Oberhausen. Bilfinger entwickelt Patente und Techniken, um Wärme besser zu nutzbar zu machen. Neun-Millionen-Euro-Auftrag für neues Braunkohlekraftwerk in Polen.

Korea, Kanada, Thailand – Frank Adamczyk ist auf der ganzen Welt unterwegs, um das zu verkaufen, was in Oberhausen entwickelt und konstruiert wird. Mit Erfolg, denn Bilfinger hat einen Neun-Millionen-Auftrag an Land gezogen: Für ein neues, hocheffizientes Braunkohlekraftwerk im polnischen Turow liefert das Unternehmen ein Rauchgaswärmeverschubsystem.

Fertigung in Thailand

Das zehnköpfige Design-Team in Oberhausen um Frank Adamczyk, den Leiter der Abteilung Wärmenutzung, arbeitet auf Hochtouren. Denn das neue Kraftwerk soll im Jahr 2020 in Betrieb gehen. In diesem Sommer beginnt die Fertigung der Teile; im Frühjahr 2017 soll die erste Auslieferung starten. Während die Köpfe in Oberhausen rauchen, die Zeichnungen und Pläne erstellt werden, findet die Fertigung der Bauteile in Thailand statt, wo seit über 20 Jahren eine hundertprozentige Tochter von Bilfinger sitzt. Von hier aus werden die Bauteile in die ganze Welt – in diesem Fall nach Europa – verschifft.

Weltweit hat Bilfinger bereits mehr als 30 Kraftwerke ausgestattet. Dieses Mal ist ein neues Kraftwerk in Polen an der Reihe. Auftraggeber ist Mitsubishi Hitachi Power Systems Europe, der praktischerweise ganz in der Nähe, in Duisburg, seinen Sitz hat.

Was aber genau macht dieses Rauchgaswärmeverschubsystem made in Oberhausen? Und was macht es so besonders?

Mit einem Wärmeverschubsystem wird Wärme aus Rauchgasen, die in dem Kessel des Kraftwerks entstehen, nutzbar gemacht, statt den Rauch einfach in die Atmosphäre zu entlassen. Das heiße Rauchgas – es hat um die 160 Grad – wird heruntergekühlt. Durch die Abkühlung im sogenannten Rauchgaskühler, der ebenfalls aus der Feder von Oberhausener Ingenieuren und Technikern stammt, wird zugleich Wasser in dessen Rohren erwärmt. Dieses warme Wasser wird zurück in einen Luftvorwärmer für den Kessel geführt.

Im Bereich Forschung tut sich einiges

Man kann es mit dem Kochen vergleichen: Es ist schneller, einen Topf mit bereits warmen Wasser auf dem Herd zum Kochen zu bringen, als einen mit kaltem Wasser. Es spart also Energie. Frank Adam­czyk liefert ein Rechenbeispiel: Das neue Braunkohlekraftwerk in Polen soll 8000 Stunden im Jahr laufen, produziert demnach zusätzlich 65 Millionen Kilowattstunden und damit, so Adamczyks Rechnung, Strom im Wert von mehreren Millionen Euro im Jahr. Allein durch die Nutzung des Rauchgases.

Damit erzielt das Kraftwerk einen besonders hohen Wirkungsgrad mit 43 Prozent. Zum Vergleich: Braunkohlekraftwerke herkömmlicher Bauart hätten in der Regel einen Wirkungsgrad von 35 bis 40 Prozent, erklärt der Diplom-Ingenieur. Außerdem sei das Kraftwerk das erste weltweit, das die neuen verschärften europäischen Emissionsgrenzwerte einhalten werde.

Doch der Entwurf und der Bau dieser modernen Systeme ist nicht alles, womit sich Adamczyks Abteilung bei Bilfinger beschäftigt. Die Kraftwerke werden gewartet, Teile ausgetauscht oder repariert, Kraftwerke modernisiert. Und auch im Bereich Forschung tut sich einiges. In der Anlage zur Rauchgasreinigung zum Beispiel stecken Teile, für die Bilfinger über Patente verfügt. Die „Free Flow Spacer Ebene“, die Stützen für die Kunststoffrohre, durch die das Wasser fließt, sind ein solches Patent. Eines, das sich eben in die ganze Welt verkauft.