Mülheim. Ein Abend in einer Verkaufshütte auf dem Mülheimer Adventsmarkt kann ereignisreich sein. Wir haben an drei Ständen genau hingeschaut und -gehört.

Während die Menschen gut gelaunt durch die Altstadtgassen bummeln, einen Glühwein trinken und eine Waffel essen, ist der Adventsmarkt für die Anbieter in den kleinen Holzhütten eigentlich Arbeit. Ist das tatsächlich so? Ist das Verkaufen beim vorweihnachtlichen Feierabendvergnügen anstrengend, spannend, langweilig, lustig, nervig, lukrativ? Wir haben an drei Ständen genauer hingeschaut und -gehört – und einige nette Geschichten mitgebracht.

Erste Station: Der kleine Eckladen an der Ecke Hagdorn/Muhrenkamp ist ein Doppelshop. Hier hat der Weihnachtsmann seine (gespendeten) Kuscheltiere deponiert, die er immer um 17 Uhr verteilt. Die andere Hälfte des Ladenlokals nutzen Kerstin, Anne und ihre insgesamt drei Töchter, um allerhand selbst gemachte Dinge zu fairen Preisen zu verkaufen: gefilzte Broschen, gehäkelte Mützen, Kerzen, Feigenmarmelade, Feuertörtchen, Möhrengemüse im Glas, Weihnachtskarten, Lichterketten, Sterne,...

Mülheimerinnen kaufen einen Origami-Stern und Hundekekse

Die gelernte Sattlerin Martina Müller (Mitte) bietet selbst gemachte Produkte aus Leder auf dem Adventsmarkt in der Mülheimer Altstadt an und berät eine Kundin. Redakteurin Andrea Müller (r.) schaut ihr bei der Arbeit in der kleinen Hütte zu.
Die gelernte Sattlerin Martina Müller (Mitte) bietet selbst gemachte Produkte aus Leder auf dem Adventsmarkt in der Mülheimer Altstadt an und berät eine Kundin. Redakteurin Andrea Müller (r.) schaut ihr bei der Arbeit in der kleinen Hütte zu. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Kurz nach 16 Uhr schauen noch nicht so viele Leute herein. Zwei Frauen drehen an dem Ständer mit den Weihnachtskarten. „Hübsch!“ und „Ja, sehr schön!“ kommentieren sie, gehen dann aber weiter. Kerstin, die gerade Dienst im Lädchen hat, hofft auf die nächsten Neugierigen. Zwei ältere Damen kommen rein und staunen über die Kuscheltiere. „Oh schau mal, der Bär. Das ist Paddington“, ruft die eine begeistert. „Aus dem Alter bist du raus!“, erwidert die andere trocken und zieht ihre schmollende Freundin raus aus dem Laden.

Erst bei den nächsten Kundinnen haben die Kunsthandwerkerinnen Erfolg. Diese bewundern die Origami-Sterne, die aus wunderschönem Papier gefaltet wurden. „Schau mal, der hier! Den habe ich auch schon mal gefaltet“, sagt eine der Frauen. Sie weiß zu schätzen, wie viel Arbeit in der Deko steckt. Am Ende kaufen die beiden Freundinnen einen Stern und ein Tütchen mit selbst gebackenen Hundekeksen. Immerhin! Die erste Einnahme des Tages.

Mülheimerin bekam eine rührende Geschichte zu hören

„Komischerweise gehen unsere Plätzchen sehr gut. Dabei denkt man doch, dass jeder zu Hause selbst welche backt“, sagt Kerstin. Sie selbst filzt gerne, ihre Tochter Maya (19) häkelt. Schon einiges erlebt haben die beiden Kreativen hier im Lädchen.

Kerstin erzählt eine rührende Geschichte. „Eine ältere Dame kam rein und verliebte sich gleich in ein Stofftier, einen Rauhaardackel. Da habe ich gesagt ,Auch große Kinderherzen dürfen höher schlagen!‘ und ihn der Frau mitgegeben. Sie hat sich unheimlich gefreut und dann gesagt: Wissen Sie, vor ein paar Wochen ist mein Hund gestorben...“ Da hätte die Verkäuferin fast „ein Tränchen verdrückt“.

Jetzt kommen zwei kleine Mädchen mit Oma und Opa rein. Lara und Lena können sich kaum sattsehen an den Kuscheltieren. „Nur gucken! Ihr habt ja genug Tiere zu Hause!“, sagt die Großmutter. Am Ende ziehen die beiden Kinder aber doch mit einem Delfin und einer Eule ab. „Mama und Papa werden denken: Oh Gott!“, fürchtet die Oma. „Macht doch nichts!“, erwidert Lara schlagfertig. Als 20 Minuten später zwei Schüler eintreffen und sich als Weihnachtsmann und Engel verkleiden, ist es Zeit für uns, weiterzuziehen und woanders zuzuschauen.

Rege besucht ist der Adventsmarkt in der Mülheimer Altstadt sogar während der Woche. Am Wochenende ist es meist brechend voll.
Rege besucht ist der Adventsmarkt in der Mülheimer Altstadt sogar während der Woche. Am Wochenende ist es meist brechend voll. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Sattlerin aus Mülheimer verkauft hochwertige Weihnachtsware

Zweite Station: Die Sattlerin und Täschnerin Martina Müller steht vor dem Katholischen Stadthaus. Ihre hochwertigen Taschen, Gürtel, Portemonnaies oder Schlüsselanhänger sind aus robustem Leder gemacht. Eine schwierige Handarbeit, für die man auch etwas mehr Geld als für andere Weihnachtswaren bezahlen muss. Viele Leute bleiben stehen – und gehen dann weiter. Die Lederfachfrau ist das aus den vergangenen Jahren gewohnt. Irgendwann wird doch jemand zuschlagen.

„Heute habe ich schon viele Bündel Lederreste verkauft“, berichtet sie. Auch eine junge Frau will so ein Restepaket erstehen. Sie hat eine Schweizerin im Schlepptau und erzählt: „Das ist meine beste Freundin aus der Schweiz. Nächstes Jahr heirate ich einen Schweizer, dann ziehe ich weg aus Mülheim.“ Was man so alles erfährt am Adventsmarktstand. Wir vergessen darüber ganz zu fragen, was sie mit den Lederresten anfangen will.

Auch interessant

Am Wochenende ist auf dem Mülheimer Markt die Hölle los

Viele Freunde und Bekannte schauen bei Martina Müller vorbei, wollen „nur mal hallo sagen“. Das ist nett, sie dürfen den Passanten aber nicht die Sicht nehmen auf die ausgestellten Lederwaren. Ein Mann ruft: „Haben Sie Knobelbecher?“ Seine Begleiterin zieht ihn schnell weiter. Dann macht eine Frau Halt und will wissen, ob die Sattlerin auch Gürtel mit Kuhfell führt. Leider nicht, es gibt nur Taschen aus Kuhfell. „Schade, mein Kuhfellgürtel geht kaputt und ich finde nirgendwo einen neuen“, antwortet die Frau enttäuscht.

Heute ist eher ein ruhiger Tag für die Sattlerin, es ist aber auch mitten in der Woche. „Es gibt langweilige Tage, aber am Wochenende ist dann wieder die Hölle los“, weiß Martina Müller. Dann wird ihr so mancher eine Tasche abkaufen. Vielleicht klappt es ja auch an diesem Abend noch. Derweil lauscht sie Weihnachtsmusik, die vom Kinderkarussell herüberschallt. Wir machen uns wieder auf den Weg.

Die Schülerinnen Alina, Christina und Samira (v.l.) von der Willy-Brandt-Gesamtschule in Styrum verkaufen auf dem Adventsmarkt in Mülheim Selbstgemachtes. „Alle Kunden sind sehr nett“, finden sie.
Die Schülerinnen Alina, Christina und Samira (v.l.) von der Willy-Brandt-Gesamtschule in Styrum verkaufen auf dem Adventsmarkt in Mülheim Selbstgemachtes. „Alle Kunden sind sehr nett“, finden sie. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Bei Mülheimer Schülerinnen sind die Plätzchen schon ausverkauft

Dritte Station: Der kleine Stand der Willy-Brandt-Schule steht dort, wo viele Mülheimer Schulen Leckereien und Gebasteltes anbieten. Alina (18), Christina (18) und Samira (19) sind heute hier im Einsatz und müssen gleich eine Kundin enttäuschen: „Die Kekse sind alle weg, die kommen erst morgen wieder. Wir müssen erst nachproduzieren.“ Dafür haben sie hübsche kleine Holzhäuschen, Marmelade, selbst bemalte Becher im Angebot. Und etwas ganz Besonderes: Duplo-Boxen. Das sind kleine Holzboxen, in die genau ein Duplo passt und auf denen witzige Sprüche stehen.

Lustig geht es bei den Mädels ohnehin zu, sie haben Spaß, kichern rum. „Ich doch gut, wenn wir gut gelaunt sind. Dann haben wir eine positive Ausstrahlung“, findet Alina. Eine Grundregel des Verkaufens scheint hier verstanden worden zu sein. „Bisher waren alle Leute nett, die hergekommen sind“, berichten die Schülerinnen. Ein Interessierter fragt, wie die Duplo-Boxen angefertigt wurden. Die Erklärung lautet: „Sie sind mit einem Computerprogramm entworfen worden, danach wurden die Teile mit einem Lasercutter zugeschnitten, und dann mussten wir die vielen Einzelteile zusammenbauen.“

Mit guter Laune läuft das Verkaufen auf dem Mülheimer Adventsmarkt besser

Es geht auf 19 Uhr zu, und es wird kälter. Die Wolldecken, die sie unter der Theke verstaut haben, brauchen die Mädchen aber noch nicht. „Wir sind sehr warm angezogen“, sagen sie. Pudelmützen tragen sie allerdings nicht, dafür Haarreifen mit hübschen Weihnachtsmotiven. Eine Passantin lobt den bunten Kopfschmuck: „Wie süß, sehr hübsch!“ Das motiviert für die nächsten Verkaufsgespräche. Es soll schließlich noch einiges weggehen bis zum Schichtende. Wer weiß, wer bis dahin noch alles vorbeischaut.

Adventsmarkt in Mülheim - mehr dazu:

Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!

>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-VersionApple-Version).