Mülheim. Aktuell wohnen 22 Tiere im Mülheimer Tierheim. Obwohl vermehrt Familien anfragen, haben es diese Tiere besonders schwer, vermittelt zu werden.

Eine Sorge vieler Tierschützer scheint sich nicht bestätigt zu haben: Durch die Corona-Pandemie landeten nicht mehr Hunde, Katzen oder Hamster in den Tierheimen. Im Gegenteil: Im Mülheimer Tierheim an der Horbeckstraße sind derzeit so wenig Tiere wie seit 30 Jahren nicht mehr.

„Im Jahresübergang zwischen Dezember und Januar hatten wir 31 Tiere“, sagt Tierheim-Leiterin Marion Niederdorf. „Im vergangenen Jahr waren es zur selben Zeit 70.“ Nun, Anfang Februar, wohnen nur noch 22 Tiere an der Horbeckstraße. Generell habe der Tierbestand im vergangenen Jahr abgenommen, vor allem weniger Kleintiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen wurden abgegeben. „Wir hatten sehr wenige Fundtiere und auch aus Privathaushalten wurden weniger Tiere bei uns abgegeben.“

Mittlerweile gebe es dagegen wieder vermehrt Anfragen, häufig von Familien mit Kindern, die sich einen Hund oder eine Katze anschaffen möchten. Häufig müsse sie die Interessenten aber weiter verweisen. Denn: Es sind die "Problemfälle", ältere und schwierige Hunde, Katzen oder Kaninchen, die auf ein neues Zuhause warten. "Die Tiere, die im Moment in der Vermittlung sind, sollten an erfahrene Menschen gehen."

In den meisten Fällen werden Tiere wegen Allergien oder Umzügen abgegeben

Dabei hatten sich Tierheime der Region bereits zu Beginn der Pandemie auf einen Zustrom eingerichtet. Die Sorge war, dass mehr Tiere von Corona-Erkrankten, die sich nicht mehr kümmern können, in den Heimen landen oder es voller werden könnte, weil die Einrichtungen keine Besucher mehr empfangen und somit weniger Tiere vermitteln können. Beides sei in Mülheim nicht der Fall gewesen.

Ob die Menschen mehr Zeit zum Kümmern hatten oder sich Hund, Katze und Kaninchen als Tröster in der sozialen Isolation bewährt haben? Über die Gründe für den Rückgang lasse sich nur spekulieren, meint Marion Niederdorf. In den meisten Fällen würden Tiere wegen Allergien oder Umzügen abgegeben – das sei auch in der Pandemie so gewesen.

Gut verbundenes Netzwerk an Tierfreunden hilft in Notfällen

In Mülheim gebe es zudem ein gut verbundenes Helfer-Netzwerk in Facebook-Gruppen. „In denen sind viele Leute aktiv, die Menschen und Familien in Not helfen, wenn diese kurzfristig ein Haustier nicht mehr versorgen können.“

Das Krisenjahr brachte also auch Positives: „Ein Besuch bei uns war nur nach Terminabsprache möglich, was - zugegeben - viel entspannter war“, resümiert Niederdorf. Die Tiere seien ruhiger gewesen und hatten nicht so viel Stress, weil weniger Publikum vor Ort war. Was aber dennoch fehle, sei der persönliche Kontakt zu den Besuchern. „Die Gespräche fehlen, das fühlt sich alles sehr beklemmend und komisch an.“

Im Pandemie-Jahr sind weniger Geldspenden eingegangen

Negativ zu verzeichnen sei, dass weniger Geldspenden eingingen als in den Jahren zuvor, so Niederdorf. Nicht nur, weil die traditionelle Tierbescherung am dritten Advent ausfallen musste. „Pro Aktion hatten wir Einnahmen von 5000 bis 6000 Euro, die fehlen jetzt natürlich.“ Auch durch den Wegfall der Besuche, ist nun weniger in der Spendenkasse. „Dafür haben wir reichlich an Futter- und Sachspenden bekommen“, freut sich die Leiterin. In eine Spendenbox, die vor dem Tierheim aufgestellt ist, können Bürger jederzeit Futter oder Spielzeug abgeben.

Marion Niederdorf blickt zuversichtlich ins kommende Jahr. Schließlich steht dann die lang ersehnte und dringend benötigte Sanierung des städtischen Tierheims und seiner maroden Gebäude an. Derzeit laufen noch die Vertragsverhandlungen über das geplante Erbbaurecht zwischen Stadtverwaltung und dem Mülheimer Tierschutzverein, der eine siebenstellige Summe in die Sanierung investieren möchte.

INFO:

- Aktuell warten neun Hunde, ein Kater, zwei Degus und ein Kaninchen auf Vermittlung in ein neues Zuhause.

- Die Sorgen ihrer Kollegen aus dem Essener Tierheim über eine drohende "Welpen-Welle" nach Corona, wenn das Leben vieler Neu-Besitzer wieder normal läuft, teilt Niederdorf nicht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Hundefreund sein Tier plötzlich wieder abgibt." Wichtig sei es aber, dass Besitzer jetzt schon das "Alleinebleiben" mit dem Hund trainieren. "Dafür gibt es zahlreiche Online-Seminare" in den Hundeschulen."

- Während des Lockdowns kann das Tierheim nur nach telefonischer Terminabsprache besucht werden. Info und Kontakt: 0208-372211