wir ordern Pizza und geben diese gegen eine Spende ab. Ein Bierwagen wird auch aufgefahren, an dem man sich alle möglichen Getränke kaufen kann“, erzählt Jahnke. „Wir laden auch Politiker und Verantwortliche der Stadt ein und hoffen auf zahlreiches Erscheinen. Denn wir wollen erreichen, dass der Mangel endlich behoben wird.“ Auf dem Ebertplatz wird also nicht geringeres stattfinden als eine Demo-Party, eine Kundgebung für Lebensqualität und Kultur - noch dazu am Vorabend der ersten Spielzeit-Premiere im Studio des Theaters mit dem passenden Titel „Utopia“.
Auf zahlreichen Flugblättern informiert die Initiative die Anwohnerinnen und Anwohner über das Ereignis: „Über vier Jahre Leerstand sind genug. Wir fordern die Stadt auf, zu handeln. Wir tun einen Abend lang so, als hätten wir eine funktionierende Gastronomie im Kulturviertel unserer Stadt.“ Bei hoffentlich schönem Wetter soll draußen diskutiert, gegessen und getrunken werden - als ob die Welt in Ordnung wäre.