Mülheim..
Christa Reckwitz wiegt den Kopf mit der weißblonden Kurzhaarfrisur und muss nicht lange nachdenken: „Der Tod gehört zum Leben. Denn in dem Moment, wo wir geboren werden, geht es doch schon auf den Tod zu.“ Kluge Worte von einer Frau, die so lebensbejahend und bodenständig daherkommt, und etwas kann, was heute immer seltener zu finden ist: zuhören können und einfühlsam sein – ohne dabei mitleidig zu werden. Die 67-Jährige ist eine von 28 Ehrenamtlichen, die sich im Hospiz einer Aufgabe widmen wollen, die den meisten von uns Angst macht: die Begleitung von Sterbenden mit dem Tod vor Augen.
Im November soll das Hospiz in der alten Gründerzeitvilla an der Friedrichstraße eröffnen. Zunächst mit sechs Gästen, im nächsten Jahr sollen dort zehn Menschen ihre letzte Lebenszeit in wohliger und wohnlicher Atmosphäre verbringen können, „sich dort aufgehoben fühlen“, sagt Christa Reckwitz. Ein Ort, an dem gelebt und gelacht werden soll. Oder wie es die Mülheimerin mit dem Spruch auf den Punkt bringt: „Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern dem Tag mehr Leben.“ Sie möchte den Sterbenden die letzten Wochen, Tage und Stunden „so angenehm wie möglich machen“. Wünsche erfüllen, die nicht groß sein müssen: leckere Reibekuchen, mal in der Küche mit anpacken, wenn der Gast selber Gäste erwartet, Geschichten vorlesen, reden – was man alles so macht, wenn man gesundheitlich nicht mehr kann und nicht allein sein will. „Einfach nur da sein, am Bett sitzen, die Hände halten oder sie mal mit Öl massieren“, sagt Christa Reckwitz.
Ausbildung
Ein Kurs in Aromatherapie stand mit auf dem Plan bei der Ausbildung, die von Mai bis Dezember ging mit Zertifikat. Dabei ging es um formale Dinge wie Patientenverfügung und Bestattung, aber auch um sensible Themen wie Gesprächsführung, Schmerztherapie, Pflege am Krankenbett und den Glauben. Wenngleich die Pflege Aufgabe von Fachkräften ist, „bin ich darauf vorbereitet, unterstützend eingreifen“, sagt Christa Reckwitz. „Man darf nicht davor zurückschrecken, hier und da mal mit anzufassen.“ Ein Ehrenamt, das nicht für jeden gemacht ist. Menschen, die gerade mitten in einer Trauerphase stecken oder Verluste noch nicht verarbeitet haben, sollten sich andere Bereiche suchen.
„Sterbebegleitung“, sagt die Mülheimerin, „ist gleichzeitig auch ein Aushalten.“ Denn gegen den Tod ist man machtlos, „da kann nicht eingreifen, so sehr man es auch gern will – so etwas muss man aushalten können“. Den Menschen im Hospiz, „muss man sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit geben.“ Zeit hat Christa Reckwitz zu geben. Seit drei Jahren ist die ehemalige Kundenberaterin einer Elektro-Handelsfirma im Ruhestand. Ihren Mann habe sie früh verloren und mehrere Sterbefälle in der Familie erlebt. Als gereifte Persönlichkeit, die sich mit dem Thema Tod auseinandergesetzt hat, sind das gute Voraussetzungen. Auf ihr Ehrenamt bereitet sie sich vor, indem sie Menschen im Krankenhaus betreut, die aufs Hospiz warten. Die Sterbebegleitung ist nur eine Seite der patenten Frau. Denn seit fast 15 Jahren singt Christa Reckwitz im Chor der Musischen Werkstätten des Ev. Krankenhauses. Und nicht zuletzt wartet da auch noch ein großer Verwandten- und Freundeskreis.