Oberhausen. Eine Gasexplosion nahm den Sauerborns im Sommer 2012 ihr Haus in Sterkrade und den Großteil ihres Besitzes. Durch Unterstützung von Nachbarn und Freunden schaffte die Familie es wieder auf die Beine zu kommen. Den Anblick des zerstörten Hauses kann die Mutter immer noch nur schwer ertragen.

Wenn man aufhört zu lachen, dann wird man depressiv, sagt Sabine Sauerborn. Und lacht. Sie erzählt von dem Wintergarten, den sich ihre Familie erst im Frühjahr geleistet hatte. So robust sei er, hatte das beauftragte Unternehmen geworben, der überstünde sogar einen Flugzeugabsturz. Im Sommer schickten die Sauerborns der Firma ein Foto. Ein Bild ihres Zuhauses an der Hirtenstraße, unwiederbringlich zerstört durch eine heftige Gasexplosion. Nur der Wintergarten, das sah man auf dem Foto, der stand immer noch.

Das Schicksal der Sauerborns und ihrer Nachbarn, es hatte im Sommer Menschen in der ganzen Stadt bewegt. Die Sterkrader hatten in nur einem Augenblick ihr komplettes Zuhause verloren, in Trümmern lag das 100 Jahre alte Doppelhaus, in dem Sabine Sauerborn aufgewachsen war und ihre Tochter aufwachsen sollte. Fotoalben, Kleidung und Geschirr waren unter dem Schutt begraben, sechs Menschen verloren alles.

Was blieb, passt in 25 Kartons

Eine Propangasflasche auf dem Balkon des Nachbarn war offenbar undicht gewesen. Über Tage hatte sich das Gas in seinen Keller gesenkt und sich wahrscheinlich entzündet, als die Heizungsanlage in Betrieb ging. Die heftige Explosion war am Morgen des 8. Juni kilometerweit zu hören, das Doppelhaus, in dem Sabine Sauerborn mit Mann, Tochter und Mutter Tür an Tür mit ihrem Nachbarn und dessen Vater lebte, war so heftig beschädigt worden, dass es innerhalb weniger Tage komplett abgerissen wurde. Was übrig blieb vom Zuhause der Sauerborns, das passt heute in 25 Kartons. Im Lagerraum von fünf Quadratmetern füllen die Kisten gerade einmal den Boden aus.

Nur weil alle Bewohner im mittleren Teil des Doppelhauses und damit im Zentrum der Explosion geschlafen hatten, überlebten sie das Unglück mit nur leichten Verletzungen. Hätten sie an einer Außenwand gestanden, die Druckwelle hätte sie erfasst und wohl nach draußen geschleudert.

Nachbarn und Freunde halfen

„Wir hatten unglaubliches Glück“, sagt Sabine Sauerborn. An diesem Dezembermorgen sitzt sie im Sterkrader Café Cordes und nippt an einem Latte Macchiato. Immer wieder nickt sie anderen Gäste zu, viele kennen sie noch aus der Zeit, in der Sauerborn mit ihrer Mutter ein Modegeschäft an der Steinbrinkstraße führte. Erst Anfang des Jahres hatte die 45-Jährige das Geschäft aufgegeben, weil sie einen beruflichen Neustart wagen wollte. Nun ist es ein ganz anderer Neuanfang für die Familie.

Von den helfenden Händen spricht Sabine Sauerborn, die sich nach dem Unglück von allen Seiten der Familie entgegenstreckten. Nachbarn und Freunde öffneten unaufgefordert ihre Wohnungen, halfen, die wenigen geretteten Habseligkeiten zu lagern. Bauarbeiter sammelten Besteck in Eimern ein, Fremde boten Kleider-, Möbel- und Lebensmittelspenden an, das Team im Jugendhaus „Falkentreff“ sammelte beim Sommerfest Geld. „Auch die Mitarbeiter der Versicherungen und der Stadt haben sich immer große Mühe gegeben. Wir möchten allen danken“, sagt Sabine Sauerborn.

Nur der Briefkasten ist noch da

Über Wochen zogen sich die Gespräche mit den Versicherungen hin, bis zum Handtuch im Schrank mussten die Sauerborns ihr verlorenes Hab und Gut auflisten. Derweil zogen sie in den Norden des Sterkrader Bezirks, um zur Ruhe zu kommen und das Erlebte zu verarbeiten.

Lässt sich nicht unterkriegen: Sabine Sauerborn, die im Sommer diesen Jahres fast alles verlor, was sie besaß – allem voran ihr Elternhaus.
Lässt sich nicht unterkriegen: Sabine Sauerborn, die im Sommer diesen Jahres fast alles verlor, was sie besaß – allem voran ihr Elternhaus. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool

In einer Wohnung leben sie nun, möbliert zwar, doch letztlich fehlte es anfangs an allem, vom Topf bis zur Zahnbürste. So brachte die Familie einen Teil ihres Ersparten für Notwendiges auf. Man glaube gar nicht, mit wie wenig man leben könne, sagt Sabine Sauerborn. Nur das Geld für einen lange versprochen Schüleraustausch der Tochter, das blieb unangetastet. „Dieser Austausch ist wichtig, darauf soll sie nicht verzichten.“

Um ihre Post abzuholen fahren Sabine und Volker Sauerborn noch immer fast täglich zu dem Grundstück, an dem nur noch ein Briefkasten an das 100 Jahre alte Haus erinnert, das Sauerborns Eltern über Jahre herrichteten. Nie bleibe sie lange dort, sagt Sabine Sauerborn, noch immer sei der Anblick schwierig.