Mülheim.. Auf der Heimaterde lebt es sich noch fast wie in alten Zeiten, während sich nebenan im RRZ die Konsumwelt erneuert. Ein Sorgenkind gibt es.


Wer in Essen nichts Passendes und Schönes zum Wohnen fand, bekam schon in den 80er Jahren oft den Rat zu hören: Schau doch mal in Heißen, hinter der Stadtgrenze! Heißen gilt nach wie vor als attraktiv, und die Siedlung Heimaterde strahlt immer noch die Idylle vergangener Zeiten aus. Trotz teils dichter Bebauung gibt es reichlich Freiflächen. Der Heißener lebt auch nicht auf so großem Raum wie viele im Süden der Stadt, und nur wenige Häuser stammen aus jüngerer Zeit.

Doch das ändert sich langsam. „Heißen wächst“, sagt Arnold Fessen, der seit 1961 dort lebt, arbeitet und als Bezirksbürgermeister weiß, wo der Schuh drückt. „Es gibt noch einige kleinere Bebauungspläne, die in der nächster Zeit umgesetzt werden.“ Zuletzt ist ein neues attraktives Quartier am Fünter Weg entstanden. Fessen ist überzeugt, dass der Ortsteil für jüngere Familien ein gutes Pflaster ist. „Wir haben ein intaktes Zentrum.“ Es gibt noch einen Bäcker, einen Metzger, die Sparkasse steht noch im Ortskern, und seit gut 20 Jahren sei der Markt am Donnerstag auch ein beliebter sozialer Treffpunkt.

Es fehlen Anlaufpunkte für die Bürger

Was solche Treffpunkte angeht, hätte Fessen gerne noch mehr: „Es fehlt uns an Anlaufpunkten gerade für die ältere und für die jüngere Generation unter 20 Jahren.“ Ein älteres Haus würde reichen, oder auch ein Ort, wo Jugendliche wie am Südbad Skateboard fahren könnten. Doch solche sozialen Treffpunkte scheiterten leider an der Verkehrsicherungspflicht. Wer übernimmt Verantwortung?

Die Sorgen der Heißener sind nicht die großen in der Stadt: An der Rosendeller Straße wünschen sich viele endlich mal eine Rolltreppe zur U-Bahn, hier und da stört der Verkehr. Aber er hält sich in Grenzen. Auch das Gewerbegebiet an der Alexanderstraße zieht längst nicht die Verkehrsströme an wie andere Gebiete der Art.

Der Marktplatz ist die Stärke von Heißen

Die große Stärke von Heißen ist auch aus Sicht von Matthias Haase, dem ersten Vorsitzenden der dortigen Werbegemeinschaft, die zentrale Lage des Marktplatzes, um den sich herum ein Zentrum entwickelt hat mit guter Infrastruktur, guter Verkehrsanbindung und einem guten Gewerbemix. „Wir haben so gut wie keinen Leerstand“, sagt Haase. Für ihn gibt es gleich mehrere gute Wohnquartiere in dem Stadtteil. Schwächen? „Wir sollten die Verkehrsanbindung im Auge behalten. Wir müssen aufpassen, dass wir beim ÖPNV nicht eines Tages abgehängt werden“, sagt Haase. Das sei es aber auch schon. Für ihn kommt es darauf an, die Attraktivität des Ortsteils zu erhalten. „Der Charme sollte bleiben.“

Ähnlich sieht es der Vorsitzende der Siedlervereinigung Heimaterde, Egon Janz: Für ihn geht es darum, in Zukunft die denkmalgeschützte Siedlung auch zu schützen. Manche Familien leben seit Generationen dort. „Und wer als Kind hier mal gelebt hat und weggezogen ist, kommt wieder“, berichtet Janz. Es ist die Rückkehr in ein fast ländliches Leben, in eine heimelige Umgebung, wo Kinder noch auf der Straße spielen können.

Die gute Nachbarschaft schätzen viele, die Landschaft der Siepentäler hat für viele eine hohe Qualität, die Infrastruktur gilt für viele als vorzüglich. Sorgen? „Wir verstehen uns als Gartenstadt. Zu einer Gartenstadt gehören aber auch Vorgärten“, betont Janz. Doch immer öfter sei festzustellen, dass aus Vorgärten Stellplätze würden. Dies geschehe selbst im historischen Teil, wo Bebauungspläne dies nicht vorsähen. „Wer“, fragt Janz, „packt das Problem an?“

Heißen war lange Standort der Zeche Humboldt

Heißen war lange Zechen-Standort. Die Zeche Humboldt war eine der ersten, die dicht machte. Auf dem Gelände entstand Anfang der 70er Jahre das Rhein-Ruhr-Zentrum, damals eines der größten überdachten Einkaufszentren Deutschlands. Die moderne Konsumwelt ist bis heute Nachbar der beschaulichen Heimaterde. Doch auch das Einkaufszentrum wandelt sich. Es soll in den nächsten Jahren außen wie innen eine Zeitenwende erfahren: weniger Beton-Architektur, mehr Aufenthaltsqualität schwebt den Eigentümern vor.

Das größte Sorgenkind der Heißener ärgert die ganze Stadt: Der Zustand des Wennmann-Bades führt immer wieder zu technischen Ausfällen. Ein Neubau auf der Wiese nebenan bleibt das Ziel in den nächsten Jahren. Dabei hat dieses alte Bad, das sich in kurzer Zeit in ein Freibad verwandeln lässt, durchaus Charme. Im Sommer erfüllt das Schallen der Kinderstimmen daraus die Straßen ringsum. Auch das gehört zu Heißen.

>>> SERIE: DIE STADTTEILE IN ZAHLEN

In loser Folge stellen wir die Stadtteile vor. Zahlen stehen dabei im Vordergrund, die im Technischen Rathaus von der Abteilung für Statistik und Stadtforschung zusammengestellt werden.

Nach Broich, Speldorf, Styrum, Dümpten, Saarn mit Selbeck und Mintard sowie Holthausen mit Menden geht es diesmal um Heißen mit der Heimaterde. Es folgen die Innenstadt und Eppinghofen.