Oberhausen. Nach den Gewalttaten von Jugendlichen am Oberhausener Hauptbahnhof will die CDU eine Video-Überwachung. Die FDP hat eine Alternative.

  • Seit Jahren diskutieren Oberhausener Parteien darüber, ob der Hauptbahnhof nicht komplett mit Videokameras überwacht werden sollte.
  • Doch es gibt rechtliche Hürden, diesen von Bürgern als unsicher empfundenen Ort mit Videokameras auszustatten
  • Die CDU fordert hier eine Umsetzung, die FDP sieht erhebliche, kaum lösbare Probleme

Die Oberhausener FDP stuft zwar den Hauptbahnhof samt Umgebung als ein Kriminalitäts-Schwerpunkt im Stadtgebiet ein, hält aber eine Dauer-Videoüberwachung durch Kameras der Polizei für vollkommen unrealistisch. „Das ist ein Luftschloss der CDU“, meint FDP-Ratsgruppenchef Marc Hoff im Gespräch mit der Redaktion. Die Installation einer umfangreichen Videobeobachtung nach dem NRW-Polizeigesetz sei aus rechtlichen, technischen und personellen Gründen in den nächsten Jahren nicht umsetzbar. Das habe die FDP gründlich geprüft.

Angesichts der tödlichen Messerattacken von Jugendlichen auf zwei ukrainische Basketballer stellt die Oberhausener CDU im Rat den Antrag, auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs ein intelligentes Videobeobachtungssystem installieren zu lassen - in der Hoffnung, dass sich so Straftaten reduzieren lassen. Die örtlichen Liberalen, im Rat ohnehin nur mit zwei Ratsmitgliedern vertreten, wenden sich zwar grundsätzlich dagegen, die Überwachung durch den Staat auszudehnen, da dann Freiheiten der Bürger eingeschränkt würden. Doch den Oberhausener Hauptbahnhof bewertet die FDP als Ausnahme: „Hier könnte und müsste man die Überwachung verstärken, dann aber nicht nur auf dem Vorplatz, sondern besonders auch am hinteren Ausgang, da fühle sogar ich mich unsicher“, gibt Hoff zu. Sein FDP-Ratskollege David Bletgen sieht es ebenso als notwendig an, die „subjektiv gefühlte Sicherheit der Menschen am Oberhausener Hauptbahnhof zu erhöhen“.

Hoher Polizeieinsatz bei Live-Videoüberwachung am Hauptbahnhof

Nur wie? Denn bedauerlicherweise sei die Umsetzung einer Videoüberwachung derzeit nicht möglich. Zunächst müsste der Hauptbahnhof als Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft werden - hier müssten gerichtsfest nachweisbar 30 Mal mehr Straftaten passieren als im stadtweiten Oberhausener Schnitt. Bekanntlich lag die Kriminalität am Hauptbahnhof bisher nach Polizei-Angaben bei weitem nicht so hoch.

Sollte es trotzdem zur Videobeobachtung kommen, schreibt das NRW-Polizeigesetz vor, dass die Live-Überwachung durch mindestens einen Polizeibeamten beobachtet wird und während der Rund-um-die-Uhr-Bewachung ein Streifenwagen in der Nähe ist, um direkt eingreifen zu können. Die FDP hat auf dieser Basis errechnet, dass mindestens 16 Polizeistellen durch eine solche Videoüberwachung gebunden sind.

Die FDP-Ratsherren Marc Hoff und David Bletgen im Rat der Stadt Oberhausen (vorne sitzend, von links).
Die FDP-Ratsherren Marc Hoff und David Bletgen im Rat der Stadt Oberhausen (vorne sitzend, von links). © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Es gibt allerdings zu so einem hohen personellen Polizei-Einsatz eine Alternative, die die baden-württembergische Stadt Mannheim als Modellversuch austestet. Fast 70 Kameras überwachen die Mannheimer Innenstadt, eine Software auf Basis Künstlicher Intelligenz wertet die Sachverhalte vor Ort in Echtzeit aus. Dabei müssen nicht rund um die Uhr Polizisten alle Monitore im Blick haben, denn diese erhalten nur die von der KI analysierten Bilder eines Ernstfalls: Schlägereien, Messerstechereien, Diebstähle oder Raub. Soweit die Theorie. In der Praxis aber macht die Software noch erhebliche Probleme, die Technik ist noch nicht ausgereift.

Software der Videoüberwachung in Mannheim mit Schwächen

Deshalb ist der Modellversuch in Mannheim noch um drei weitere Jahre verlängert worden. „Die Künstliche Intelligenz hat noch zu viele Schwächen: Auch Umarmungen wurden als Schlägereien gedeutet; ein Raub wiederum wurde gar nicht gemeldet“, erzählt Hoff. Bevor Oberhausen diese Technik einsetzen könnte, würden höchstwahrscheinlich fünf bis zehn Jahre vergehen - inklusive Evaluierung des Modellversuchs, Verbesserung der Technik, Änderung des NRW-Polizeigesetzes und Installation.

Die Liberalen haben deshalb eine einfache Lösung entwickelt, die nicht so personalintensiv ist wie die heutige polizeiliche Videoüberwachung: „Die Polizisten sollten ganz analog mehr Streife am Hauptbahnhof gehen oder fahren - das macht doch vor Ort auch viel mehr Eindruck“, schlagen Hoff und Bletgen vor.