Düsseldorf/Essen. EU erlaubt den Kauf von Unitymedia für 18,4 Milliarden Euro. Vodafone will das Kabelnetz nun auf Gigabit trimmen. Wird das Internet teurer?
Vodafone darf Unitymedia schlucken und verdoppelt damit sein Netz für Kabelfernsehen und schnelles Internet. Aus Brüssel gab es dazu am Donnerstag grünes Licht der EU-Wettbewerbsbehörde. Sie erlaubt die Übernahme des Kölner Kabelnetzbetreibers unter Auflagen. Vodafone lässt sich den Zukauf die Rekordsumme von 18,4 Milliarden Euro kosten. Zu steigenden Preisen beim Kabelfernsehen darf der Deal nicht führen. Die geplante Hochrüstung des Netzes auf Gigabit-Geschwindigkeiten könnte aber die Internetanschlüsse nicht nur schneller, sondern auch teurer machen.
Telefónica darf Vodafone-Kabelnetz nutzen
Die wichtigste Auflage der EU ist die Öffnung des Vodafone-Kabelnetzes für den Konkurrenten Telefónica, in Deutschland bekannt durch seine Mobilfunkmarke O2. Mit dieser und weiteren Auflagen werde sichergestellt, dass Kunden weiterhin von fairen Preisen, hochwertigen Dienstleistungen und innovativen Produkten profitieren könnten, begründete EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ihre Zustimmung zur größten Übernahme in der europäischen Telekommunikationsgeschichte. Die Dänin hatte zuvor große Fusionsvorhaben verboten, etwa die Stahl-Ehe von Thyssenkrupp und Tata sowie der Zugsparten von Siemens und Alstom.
„Ab heute wächst zusammen, was zusammengehört“, jubelte Hannes Ametsreiter. Der Deutschland-Chef des britischen Konzerns musste fast neun Monate auf das grüne Licht aus Brüssel warten. In der Düsseldorfer Zentrale war man weniger auf die Kabelfernsehkunden von Unitymedia aus als auf das Netz, das der Konzern nun bundesweit auf Hochgeschwindigkeit trimmen will. Entsprechend rief Ametsreiter am Donnerstag „die Gigabit-Republik“ aus. „Ab jetzt können wir unser Versprechen einlösen – und in den nächsten drei Jahren insgesamt 25 Millionen Haushalte mit Gigabit-Geschwindigkeit versorgen“, versprach der Manager.
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Das Unternehmen verspricht sich von dem Netzausbau höhere Einnahmen durch höhere Geschwindigkeiten. Der Verkauf von Nutzungsrechten an Telefónica, die Nummer drei in Deutschland, könnte dazu beitragen. Dies, obwohl Vodafone dem Konkurrenten nur Geschwindigkeiten bis 300 Megabit bereitstellen muss, was trotzdem schneller ist als die bisher von Telefónica mitgenutzten DSL-Leitungen der Telekom.
Wettbewerb mit Telekom um Endkundenpreise
In der Regel werden die Internetanschlüsse in Kombination mit Festnetzanschlüssen und Kabelfernsehen gebucht, wie sich die Paketpreise durch die wachsende Marktmacht entwickeln, ist unklar. Die EU hat in dieser Richtung offenbar keine großen Bedenken, erwartet bei den Endkundenpreisen für TV, Festnetz und Internet einen harten Wettbewerb mit dem Breitband-Marktführer Deutsche Telekom, der über die Telefonleitungen ins Wohnzimmer kommt. Zudem erhält auch Telefónica mit dem Zugang zum Vodafone-Kabelnetz erstmals die Chance, bundesweite Angebots-Pakete zu schnüren.
Telekom erwägt rechtliche Schritte
Die Telekom erhält nun einen noch stärkeren Konkurrenten und äußerte sich entsprechend kritisch zur Freigabe aus Brüssel: „Wir sind überzeugt, dass die Auflagen nicht ausreichen, negative Auswirkungen im Bereich der Medien- und Programmvielfalt abzuwenden.“ Der Bonner Konzern kündigte an, juristische Schritte „zum Schutz des Wettbewerbs“ zu prüfen.
Die Marke Unitymedia dürfte nach Informationen dieser Zeitung verschwinden, weil der Name Vodafone bereits heute einen höheren Bekanntheitsgrad hat. Betriebsbedingte Kündigungen durch den Zusammenschluss soll es dem Vernehmen nach aber nicht geben. Unitymedia versorgt derzeit rund 13 Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen. Damit ist das Netz in etwa so groß wie das gesamte bundesweite Vodafone-Netz.
Entsprechend verdoppelt Vodafone nun die Zahl seiner Kabelkunden auf 23,7 Millionen Haushalte. Davon beziehen rund 14 Millionen Menschen Kabelfernsehen und rund zehn Millionen ihren Internetanschluss.
Weitere Auflagen für Vodafone: Die Gebühren für frei empfangbare Fernsehsender, die ihre Programme über das Kabelnetz anbieten, müssen stabil bleiben. Den TV-Sendern, aber auch den großen Streaming-Anbietern wie Netflix und Amazon Prime dürfen keine Kapazitätsengpässe entstehen. Mit die größte Sorge der EU-Kommission war die wachsende Verhandlungsmacht von Vodafone gegenüber den Fernsehsendern.
Telekom musste Kabelnetz verkaufen
Vor 19 Jahren musste die Telekom ihr TV-Kabelnetz auf Druck der EU-Kommission Stück für Stück verkaufen – an wenige größere und viele regionale Anbieter. Diesen Ausgangspunkt griff Vodafone-Chef Ametsreiter am Donnerstag auf: „Wir schaffen nach fast zwei Jahrzehnten der Trennung wieder ein vereinigtes Kabelnetz.“ Das werde helfen, „Deutschland von einem der langsamsten zu einem der schnellsten Digitalstaaten auf dem Kontinent zu machen“.