Mülheim. Mieter in Mülheim-Speldorf haben Post bekommen: „Der Kabelanschluss soll gesperrt werden.“ Manchen kommt das verdächtig vor. Vodafone klärt auf.

„Seriös sieht anders aus“, findet Annemarie Lickfeld aus Speldorf. Sie und einige Nachbarn am Blötter Weg hatten kürzlich signalrote Benachrichtigungen im Briefkasten. „Der Kabelanschluss soll gesperrt werden. Bitte rufen Sie den Vodafone-Berater zur Terminvereinbarung an.“ Ein Name mit Mobilnummer ist angegeben. Annemarie Lickfeld hat dort angerufen.

Annemarie Lickfeld aus Mülheim-Speldorf hat Post von Vodafone bekommen, über die sie sich ärgert.
Annemarie Lickfeld aus Mülheim-Speldorf hat Post von Vodafone bekommen, über die sie sich ärgert. © FUNKE Foto Services | Martin Möller


Der Mann am Handy erklärte, sie habe keinen Vertrag über einen Festnetzanschluss, berichtet die 68-Jährige. Er habe ihr angeboten, einen „Premiumvertrag“ abzuschließen, und wollte sofort einen persönlichen Termin absprechen. Andernfalls werde der Anschluss gesperrt. Die Speldorferin fühlt sich unter Druck gesetzt. „Mein Vertrag existiert - mit Unitymedia.

Sie sagt: „Nach meinem Telefonat mit diesem Herrn habe ich mich entschlossen, die Polizei zu kontaktieren und auch die Verbraucherzentrale über die dubiosen Machenschaften informiert.“ Es könnte eine neue Masche sein, um in fremde Wohnungen zu gelangen, fürchtet sie.

Polizei: Keine Straftat, eher aggressive Werbung

Die Polizei kennt den Vorfall: Ein Beamter, der ebenfalls am Blötter Weg wohnt, hatte die selbe Post im Briefkasten. Der Kollege habe sich schon gewundert, warum er als Mieter angeschrieben wurde, erklärt ein Polizeisprecher. Für den Kabelanschluss sei doch eigentlich der Vermieter zuständig. Auch der Polizist rief die Handynummer an. Nach dem Gespräch geht er nicht von einem kriminellen Hintergrund aus: „Das hier ist keine Straftat“, so der Polizeisprecher, „eher aggressive Werbung.“


Hintergrund der Kampagne ist die Übernahme des Kölner Kabelnetzbetreibers Unitymedia durch das Mobilfunkunternehmen Vodafone im vergangenen August. Eine Sprecherin von Vodafone bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion, dass Berater seit etwa einem Jahr unterwegs seien, um zu prüfen, wer einen Vertrag habe, wer nicht. „Wenn für ein Objekt kein Rahmenvertrag über einen Festnetzanschluss vorliegt und der Eigentümer des Gebäudes für uns nicht zu ermitteln ist, gehen die Medienberater auf die einzelnen Mieter zu.“

Vodafone: Alles korrekt und in unserem Auftrag legitimiert

Man erkläre den Mietern, dass der Kabelanschluss angemeldet werden muss. Andernfalls werde er abgestellt, so die Sprecherin. „Vielleicht haben sie ihn einfach unbewusst verwendet.“ Die Vorteile eines Kabelanschlusses bei Vodafone sollen in einem persönlichen Beratungsgespräch erläutert werden. „Das ist alles korrekt und in unserem Auftrag legitimiert.“ Aktuell laufe die Akquise unter anderem in Mülheim-Speldorf, „es ist unser tägliches Geschäft“.


Als die Übernahme von Unitymedia im vergangenen Jahr Wellen schlug, hatte die Verbraucherzentrale NRW vor dubiosen Anrufen gewarnt, mit denen Kunden zum Abschluss neuer Verträge gedrängt werden sollen. „Beide Unternehmen geben an, dass alle Verträge, Laufzeiten, Tarife bis auf weiteres bestehen blieben“, stellten die Verbraucherschützer im Sommer 2019 klar.

Annemarie Lickfeld ist übrigens Eigentümerin ihrer Wohnung, keine Mieterin. Sie habe sich bei der Störungsstelle von (ehemals) Unitymedia rückversichert, dass ihr Vertrag weiterhin gilt. „Dort hießt es: ,Sie sind nicht die einzige, die hier anruft und verärgert ist.’“