Oberhausen.. Oberhausen hat sich verpflichtet, nur noch Produkte für die Stadt zu kaufen, die ohne Kinderarbeit entstehen. Die Stadt wird so Teil des Netzwerkes “Faire Kulturhauptstadt Ruhr“. Bis zur Umstellung der Vergabepraxis werden wohl zwei Jahre vergehen.

Wilhelm Wölting hatte einen Pflasterstein mitgebracht. „Der stammt aus einem Steinbruch in Indien, in dem garantiert keine Kinder gearbeitet haben“, erklärte Wölting unserem Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD). Steine wie dieser sollen bald nur noch auf unseren Plätzen und Fußgängerwegen gelegt werden: Mit seiner Unterschrift der „Magna Charta Faire Metropole Ruhr“ verpflichtete sich Wehling, im öffentlichen Beschaffungswesen auf Produkte zu verzichten, deren Hersteller nicht explizit auf ausbeuterische Kinderarbeit verzichten.

"Faire Kulturhauptsstadt Ruhr"

53 Revierstädte sowie Heiligenhaus haben seit Mitte des vergangenen Jahres diese Charta unterzeichnet. Initiiert hat das gemeinsame Engagement für ein faireres Beschaffungswesen das Netzwerk „Faire Kulturhauptstadt Ruhr“ und der Essener Wilhelm Wölting: „Dass sich eine ganze Region zu diesem Thema bekennt, ist einmalig“, sagt Wölting.

So einmalig, dass noch keine Erfahrungswerte darüber bestehen, mit welchen Mehrkosten die politisch korrekte Erklärung verbunden ist. Im privaten Verbrauch sind fair gehandelte Produkte im Schnitt drei Prozent teurer als gleichwertige, konventionell produzierte Waren. Das liegt auch daran, dass diese Produkte in kleineren Mengen vertrieben und Fixkosten etwa für den Transport auf weniger Waren verteilt werden.

Hoher Verwaltungsaufwand

Ob dieser preisliche Unterschied auch bei der öffentlichen Beschaffung ins Gewicht fällt, bei der ja größere Posten geordert werden, ist noch nicht abzusehen. „Unumstritten ist aber“, so Aiko Wichmann von der Stadt Dortmund, „dass der Verwaltungsaufwand sehr viel größer ist“. Dortmunds OB Sierau hatte die Charta bereits im Sommer unterschrieben, die Stadt ist mehrfach als „Hauptstadt des fairen Handels“ ausgezeichnet worden. „Produkte - ob fair oder nicht - werden teuer, wenn es keinen Wettbewerb gibt. Bei Kleidung etwa ist das Angebot fair gehandelter Waren groß.“ Deshalb tragen etwa die Mitarbeiter der Stadt-Kantine T-Shirts mit Fair-Trade-Siegel.

Damit das auch in Oberhausen möglich werde, so Robert Oberheid vom hiesigen Agenda-Büro, müsse der Rat eine Änderung unseres Vergaberechts beschließen. Erst seit 2009 ist das kein Problem mehr: Damals hatte die Bundesregierung beschlossen, bei der öffentlichen Beschaffung auch vergabefremde Aspekte sozialer und ökologischer Art zu berücksichtigen - etwa auch den Verzicht auf ausbeuterische Kinderarbeit.

250 Millionen Kinder werden derzeit ausgebeutet

„Bis eine Stadt ihre Vergabepraxis komplett umgestellt hat, das wird rund zwei Jahre dauern“, schätzt Vera Dwors vom Netzwerk „Faire Kulturhauptstadt Ruhr“. So lange begleitet sie die Verwaltungen, hilft bei rechtlichen Prüfungen und der Recherche nach gesiegelten Herstellern. Auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) will sich in diese Arbeit einbringen. Im Frühsommer wird das Oberhausener Gebäudemanagement, das sich in unserer Stadt ums öffentliche Beschaffungswesen kümmert, außerdem vorlegen, welche ihrer Zulieferer bereits explizit auf Kinderarbeit verzichten. Das kündigt Manfred Flore (SPD) auch für die Feuerwehr an.

Erst im November 2000 hatte sich die Internationale Staatengemeinschaft dazu verpflichtet, alle Formen ausbeuterischer Kinderarbeit zu beenden. Weltweit wird die Zahl der Kinder, die unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen, noch auf rund 250 Millionen geschätzt.