Oberhausen. Um das Infektionsrisiko zu senken, hüllt sich ein Oberhausener Praxis-Team in Ausrüstung mit Akku-Luftfiltern. Nur etwas für Zahnärzte?
Der leidige Kontrolltermin beim Zahnarzt: Man sollte ihn regelmäßig wahrnehmen. Wer weiß, welche Schäden der Arzt des Vertrauens erkennt - und zeitnah reparieren muss? Nur halten in Corona-Zeiten viele ihre Sorgen um Karies & Co. aus Angst vor einer Ansteckung in der Praxis zurück. Und sogar die Zahnärzte und deren Helfer verunsichert die Pandemie. Die gehen oft mit einem mulmigen Gefühl in die Praxis.
Das galt lange auch für den Oberhausener Zahnarzt Ilker Sentürk von der Praxis am Rathaus. Sein Team und er nutzten bis vor kurzem FFP-3-Masken und Overalls, die vor dem Virus schützen sollen. Zufrieden ist in der Praxis an der Elsa-Brandström-Straße damit niemand.
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„Wir sind an der Quelle des Geschehens, weil wir jeden Tag am offenen Mund arbeiten“, sagt Ilker Sentürk. Da müsse es irgendetwas anderes geben, das besser schütze als die vorhandenen Masken, sagte sich der Zahnarzt. Tag für Tag riefen derweil die Patienten an: Tschuldigung, aber ich komme erst wieder, wenn Corona vorbei ist.
Zahnarzt Ilker Sentürk: Die begründete Angst vor Aerosolen ist auf beiden Seiten groß
Die Angst unter seinen Mitarbeiterinnen war ebenso groß: Was, wenn ein Patient das Virus in die Praxis schleppt? Die Tröpfchen und Aerosole, die sich beim Bohren, Kratzen und Schleifen im Raum verteilen, erhöhten das Risiko einer Infektion erheblich, meint der 50-Jährige.
Zudem seien die FFP-3-Masken teuer und schnell aufgebraucht. Seit dem ersten Lockdown suchte Ilker Sentürk deshalb zusammen mit seiner Frau Sevgi nach einer Alternative – und wird in einer Zeitung fündig.
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Hier erfährt er von einem Zahnarzt-Kollegen aus Bielefeld, der mit Vollatemschutzmasken eines schwedischen Unternehmens rundum zufrieden sei. Wer die Praxis am Rathaus jetzt betritt, wird sich zweimal die Augen reiben müssen, bevor er erkennt: Ich bin beim Zahnarzt.
Zahnarzt Ilker Sentürk sieht aus wie NASA-Astronaut
In grellem Orange sehen Ilker Sentürk und seine Mitarbeiterinnen aus wie eine NASA-Raummannschaft direkt vor dem Countdown. Das akkubetriebene Luftfiltersystem hilft Patienten und Mitarbeitern gleichermaßen und sei mit 99,97 Prozent effektivem Virenschutz vor allem eins: sicher.
„Zuerst lachen die Patienten, dann schätzen sie die Mühe, die wir uns machen“, sagt Sevgi Sentürk, 42. Sie ist am Empfang die einzige ohne „Raumanzug“ in der Praxis. Denn das teure System hat seine Tücken.
Unter der Haube hört der Träger schlecht, die Akkus auf dem Rücken brummen, müssen alle acht Stunden geladen und die verbauten Luftfilter gereinigt werden. Trotzdem habe sich das Team seit Mitte November an die notwendigen Übel gewöhnt, sagt Sevgi Sentürk.
Virenkiller von Zahnarzt Ilker Sentürk kostet richtig Geld
Auf der Facebook-Seite der Praxis sind die Reaktionen auf ein Foto mit Anzügen durchweg positiv. „Wir mussten etwas für uns und unserer Patienten tun – denn viele hatten Angst, sich bei uns anzustecken", heißt es da. Manche Patienten fragen jetzt nach, was der orange Virenkiller kostet.
Der ist kein billiges Vergnügen: Über 1000 Euro hat der Zahnarzt pro Stück bezahlt. Für die Altenpfleger unter den Patienten eine astronomisch hohe Summe. Sie winken ab. Resignierend falle dann meist ein Satz, meint Sevgi Sentürk. „Sie sagen: Das wird mein Chef nie bezahlen.“
Üblicherweise werden die teuren Anzüge einer schwedischen Firma in Chemielaboren getragen. Ilker Sentürk ist froh, dass er seinen Patienten und seinem Team jetzt mehr Schutz bieten kann. Für ihn ist das weniger eine Frage der Ehre: „Wir müssen unseren gesetzlichen Sicherstellungsauftrag erfüllen.“
>>> INFO: Jeder Zehnte hat auch ohne Corona-Virus Angst vorm Zahnarzt
Schlechte Zähne und Unheil im Mund kann der Zahnarzt früh erkennen und behandeln. Trotzdem: Rund jeder zehnte Deutsche meidet die Vorsorge beim Zahnarzt. Das zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Versicherers Cosmos Direkt mit rund 1000 Befragten über 18 Jahren.
Etwa jeder Vierte, der 2020 nicht beim Zahnarzt war, gab im Oktober an, er werde den Praxisbesuch wegen des Corona-Virus verschieben. Die Spitzenorganisationen der Zahnärzte betonten im November: Ängste vor einer Infektion beim Zahnarzt seien aufgrund hoher Hygienestandards unbegründet.