Mülheim. Verlockende Angebote macht ein neues Mülheimer Süßigkeiten-Outlet im Forum. Doch woher stammt die Markenware und wie kann sie so günstig sein?

Gerade mal ein Euro neunundneunzig gehen hier über den Ladentisch für die „Mmmaxi“-Tafel Milka. „Ohne Rechnung“, zieht der Verkäufer an der Kasse die Schultern hoch und zeigt auf den Bildschirm - der Belegausdruck funktioniert an diesem Morgen nicht. „Nur heute“, sagt er wie zur Entschuldigung.

Die meisten, die sich zwischen den nüchtern anmutenden Paletten aus Naschwaren im neuen Süßigkeiten-Outlet im Forum drängen, sind ohnehin nicht an Belegen interessiert und erst recht nicht an einem „Einkaufserlebnis“. Sondern daran, was sie für ihr Geld bekommen: So viel die Hände tragen können, gehen die großen lila Tafeln am Montagmittag aus der kleinen Ladenparzelle. Und nicht nur die: Toblerone, Fünfer-Pakete mit Snickers, M&M-Familienpakete und andere Marken-Süßigkeiten haben Kunden unter den Armen. Denn die Preise liegen deutlich unter dem, was gerade im Supermarkt und Discounter im selben Gebäude angeboten wird.

Den Mitbewerbern gefallen die Schleuderpreise für Süßes nicht

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Ein paar Beispiele, die Kunden schmecken dürften: Die Riesentafel Milka (270 Gramm) für 1,99 Euro kostet eine Etage tiefer im Supermarkt normalerweise 3,89 Euro, im Sonderangebot bestenfalls 2,22 Euro. Ein Paket mit fünf Snickers muss man im Supermarkt gemeinhin gegen 2,59 Euro ‚tauschen‘, im Discounter sind es noch 2,29 Euro. Doch hier: 1,69 Euro. Die weiße Toblerone (100 Gramm) geht mit einem Euro über den Ladentisch, gegenüber dem Preis im Supermarkt eine Ersparnis von rund 50 Prozent.

„Dass uns das nicht gefällt, können Sie sich ja denken“, kommentiert hingegen die Mitarbeiterin eines Lebensmittelhändlers die süßen Verlockungen der Konkurrenz. Denn das Outlet mache sich in kurzer Zeit seit der Eröffnung bereits bemerkbar. Angesichts der Mieten im Forum, selbst für einen eher kleinen Laden wie das Outlet, „muss man schon sehr viel Schokolade verkaufen, um da noch einen Rohgewinn zu erzielen“, schätzt sie.

Lohnt das Geschäft mit Mini-Preisen im Süßigkeiten-Outlet?

Mithalten mit solchen Preisen kann kaum ein Konkurrent, sogar dann nicht, wenn Supermärkte und Discounter solche extremen Sonderangebote im eigenen Laden mit anderen Produkten halbwegs ausgleichen können. „In den Preis investieren“, heißt es in solchen Fällen, wenn Preise bewusst gedrückt werden, um Kunden ins Geschäft zu locken oder bei sich zu halten. Denn die kaufen ja nicht nur das Sonderangebot, sondern auch Dinge, die dann etwas teurer sind.

Doch die Marge in diesem Fall schätzen Branchenkenner als äußerst gering ein. Sie dürfte bei Markenprodukten, so verrät ein Einzelhandelskaufmann hinter vorgehaltener Hand, nur wenige Cent über dem Einkaufspreis liegen. Den schätzt er beispielsweise bei der Riesentafel Milka auf 1,80 Euro. Unterm Strich blieben dann 19 Cent Erlös pro Tafel. Aber was bleibt davon nach Steuern, Miete, Betriebskosten und Mitarbeiterlohn übrig?

Hinter dem Mülheimer Süßwaren-Outlet steht die Bochumer GmbH AS Sonderposten, die in Essen, Dortmund, Köln, Hagen und Hanau weitere Filialen hält. Und offenbar fleißig expandieren will. Auf der eigenen Website sucht man Ladenlokale in Städten mit mindestens 100.000 Einwohnern und Lokale mit sechs Metern Schaufensterfront und Verkaufsflächen von 200 bis 1000 Quadratmetern.

Süßigkeiten zum Schleuderpreis: Woher stammt die Ware?

Nur, woher die Ware stammt, erfährt man hier nicht. An Möglichkeiten für Outlets, günstiger an Produkte zu kommen, mangelt es grundsätzlich nicht: Von der Überschussproduktion, die man abkauft, bis zu Zweite-Wahl-Produkten, die bestimmten Qualitätsstandards nicht genügt, bis sogar hin zu extra für Outlets produzierter Ware etwa bei Textilien kommt einiges infrage.

Auch Ware, die anderswo wie Blei im Regal liegt, und solche, die nahe dem Haltbarkeitsdatum steht, wird gerne von Outlets aufgekauft, sagt ein Kenner der Lebensmittelbranche. Für einen Einzelhändler, der die Ware loswerden will, kann das ein - wenn auch nur geringfügig - besseres Geschäft sein, als diese ansonsten zum Einkaufspreis abzuschreiben.

Manche Ware nahe am Haltbarkeitsdatum

Zu dem Geschäftsmodell und der Herkunft der Süßigkeiten äußert sich die AS Sonderposten GmbH auch auf mehrfache Anfrage der Redaktion nicht. Zumindest fällt bei einem Probekauf auf, dass ein Teil der Schokoladen ungewöhnlich nahe an der Mindesthaltbarkeit liegt. Die Riesentafel Milka sollte bis zum 6. September den Weg über die Zunge finden. Hinweise auf eine eingeschränkte Haltbarkeit der Süßigkeiten sind im Laden nirgendwo zu lesen.

Das wird in Rezensionen zu verschiedenen Süßwaren-Outlets andernorts immer wieder zum Thema: „Sehr günstig wird die Ware, wenn das Ablaufdatum direkt bevorsteht oder schon überschritten ist! Diese Ware steht häufig seitlich an der Kasse“, verrät ein Kunde im Internet.

Die Toblerone aus dem Mülheimer Geschäft hingegen hält noch bis Mitte November durch. Theoretisch. Im Supermarkt allerdings sind solche Schokoladen in der Regel noch mindestens bis Mai 2025 haltbar.  

Unternehmen reagiert nicht auf Anfragen

Doch auch der Handelsverband Deutschland will auf Anfrage keine Stellung zur Preisbildung und Kostensituation der Süßigkeiten-Outlets beziehen. Grundsätzlich nehme man zu einzelnen Unternehmen keine Stellung. Man habe hier auch keine Einsicht.

Wie genau die Preise zustande kommen und wie sich das Geschäft so tragen kann, kann auch die Verbraucherzentrale NRW nicht beantworten und vermutet: „Wahrscheinlich handelt es sich um Restposten und Saisonware.“ Kenntlich machen, woher die Ware stamme, müsse der Händler nicht.

Verbraucherzentrale: Keine Kennzeichnungspflicht beim Mindesthaltbarkeitsdatum, aber Bon-Pflicht

Auch der baldige Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) müsse nicht gekennzeichnet werden. Nur wenn das MHD bereits überschritten ist, müsse ein Hinweis erfolgen. Dennoch dürften Lebensmittel auch nach Überschreiten des MHD noch weiterverkauft werden, da das MHD lediglich den Zeitpunkt angebe, bis zu dem der Hersteller die spezifischen Eigenschaften wie Geschmack, Aussehen und Nährwerte für das Lebensmittel garantiert.

Anders sei das aber bei verdorbener Ware: „Die Verantwortung geht bei einem Verkauf über dem MHD vom Hersteller auf den Händler über, der im Schadensfall haften müsste“, so die Expertin der Verbraucherzentrale NRW.

Bei der Bon-Frage allerdings horcht die Verbraucherzentrale auf: „Wenn ein elektronisches Kassensystem benutzt wird, ist der Händler verpflichtet, auf Nachfrage einen Bon auszuhändigen.“ Sofern ein Ausdruck nicht möglich sei, müsse aber ein digitaler Bon als Alternative angeboten werden, zum Beispiel per E-Mail. Funktioniere die Bonausgabe über längere Zeit weder als Ausdruck noch digital, wäre das Ordnungsamt zuständig, merkt die Verbraucherzentrale an. Ob die Behörde jedoch für kurze technische Defekte direkt tätig werde, könne man nicht beantworten.

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