Mülheim. Ein Kuli, der in die Landesgeschichte einging, Schuhe, die von einem tragischen Unglück zeugen: In Mülheim gibt es derzeit einiges zu sehen.
„Wir suchen für unsere Dauer- und Werkausstellungen Alltagsgegenstände, die sich mit einer für unser Land beispielhaften persönlichen Geschichte verbinden“, sagt Kuratorin Dr. Gabriele Uelsberg. Projektleiter Dr. Peter Henkel schätzt, dass mit dem Museumsmobil, das bis zum 13. Juli am Kurt-Schumacher-Platz steht, bisher rund 500 Exponate aus 16 Städten eingesammelt werden konnten, die am Ende des Jahrzehnts ihren Platz im Düsseldorfer Mannesmann-Haus der NRW-Geschichte finden werden.
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Aber was können das für Dinge sein, die Geschichte(n) aus unserer Stadt und aus unserem Land erzählen? Ein Besuch im Museumsmobil am Kurt-Schumacher-Platz und ein Gespräch mit dem Ausstellungsassistenten, Elias Nüse, bringt Licht ins Dunkel.
Mülheims Hannelore Kraft und ihr Kuli
Eine besonders prominente Mülheimerin, die ehemalige NRW-Ministerpräsidentin, Hannelore Kraft, hat einen rot-grünen Kugelschreiber gestiftet, mit dem die Sozialdemokratin 2010 den rot-grünen Koalitionsvertrag für ihr erstes Kabinett unterschrieben hat. Einer ihrer Mitbürger hat seine Sonderfahrerlaubnis mitgebracht, die es ihm auch an auch am 18. Januar 1985 erlaubte, ins Auto zu steigen, obwohl die Landesregierung an diesem Tag erstmals im Ruhrgebiet die höchste Smog-Alarm-Stufe ausgerufen und ein generelles Fahrverbot verhängt hatte.
Das ist ebenso ein Stück Umweltgeschichte, wie der grüne Karton, in dem der Hersteller Henkel 1977 sein erstes phosphatfreies und damit umweltschonendes Waschmittel verkaufte. Ebenfalls aus dem Jahr 1977 stammt ein Exemplar der von Alice Schwarzer herausgegebenen Zeitschrift Emma, die wie ihre Herausgeberin selbst, zum Sinnbild der westdeutschen Emanzipationsbewegung wurde und damit die Geschichte der Frauenbewegung und der Nachkriegsgesellschaft an Rhein und Ruhr dokumentiert.
Ein Kennzeichen, das überholt ist
Ebenfalls aus den 1970er Jahren stammt ein Autokennzeichenschild der damals noch eigenständigen Stadt Grevenbroich, die mit der Gebietsreform von 1975 Teil des Rhein-Kreises Neuss geworden ist. Das GV-Autokennzeichen verschwand 1975 aus dem Straßenverkehr, wurde aber 2015 für die Stadt Grevenbroich wieder eingeführt. Mit dem Kfz-Kennzeichen lässt sich die Geschichte des automobilen Verkehrs, aber auch die Geschichte von Verwaltungsstrukturen und lokalen wie regionalen Befindlichkeiten darstellen.
Ein Herrenschuh mit verrußter Sohle erzählt dagegen die dermatische Geschichte eines Managers, der den Düsseldorfer Flughafen-Brand 1996 nur deshalb in einer völlig verqualmten Lufthansa-Lounge überleben konnte, weil er damals bereits über ein Mobiltelefon verfügte, mit dessen Hilfe er die Rettungskräfte auf sich aufmerksam machen konnte. „Dass wir heute in jeder Wohnung vorschriftsmäßig Brandmelder haben, geht auf dieses Ereignis zurück“, erinnert Elias Nüse.
Freundschaften über Rivailitäten hinweg
Ein mit Spieler-Unterschriften dekoriertes Borussia-Dortmund-Trikot und ein Schalke-Wimpel aus dem Jahr 1997 stehen für das Kapitel Fußballgeschichte an Rhein und Ruhr. „Hinter diesen beiden Exponaten steht die Geschichte zweier Freunde, von denen der eine Dortmund- und der andere Schalke-Fan ist und die sich 1997 gemeinsam über den Schalke-Sieg im UEFA-Pokal und den Dortmunder Titelgewinn in der Champions League freuen konnten, erklärt Nüsel.
Landes- und Wirtschaftsgeschichte stecken auch hinter dem Opel-Kühlerzeichen, das ein ehemaliger Opelaner aus Bochum gestiftet hat und die seine Geschichte vom Strukturwandel erzählt, die aus der Kohle- und Stahl-Stadt Bochum 1962 eine Opel-Stadt machte, die seit 2004 Geschichte ist, weil sich auf dem ehemaligen Opel-Gelände seit 2019 ein Verteilzentrum der Post-Tochter DHL befindet. Der Online-Handel lässt grüßen.
In Mülheim läuft die Suche nach besonderen Stücken noch
Online-Handel war dagegen noch ein Fremdwort, als eine Stifterin aus der westfälischen Tabakstadt Bünde in Heimarbeit Zigarren drehte und ihren Wochenlohn in einer Lohntüte ausgehändigt bekam. Diese Lohntüte erzählt, ebenso wie eine Zigarrenkiste, ihre ganz persönliche und doch für unser Land repräsentative Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die immer auch von Menschen gemacht, erlebt und auch erlitten wurde.
Solche und ähnliche Erinnerungsstücke, die Geschichte(n) erzählen können, werden bis zum 13. Juli, jeweils zwischen 10 und 18 Uhr im Museumsmobil auf dem Kurt-Schumacher-Platz und am kommenden Sammelsamstag, 13. Juli, zwischen 14 und 17 im städtischen Kunstmuseum (Alte Post am Synagogenplatz)vom Team des im Aufbau begriffenen Hauses der Geschichte NRW entgegengenommen. Weitere Informationen findet man im Internet unter: www.hdgnrw.de.
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